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Angst vor Gewerbelärm im Radebeuler Westen

Die Stadt Radebeul will zwischen Fabrik- und Kötitzer Straße ein eingeschränktes Gewerbegebiet schaffen. Doch Anrainer machen sich Sorgen.

Von Silvio Kuhnert
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An der Fabrikstraße existiert an der Südseite bereits ein Gewerbehof (r.). Doch auf der anderen Straßenseite steht die alte Molkerei jedoch leer. Die Stadt wünscht sich auch dort Gewerbe.
An der Fabrikstraße existiert an der Südseite bereits ein Gewerbehof (r.). Doch auf der anderen Straßenseite steht die alte Molkerei jedoch leer. Die Stadt wünscht sich auch dort Gewerbe. © Norbert Millauer

Radebeul. In Radebeul herrscht ein großer Mangel an Gewerbeflächen. Das stellte jüngst Sixten Menger, Leiter des Stadtentwicklungsamtes, im Bauausschuss fest. Warum aber Areale für die Ansiedlung oder Vergrößerung von Betrieben wichtig sind, sagte CDU-Stadträtin Katja Schröter in der Gesprächsrunde "Quatschen mit dem OB": "Geld bringt nur die Wirtschaft." Jeder wolle schön wohnen, aber keiner möchte Gewerbe.

Doch damit die Stadt in Schulen, Kitas und Straßen investieren sowie Vereine unterstützen kann, ist die Gewerbesteuer eine sehr wichtige Einnahmequelle, die Finanzmittel in das Stadtsäckel spült. Im Jahr 2013 überwiesen Radebeuler Betriebe rund 8,5 Millionen Euro auf das Stadtkonto. In diesem Jahr rechnet die Finanzverwaltung mit 15,5 Millionen Euro. Der sogenannte Hebesatz liegt seit Jahren unverändert bei 400 Prozent.

Wohnen und Gewerbe dicht nebeneinander

Damit Unternehmen sich weiter entfalten können, will die Stadtverwaltung Flächen links und rechts der Fabrikstraße im Radebeuler Westen sichern. Dafür ist ein sogenannter Bebauungsplan in Arbeit. An der Südseite des Straßenzuges gibt es bereits einen großen Gewerbehof. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegen dagegen Grundstücke brach oder Gebäude wie die alte Molkerei stehen leer.

Das Problem allerdings ist, dass im Gegensatz zu einem Bebauungsplan auf der grünen Wiese, vor Ort bereits über Jahrzehnte gewachsene Strukturen existieren. Dazu gehören unter anderem Wohnhäuser entlang der Kötitzer Straße. Die Gebäude auf der Südseite liegen im sogenannten Geltungsbereich des Bebauungsplanes. Dieser erstreckt sich zwischen Kötitzer und Fabrikstraße.

Konflikte sind also vorprogrammiert. Und Sixten Menger erwartet, dass dieser Bebauungsplan zur Prüfung vor dem Verwaltungsgericht landet. Das Ziel der Stadtverwaltung ist es, auf den Brachflächen eine Art Übergangs- oder Pufferzone zu schaffen. Der Bau von Wohnhäusern soll dort untersagt werden. Dagegen wünscht man sich im Rathaus, dass sich sogenanntes nicht wesentlich störendes Gewerbe ansiedelt. Das heißt Firmen, die keinen Krach machen. Dennoch melden nach einer öffentlichen Auslegung Anlieger Bedenken und Widerspruch an.

Mehr Verkehr?

Obwohl die Stadt auf dem rund 14.000 Quadratmeter großen Areal ein eingeschränktes Gewerbegebiet plant, wird der Lautlosigkeit nicht getraut. So vermutet ein Anrainer, dass durch Gewerbeansiedlung der Verkehr auf der Kötitzer Straße zunimmt. "Die Kötitzer Straße weist bereits heute eine hohe Verkehrslärmbelastung auf", schreibt er an die Verwaltung und merkt an, dass eine weitere Zunahme des Straßenlärms in diesem Wohngebiet nicht wünschenswert sei. Er regt an, dass Tempo auf 30 Kilometer je Stunde zu begrenzen und Schallschutzmaßnahmen an den Wohnhäusern vornehmen zu lassen.

Dem hält die Verwaltung entgegen, dass an der Kötitzer Straße nur eine Baulücke bestehe. Sie rechnet nicht mit einem Anstieg der Pkw und Lkw auf diesem Straßenzug. Eine Zunahme sei daher nur auf der Fabrikstraße zu erwarten. Die Vorschläge wolle man im Rathaus jedoch unabhängig von dem jetzigen Verfahren prüfen. Zudem plant die Stadtverwaltung, das Gewerbe an der Fabrikstraße besser an die Cossebauder Straße anzubinden. Hierfür will sie die Engstelle beim Lößnitzbad beseitigen, damit der Verkehr künftig in Richtung Niederwarthaer Brücke oder Meißner Straße abfließen beziehungsweise von dort das Gewerbegebiet ansteuern kann.

Planentwurf liegt demnächst erneut aus

Ein Anwohner an der Fabrikstraße, dessen Wohnhaus direkt im Plangebiet liegt, traut der Aussage nicht, dass von den künftigen Gewerbebetrieben keine Geräusche ausgehen. Er schreibt, dass sein Grundstück einem "erheblichen Störpotenzial" ausgesetzt werde. Die Verwaltung teilt diese Einschätzung nicht. Ob ein Vorhaben im Hinblick auf Lärm zulässig sei, werde später in einem Zulassungsverfahren geprüft, antwortet sie.

Der Anwohner bezweifelt auch, dass im Hinblick auf die Einschränkungen hinsichtlich der Geräuschbelastung - tagsüber nur sehr geringer, nachts gar kein Lärm - eine sinnvolle Nutzung möglich sei. Sprich, es werde sich kein Betrieb dort ansiedeln. Des Weiteren argumentiert er, dass das Gebiet bereits jetzt einem Mischgebiet entspreche. "Danach können bereits nach geltendem Recht dort neben den Wohngebäuden Geschäftsgebäude, Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Gartenbaubetriebe, Tankstellen und Vergnügungsstätten genehmigt werden", schreibt er.

Die Stadt pocht dagegen auf das Ausweisen des Areals als eingeschränktes Gewerbegebiet. Mit den Einschränkungen will sie einerseits eine Entwicklung der Betriebe vor allem südlich der Fabrikstraße ermöglichen. Andererseits soll die Pufferzone mit nicht störenden Firmen ein gesundes, weitgehend störungsfreies Wohnen in den benachbarten Vierteln gewährleisten. Der Bebauungsplan liegt im Laufe des kommenden Frühjahrs erneut öffentlich aus.