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Coswig: Haushaltsdebatte um Essenszuschuss-Antrag endet überraschend

Der Coswiger Stadtrat hat sich am Mittwoch gegen den Antrag einer Fraktion entschieden. Trotzdem soll etwas für Familien mit Kindern getan werden. Nur was, ist unklar.

Von Martin Skurt
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Essenszuschuss oder Entlastung bei den Elternbeiträgen: In Coswig diskutierten die Stadträte über eine Entlastung
Essenszuschuss oder Entlastung bei den Elternbeiträgen: In Coswig diskutierten die Stadträte über eine Entlastung © Sebastian Schultz (Symbolfoto)

Coswig. Kämmerin Friederike Trommer wirkte am Mittwochabend gelassen. Sie leitete die Debatte zum Haushaltsbeschluss mit einer Bemerkung ein. Die Verteilungskämpfe werden härter, aber das sei bei der schwierigen Haushaltslage normal. Konkret geht es um einen Antrag der Fraktion Bündnis für ein nachhaltiges Coswig (BnC), der kurzzeitig für Unruhe im Vorfeld des Stadtrats sorgte. Dieser wurde aber noch in der Sitzung zurückgezogen. Worum ging es eigentlich?

Die BnC-Fraktion hat in einem ersten Antrag Ende Februar vorgeschlagen, ab September 2024 allen 600 Kindern im Kindergarten einen 50-prozentigen Essenszuschuss zu gewähren. Damit möchte die Fraktion Familien mit Kindern entlasten, da sie durch die gestiegenen Energiepreise und die Inflation besonders belastet sind. Zudem sei das ein guter Anreiz für Familien, nach Coswig zu ziehen, heißt es in der Antragsbegründung. "Ein gutes soziales Klima, das durch diesen Zuschuss befördert würde, kann die Entscheidung junger Eltern durchaus beeinflussen." Die Kosten würden pro Jahr nur 264.000 Euro betragen und seien aus dem liquiden Bestand der Stadt und aus Haushaltsresten finanzierbar.

Kämmerin: Finanzierungsplan des Zuschusses unzureichend

Dieser Antrag hat im Verwaltungsausschuss der Stadt jedoch keine Mehrheit gefunden. Friederike Trommer erklärt im Gespräch mit Sächsische.de die wesentlichen Punkte, die dagegen gesprochen haben. Denn ihr und der gesamten Verwaltung erscheint es unschlüssig, warum nicht auch die Krippenkinder unterstützt werden. "Denn durch die höheren Elternbeiträge sind sie stärker als die Kitakinder belastet", sagt die Kämmerin. Es fehle dafür eine Begründung im Antrag, warum diese nicht unterstützt werden sollen.

Zudem sei ihr auch die 50-prozentige Entlastung zu schwammig formuliert. Nach ihrer Rechnung kommt sie auf einen Durchschnittspreis von 5,16 Euro pro Tag. Laut den Kita-Trägern der Stadt sind die Kinder durchschnittlich an 236 Tagen im Jahr in den Einrichtungen. Bei einem 50-prozentigen Zuschuss pro Tag kommt sie allein im Jahr 2025 auf eine halbe Million Euro, wenn die Stadt allen Kindern die Hälfte des Essenspreises bezahlt. Von September 2024 bis Ende 2028 ergibt sich eine Summe von 2,2 Millionen Euro. Selbst bei den im Antrag vorgeschlagenen 600 Kindern wären es noch etwa 380.000 Euro für 2025 und bis 2028 insgesamt 1,7 Millionen Euro.

Das wäre alles kein Problem, wenn die Deckung gesichert wäre. Die ist aus Sicht der Kämmerin aber unzureichend und auf wackeligen Säulen gebaut. Im Antrag formuliert die BnC-Fraktion, dass sie die Zuschüsse "aus dem jährlichen Haushaltsrest" sowie aus "der vorhandenen Liquidität" finanzieren möchte. Das sei jedoch nicht zulässig, da ein Rest im Haushalt erst am Ende des abgelaufenen Jahres entstehe.

Eine Finanzierung aus der Liquidität sei zwar prinzipiell möglich, führe jedoch zu einem Risiko für den städtischen Haushalt. Zudem gehe aus dem Antrag nicht hervor, ob nur Coswiger Kinder oder alle Kinder in Coswiger Einrichtungen die Zuschüsse erhalten. Darüber hinaus wäre es ihrer Ansicht nach sinnvoll, das Gesetz zur Kindergrundsicherung des Bundes abzuwarten, das am 1. Januar 2025 in Kraft treten soll.

Oberbürgermeister befriedet die Debatte

Nachdem der Antrag aus Verwaltungssicht ungenügend gewesen ist, stellte die BnC-Fraktion einen weiteren Antrag, der nun nur noch die Kinder im Vorschuljahr berücksichtigt. Diesmal sollten die hälftigen Betreuungskosten für neun Stunden von 84 Euro pro Kind und Monat erstattet werden. Bei etwa 150 Vorschulkindern ergeben sich so jährliche Kosten von etwa 150.000 Euro. "Die Deckung dieses Zuschusses ist aus der vorhandenen Liquidität möglich, wobei noch ausreichende Reserven verbleiben", heißt es im aktualisierten Antrag vom Dienstag, den die Fraktion an den Oberbürgermeister und alle anderen Stadtratsfraktionen weiterleitete. Daraufhin gab es erneute Vorschläge. Die AfD-Fraktion formulierte einen eigenen Antrag über 100.000 Euro, um Kindergartenbeiträge zu bezuschussen.

Das BnC zog aber seinen Antrag in der Stadtratssitzung am Mittwochabend zurück: Denn Oberbürgermeister Thomas Schubert (parteilos) brachte einen eigenen Ersetzungsantrag ein. Dieser verspricht Mittel von 50.000 Euro in diesem Jahr und 200.000 Euro im Jahr 2025 für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, vorerst begrenzt auf den aktuellen Haushalt. So könne der neu gewählte Stadtrat in diesem Jahr entscheiden, ob er die Unterstützung fortführen möchte.

Als Möglichkeiten nannte der OB unter anderem eine Elternbeitragsabsenkung oder Essensgeldzuschuss. Nun prüft die Stadtverwaltung, was mit diesen Mitteln umsetzbar wäre und legt noch vor der Sommerpause einen Beschlussvorschlag vor. Aus Sicht von Bernhard Mossner, der Ende Februar den Antrag einreichte, ist der Fraktionsvorstoß gelungen. Im Stadtrat dankt er der Verwaltung.

Thomas Schubert begründet wiederum seinen Antrag damit, dass es alle Stadträte eint, etwas für Familien zu tun. Er habe deshalb kurz vor der Sitzung einen eigenen Antrag eingereicht, der einen unangreifbaren Deckungsvorschlag enthält. "Der Gedanke ist frisch, das Papier ist noch warm", scherzt er in der Sitzung. Er wolle damit die Diskussion im Stadtrat befrieden. Das ist ihm am Ende auch gelungen, da sein Ersetzungsantrag einstimmig angenommen wurde. "Damit habe ich heute nicht gerechnet", gibt er sichtlich erleichtert und fröhlich zu.