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Radebeuler Igelhilfe hat ein neues Domizil

Der Igelstation in Radebeul drohte das Aus, weil der Mietvertrag zum Ende dieses Jahres auslief. Doch 2023 nimmt für die ehrenamtlichen Helfer ein gutes Ende.

Von Silvio Kuhnert
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Warm haben es nicht nur die Igel in der neuen Station. Auch ihre Helfer können jetzt in beheizten Räumen arbeiten. Die erste Vorsitzende der Igelhilfe Radebeul, Karina Görner, versorgt derzeit auf der Krankenstation Igeldame Katharina.
Warm haben es nicht nur die Igel in der neuen Station. Auch ihre Helfer können jetzt in beheizten Räumen arbeiten. Die erste Vorsitzende der Igelhilfe Radebeul, Karina Görner, versorgt derzeit auf der Krankenstation Igeldame Katharina. © Norbert Millauer

Radebeul. Igelhelfer in Not: Borstel benötigt eine neue Station - so lautete eine Überschrift im Sommer dieses Jahres. Die Radebeuler Igelhilfe war auf der Suche nach einem neuen Domizil. Seit der Gründung des Vereins im Jahr 2016 befand sich die Station auf einem Gartengrundstück im Oberland an der Stadtgrenze zu Friedewald. Doch der Nutzungsvertrag lief zum Ende dieses Jahres aus. Es gab keine Option einer Verlängerung.

Die Suche nach einem neuen Grundstück war erfolgreich. Vor Weihnachten konnten die 20 aktiven Mitglieder ihre neuen Räume in der Meißner Straße 48 beziehen. Die neue Igelstation befindet sich im Obergeschoss des Nebengebäudes. Nachbar ist das Ferrari-Autohaus. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist ein Lidl-Supermarkt.

Der Vereinsvorsitzenden Karina Görner ist die Erleichterung anzusehen. "Hier gibt es keinen Schimmel in den Ecken", sagt sie über das neue Quartier. Allein schon wegen der Zufahrt sei der Umzug es wert gewesen. Zum alten Standort in der Gartensiedlung in Lindenau führte ein mit tiefen Schlaglöchern übersäter Feldweg. Jetzt ist alles eben und zentral sowie gut erreichbar gelegen. Die Straßenbahnhaltestelle Forststraße befindet sich in der Nähe.

Zimmer im Haus sowie Garage und Carport

Die Igelstation besteht aus einem Behandlungsraum, einer Krankenstation mit 24 Boxen sowie weiteren Behältnissen, in denen Borstentiere schlummern. "Aktuell haben wir 35 Tiere hier", informiert Görner. Auf dem Korridor direkt gegenüber ist die Küche mit Spül- und Waschmaschine. Im Gegensatz zu vorher gibt es nun sehr kurze Wege. Am Steinbergweg oben in Lindenau bestand die Station aus einem ungeheizten Bungalow. Küche und Lager waren getrennt und auf andere Gebäude verteilt. Zum neuen Domizil gehören noch eine Garage sowie ein Carport, wo sich die Winterschlafplätze befinden.

Das Außengelände ist groß. Auf diesem stehen zahlreiche große Bäume. Im Frühjahr bauen die Vereinsmitglieder unter deren Laubkronen ein Freigehege. Am alten Standort ist nur das Gehege für blinde und behinderte Igel geblieben, die allein und ohne Hilfe in freier Natur nicht überleben würden.

Mehrere Grundstücke angeschaut

Insgesamt 1.251 Igel haben die Helfer in diesem Jahr bislang versorgt. 2022 waren es 1.056. Nachdem sie aufgepäppelt wurden, kommen sie zurück in die Freiheit. Auch die Wintergäste werden im Frühjahr wieder ausgesetzt. In der Station engagieren sich vom 16 Jahre alten Teenager bis zur rüstigen Rentnerin alle Alters- und Berufsgruppen, vorwiegend jedoch Frauen. 2021 haben sie rund 1.700 Igel versorgt. Das ist der bisherige Rekord in der noch jungen Vereinsgeschichte. Die Vereinsmitglieder und aktiven Helfer stammen alle aus Radebeul und der näheren Umgebung oder wohnen im Dresdner Norden und Westen. Ihre Station muss für sie schnell und ohne weite Wege erreichbar sein.

Die Igelhilfe hat mit Plakaten, Flyern sowie Aufrufen im Internet auf ihre Misere im Laufe dieses Jahres wiederholt aufmerksam gemacht. Es trafen laut Görner auch viele Angebote ein. Mehrere Grundstücke haben die Igelhelfer angeschaut. Doch nicht alle waren geeignet. Entweder waren sie zu entlegen. Oder es gab keinen Wasseranschluss, beziehungsweise dieser wurde in der kalten Jahreszeit abgestellt. Doch bei einer Station, die 365 Tage im Jahr in Betrieb ist, müssen Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüsse durchgängig zur Verfügung stehen.

Umzug ging schnell

Der Favorit des Vereins war ein alleinstehendes Haus an der Jägerhofstraße in Radebeul. Doch ein Umzug dorthin hat sich zerschlagen. In den letzten Wochen dieses Jahres ging es dann ganz schnell. Mit der Linde AG, die einst in dem Bürogebäude ansässig war, wurde ein Mietvertrag geschlossen. Mitte Dezember rollten dann die Umzugswagen. "Es war auf dem letzten Drücker", sagt Görner. Besonders die Stallboxen der Krankenstation hatten ein ganz schön schweres Gewicht. Viele Helfer packten mit an.

Die Radebeuler Igelstation hat sich zur größten im Freistaat Sachsen entwickelt. Mit dem neuen Domizil konnte ein Szenario abgewendet werden. Denn wenn der Verein kein neues Grundstück gefunden hätte, wären Privatleute, die einen angefahrenen Igel entdecken oder einen durch Nahrungs- und Wassermangel geschwächten Borstel finden, ohne Anlaufpunkt gewesen. Eine große Lebens- und Verletzungsgefahr stellen Mähroboter dar.

Die Igeltaxis holen verletzte Tiere ab und bringen sie nach Radebeul. Die Fahrer sind nicht nur rund um Dresden im Einsatz. Sie fahren auch bis Riesa, Oschatz oder Döbeln. Der Verein finanziert seine Arbeit durch Spenden. Zuschüsse bekommen die Ehrenamtler von der Bürgerstiftung Sachsen und der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Meißen.