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Unternehmen aus dem Landkreis Meißen ziehen kritisches Fazit zur Grünen Woche

Nudeln, Fleisch und Wein aus dem Elbland präsentierten die Erzeuger kürzlich in Berlin. In der Woche danach ist mancher von ihnen enttäuscht.

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Die Teigwaren Riesa sind seit zehn Jahren auf der Grünen Woche. Von den mitgenommenen Produkten habe man diesmal aber nicht alles verkauft, heißt es.
Die Teigwaren Riesa sind seit zehn Jahren auf der Grünen Woche. Von den mitgenommenen Produkten habe man diesmal aber nicht alles verkauft, heißt es. © Messe Berlin GmbH

Von Sebastian Münster

Landkreis Meißen. Preissteigerungen allerorts und sinkende Reallöhne machen sich offenbar auch auf der Grünen Woche bemerkbar. Davon berichten teilnehmende Unternehmen aus dem Landkreis Meißen. Sinkende Besucherzahlen und schwindende Kaufkraft sorgen für eine eher enttäuschte Stimmung.

"Wir mussten beim Endverbraucher deutlich mehr Überzeugungsarbeit leisten als sonst", sagt Susanne Ruthe, Marketingleiterin der Bienenwirtschaft Meißen. Für den Honigabfüller sei die Grüne Woche vor allem eine Möglichkeit, mit den Endverbrauchern in Kontakt zu kommen. Das Gespräch vor Ort und das Feedback der Kunden sei "wie eine kleine Marktforschung", bei der die Marketingexpertin ein deutlich breiteres Publikum erreiche als beispielsweise in Umfragen. Eindeutiges Fazit aus diesem Jahr: "Die Leute sind preissensibel und das Geld sitzt nicht mehr ganz so locker." Themen wie Bio-Zertifizierungen oder nachhaltiges Verpackungsmaterial seien dadurch etwas in den Hintergrund gerückt.

Ähnlich sieht das Anna-Lena Riesing, Markenmanagerin bei Teigwaren Riesa. Für den größten Lebensmittelproduzenten im Landkreis Meißen ist die Grüne Woche seit zehn Jahren ein fester Termin im Kalender. "Von den mitgenommenen Produkten haben wir in diesem Jahr aber längst nicht alles verkauft." Das habe auch am geringeren Besucheraufkommen gelegen, so Riesing. Der Veranstalter hat in diesem Jahr rund 275.000 Gäste gezählt - knapp 25.000 weniger als im Vorjahr. Wohl auch wegen des Bahnstreiks unmittelbar in der Messewoche. "Es geht bei uns darum, neue Kunden zu gewinnen und Präsenz zu zeigen", so Riesing.

"Es waren einfach zu wenige Leute da"

Neben Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, wo die Produkte des Unternehmens am häufigsten in den Regalen stehen, will sich Teigwaren Riesa auch in den Supermärkten Brandenburgs und Berlins stärker etablieren. Doch auch das Fachpublikum - etwa aus den Filialleitungen großer Supermarktketten - sei unter den Messebesuchern weniger vertreten gewesen. Das Format einer Messe an sich sei auch heutzutage noch lohnenswert. "Nirgendwo sonst kommen wir unseren Kunden so nahe. Aber es waren einfach zu wenige Leute da."

Den Erfolg einer solchen Veranstaltung zu messen, sei schwierig, sagt Jörg Hahn. Der Geschäftsführer des Weinguts Hoflößnitz in Radebeul hat in Berlin in diesem Jahr nicht nur sein eigenes Unternehmen vertreten, sondern auch den gesamten Weinbauverband Sachsen. Sein bio-zertifizierter Wein, den neben dem Gut Hoflößnitz bislang kein anderer Weinbauer in Ostdeutschland anbietet, sei beim Weinpublikum von großem Interesse gewesen.

Das Weingut Hoflößnitz vertrat in Berlin gleich den gesamten Weinbauverband Sachsen. Geschäftsführer Jörg Hahn zog ein positives Fazit.
Das Weingut Hoflößnitz vertrat in Berlin gleich den gesamten Weinbauverband Sachsen. Geschäftsführer Jörg Hahn zog ein positives Fazit. © Weingut Hoflößnitz

Der Absatz vor Ort sei für ihn zweitrangig. "Das ist eine Marketingaktion für den Endverbraucher", so Hahn. Und Kundenbindung sei ihm wichtig: Den Großteil seines Weins - rund 60 Prozent - verkauft das Gut Hoflößnitz vor Ort in der Vinothek oder im eigenen Online-Shop. Hahns Fazit fällt positiv aus. Die Grüne Woche habe sich im zweiten Jahr ihres Wiederstattfindens nach Corona gut entwickelt.

Zum ersten Mal mit eigenem Stand vertreten war in diesem Jahr Torsten Hertzsch mit dem Hof Hirschstein. Und das, obwohl er bei der Grünen Woche nicht wirklich erwartet hat, neue Kundschaft zu gewinnen. Für den Landwirt gehe es nach eigenem Bekunden eher darum, in der Halle der sächsischen Aussteller vertreten zu sein und Flagge zu zeigen für eine Alternative zur Massentierhaltung. Hertzsch setzt auf natürliche Haltung, viel Platz, Auslauf im Freien, die Haltung im Stroh und volle Transparenz. Das mache viel Arbeit.

Fachmessen sind relevanter

Mit rund 120 Tieren hält er nur einen Bruchteil der Menge an Schweinen, die in Großbetrieben üblich sind. Deutlich arbeitsintensiver ist seine Methode, entsprechend teuer ist sein Fleisch, das als besondere Spezialität in sechs Fleischereien in Dresden, den Kreisen Meißen und Nordsachsen sowie in der Gastronomie angeboten wird. "Wenn man schon eine Sachsenhalle hat, dann soll man schon sehen, dass es diese Art der Haltung auch in Sachsen gibt", sagt Hertzsch.

Wirtschaftlich relevanter als die Grüne Woche seien für ihn eher Fachmessen, wie etwa die "Iss gut!", die jährlich im November in Leipzig stattfindet und auf der mehr Fachpublikum aus Gastronomie, Hotellerie und dem Fleischerhandwerk vertreten sei. Hertzsch vermisse außerdem die Innovation auf der Grünen Woche. "Grundsätzlich liebe ich es, zu Messen zu gehen. Weil man da Neues entdecken kann. Bei der Grünen Woche gibt es das nicht. Da ist nichts neu."

Im Gegensatz zu früheren Jahren ist die Landfleischerei Schempp aus Tauscha gar nicht mehr in Berlin vertreten. Zu lokal sei das Publikum der Grünen Woche, sagt Christoph Schempp: "Dort trifft man nur wenige Leute aus dem Bereich der Großabnehmer. Das sind schon vor allem Endverbraucher aus der Region Berlin." Die seien für die Tauschaer Fleischerei mit sieben Filialen nicht interessant.

Das könne sich aber ändern. Für Schempps Grillkurse reisen Teilnehmer zum Teil aus 300 Kilometern Entfernung an. Immer wieder komme die Frage auf, ob man die Waren der Landfleischerei auch bestellen könne. Deshalb plant Schempp derzeit einen Online-Shop, der das Einzugsgebiet womöglich deutlich erweitern wird.