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Was Einwohner im Landkreis Meißen vom 49-Euro-Ticket halten

Vor allem Pendler entlang der Zugstrecken profitieren vom vergünstigten Abo durch das 49-Euro-Ticket. Kritik kommt vor allem aus dem ländlichen Raum.

Von Stefan Lehmann
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Das 49-Euro-Ticket verschafft vielen Pendlern finanzielle Entlastung. Es gibt aber auch Kritikpunkte, wie eine Umfrage zeigt.
Das 49-Euro-Ticket verschafft vielen Pendlern finanzielle Entlastung. Es gibt aber auch Kritikpunkte, wie eine Umfrage zeigt. © Sebastian Schultz

Landkreis Meißen. Für die rund 30.000 Pendler zwischen Dresden und dem Landkreis Meißen war es eine gute Nachricht: Der Preis des deutschlandweiten Nahverkehrstickets bleibt bei 49 Euro. Bis kurz vorm Jahreswechsel war die Finanzierung unklar gewesen. Die Einigung begrüßte selbst der ADAC. Man hoffe, "dass auch in den kommenden Jahren große Preissteigerungen vermieden werden, damit Mobilität für alle bezahlbar bleibt", zitierte der Automobilclub seinen Präsidenten Gerhard Hillebrand.

Was das konkret für die Menschen im Landkreis Meißen heißt, die etwa von Riesa nach Dresden zur Arbeit pendeln, rechnet ein freiberuflicher Pendler vor: Ohne Ermäßigung kostet eine Monatskarte im VVO-Gebiet am Automaten derzeit 218 Euro. Auf 20 Arbeitstage im Monat gerechnet, koste ihn das 49-Euro-Ticket 2,45 Euro am Tag. Die Monatskarte sei mit 10,90 Euro am Tag sogar noch geringfügig teurer als das Auto. "Ohne Deutschlandticket würde ich wieder jeden Tag mit dem Auto fahren", sagt der Pendler.

Er ist damit nicht alleine. Das zeigen die Umfrageergebnisse aus dem Mobilitätskompass von 2023. Im Landkreis Meißen war das wichtigste Argument, das Ticket zu kaufen, sein Preis. Mancher Teilnehmer würde sich dabei gar einen noch geringeren Preis wünschen. Positive Reaktionen kamen etwa aus dem Radebeuler Raum. Ein Umfrageteilnehmer erzählte etwa vom neuen Job, mit dem er oder sie bald deutschlandweit unterwegs sein werde. Das Ticket vereinfache die Reise erheblich.

© SZ Grafik / Gernot Grundwald

Die deutschlandweite Gültigkeit des Tickets war für die Befragten im Landkreis ebenfalls wichtig. "Der größte Vorteil des Tickets ist für mich nicht der Preis, sondern die Vereinfachung der Tarife", schreibt etwa jemand aus Coswig - und fasst den Vorteil in zwei Worten zusammen: "Einsteigen - fertig." Diesen Vorteil hatte beispielsweise auch die Leiterin der Riesa-Information in den vergangenen beiden Jahren betont. Riesa liegt kurz vor der Grenze zur nächsten Tarifzone, der nächste Halt des Regionalexpresses Richtung Leipzig liegt schon im Mitteldeutschen Verkehrsverbund. Seit einiger Zeit gilt dort ein Übergangstarif. Aber günstiger aus Kundensicht wäre eben eine Tarifzone für alles.

Kritik an überfüllten Zügen - und dem Abo-Zwang

Wie gut das 9-Euro-Ticket und sein 40 Euro teurerer Nachfolger ankamen, das spürte auch der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO). Allein in den ersten zwei Wochen nach Einführung hatten 90.000 Menschen das 49-Euro-Ticket bestellt. Und die Fahrgastzahlen gingen, ähnlich wie zuvor mit dem 9-Euro-Ticket, in die Höhe.

Vor allem die Züge im Pendelverkehr sind merklich voller geworden. In der Mobilitätsumfrage von Sächsische.de schreibt etwa ein Kunde aus Coswig, die Züge seien überfüllt. "Gerade das wird bei mir ein Thema sein, weshalb ich das Deutschlandticket nach der Urlaubszeit wieder kündige." Ein Leser aus Meißen schreibt, die Kapazitäten in Regionalzügen seien "nicht erst seit Einführung des 49-Euro-Tickets katastrophal knapp" - und nennt neben der Strecke Leipzig-Dresden auch den RB110 von Leipzig nach Döbeln. Eine Person aus Priestewitz würde sich insbesondere um Wochenenden und Feiertage herum mehr Triebwagen oder längere Züge wünschen. "Zusammengequetscht mit Hunderten Leuten und keine Sitzplätze bei Temperaturen über 30 Grad: Da macht keine Zugfahrt Spaß."

Für Kritik sorgt auch der Abo-Zwang. Von den rund 1.000 Teilnehmern der Umfrage für den Landkreis würde sich beinahe die Hälfte mehr Flexibilität wünschen. Ein Angebot für Wenigfahrer fehle, schreibt jemand aus Großenhain. Und ein Teilnehmer aus Käbschütztal schreibt, er empfinde es als Frechheit, dass das Ticket nicht storniert werden kann. "Unsere Tochter hatte für sich und ihren Bruder für eine Urlaubsreise jeweils ein Ticket gebucht und übersehen, dass es sich im Gegensatz zum 9-Euro-Ticket um ein Abo handelt." Erst, als im Folgemonat noch einmal Geld abgebucht worden sei, habe sie den Irrtum bemerkt.

"Das nützt nur den Städtern"

Für den größten Frust in der Region sorgt aber, dass nicht jeder gleichermaßen vom 49-Euro-Ticket profitieren kann. Denn wie groß der Nutzen ist, steht und fällt mit der Frage, wie gut das ÖPNV-Netz vor Ort ist. Und da sehen die Befragten großen Nachholbedarf.

Das spiegelt sich auch in den Kommentaren wider. "Was soll ich mit dem 49-Euro-Ticket, wenn ich erst kilometerweit zum Zug fahren muss, und das nur mit dem Auto möglich ist?", schreibt jemand aus Großenhain. Ähnliche Reaktionen gibt es aus vielen Gemeinden im Landkreis, selbst aus vermeintlich gut angeschlossenen Städten wie Riesa. Eine Reaktion aus dem Radebeuler Umland bringt das Gefühl überspitzt auf den Punkt: "Das nützt nur Städtern, und das ist ungerecht." Ein Befragter aus Thiendorf fragt aus diesem Grund: "Warum gibt es kein 49-Euro-Tankticket fürs Land?"