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Lambrecht: Werden in Nato über Putins indirekte Atomdrohung sprechen

Kremlchef Putin ordnet die Alarmbereitschaft für die Abschreckungswaffen der Atommacht an. Das löst weltweit Empörung und Entsetzen aus. Nun äußert sich Deutschlands Verteidigungsministerin.

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Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich besorgt über die indirekte Drohung von Russlands Präsident Wladimir Putin mit Nuklearwaffen geäußert.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich besorgt über die indirekte Drohung von Russlands Präsident Wladimir Putin mit Nuklearwaffen geäußert. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Moskau/Kiew. In einem beispiellosen Schritt hat der russische Präsident Wladimir Putin während des Krieges in der Ukraine angewiesen, die Abschreckungswaffen der Atommacht in besondere Alarmbereitschaft versetzen zu lassen. Putin nannte als Grund die historisch scharfen Sanktionen der Nato-Staaten gegen Russland. Er sprach in einem vom Kreml am Sonntag verbreiteten Video von Abschreckungswaffen, aber nicht explizit von Atomwaffen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nannte den Befehl "unverantwortlich".

Putin kritisierte die Nato scharf. "Die Spitzenpersönlichkeiten der führenden Nato-Staaten lassen aggressive Äußerungen gegen unser Land zu", sagte der Kremlchef. "Deshalb befehle ich dem Verteidigungsminister und dem Chef des Generalstabs, die Streitkräfte der Abschreckung der russischen Armee in ein besonderes Regime der Alarmbereitschaft zu versetzen."

Der russische Präsident sagte außerdem: "Sie sehen, dass die westlichen Länder nicht nur unfreundliche Handlungen gegen unser Land unternehmen. Im wirtschaftlichen Bereich - ich meine die illegitimen Sanktionen, über die alle gut Bescheid wissen."

Putin bediene sich "gefährlicher Rhetorik", kritisierte Nato-Generalsekretär Stoltenberg im Gespräch mit dem TV-Sender CNN. "Das ist ein Verhalten, das unverantwortlich ist." Die Ankündigung unterstreiche den Ernst der gegenwärtigen Situation. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, verurteilte die Entscheidung "auf das Schärfste".

Lambrecht: Werden in Nato über Putins indirekte Atomdrohung sprechen

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) äußerte sich besorgt über die indirekte Drohung von Russlands Präsident Wladimir Putin mit Nuklearwaffen. "Es muss sehr ernst genommen werden und vor allen Dingen auch von unserer Aufklärung beobachtet", sagte Lambrecht am Montag im Deutschlandfunk. "Es muss aber auch in den Kontext gestellt werden, dass er mit seiner Offensive, mit seinem Krieg nicht so schnell vorangekommen ist, wie er sich das wahrscheinlich vorgestellt hat."

Lambrecht sagte: "Er hatte es sich schneller vorgestellt und muss jetzt handeln und deswegen diese Gebärden. Aber nichtsdestotrotz: Wir haben erlebt, wie unberechenbar Putin ist, und deswegen müssen wir jetzt sehr wachsam sein." Lambrecht kündigt an: "Wir werden auch in der Nato darüber sprechen müssen."

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri teilte nach Putins Rede mit, es rechne nicht damit, dass der Ukraine-Krieg zum Einsatz von nuklearen Waffen führen wird. "Ich glaube nicht, dass ein Atomkrieg eine wahrscheinliche Folge dieser Krise ist", sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien. "Wenn Atomwaffen existieren, dann gibt es aber leider natürlich immer diese kleine Möglichkeit. Und das wäre katastrophal." Geschichtlich betrachtet habe es seit dem Koreakrieg Anfang der 1950er Jahre keine gefährlichere Situation gegeben, sagte Smith.

Christine Lambrecht teilte mit, dass die Waffenlieferung aus Deutschland an die Ukraine auf dem Weg sei. "Die Waffen sind auf dem Weg, und da geht es nicht um Tage, da geht es um Stunden." Trotz des Kriegs gebe es Möglichkeiten zum Transport. Einzelheiten wolle sie nicht nennen, um den Transport nicht zu gefährden. Am Samstag hatte die Regierung angekündigt, die ukrainischen Streitkräfte mit 1.000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ "Stinger" unterstützen zu wollen.

Russland, St. Petersburg: Die Polizei nimmt eine Demonstrantin während einer Aktion gegen Russlands Invasion in die Ukraine fest. Trotz Massenverhaftungen gingen die Menschen in Moskau, St. Petersburg und anderen russischen Städten den dritten Tag in Folg
Russland, St. Petersburg: Die Polizei nimmt eine Demonstrantin während einer Aktion gegen Russlands Invasion in die Ukraine fest. Trotz Massenverhaftungen gingen die Menschen in Moskau, St. Petersburg und anderen russischen Städten den dritten Tag in Folg © Dmitri Lovetsky/AP/dpa

Ukraine stimmt Friedensverhandlungen mit Russland zu

Die Ukraine stimmte unterdessen Friedensverhandlungen mit Russland zu. Für die Gespräche an der ukrainisch-belarussischen Grenze seien Kiew keine Bedingungen gestellt worden, teilte das ukrainische Präsidialamt mit.

Lambrecht bewertete die Friedensgespräche als gutes Zeichen. Es gelte aber, "sich nicht einlullen zu lassen von einem Menschen, der uns alle belogen hat", sagte sie mit Blick auf Putin.

Grundsätzlich sei auch mit dem geplanten Schritt Deutschlands hin zu deutlich höheren Rüstungsausgaben in Zukunft nicht ausgeschlossen. "Wir wollen ja alle nicht in einer Welt leben, die hochgerüstet ist und die sich gegenseitig bedroht." Aber Verträge zur Abrüstung könnten nur mit Politikern geschlossen werden, denen man vertrauen könne. (dpa)