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"Oktoberfestzelt" schützt Baustelle an der A14 bei Grimma

Die Bauarbeiten an der Muldentalbrücke auf der A14 gehen voran. Aktuell fallen vor allem zwei große Konstruktionen neben der Autobahn auf.

Von Lea Heilmann
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In wenigen Wochen können die Arbeiten in der Halle aufgenommen werden. Davor prangt schon der „Vorbauschnabel“, der das Schieben der Stahlträger vereinfachen soll.
In wenigen Wochen können die Arbeiten in der Halle aufgenommen werden. Davor prangt schon der „Vorbauschnabel“, der das Schieben der Stahlträger vereinfachen soll. © Lutz Weidler

Grimma. Der durchgehende Verkehrslärm entwickelt sich schnell zum Hintergrundgeräusch. Auch der dumpfe, metallische Ton, der alle paar Sekunden zu hören ist, reiht sich mit ein.

Tausende von Autos und Lkws fahren täglich über die Muldentalbrücke auf der A14 Richtung Dresden oder Leipzig. Seit fast einem Jahr herrscht dort Baubetrieb. Während auf Höhe der Autobahn lange Zeit nicht so viel davon zu sehen war, außer ein paar Baugeräten, ist unter der Brücke schon einiges passiert. Dort wird der Autolärm von dem umherfahrender Baggern abgelöst. Drei Brückenpfeiler wurden neu gebaut und stehen nur wenige Meter entfernt von den alten. Etwa 20 Meter hoch sind sie. Von dort ist die Baustelle gut zu überblicken, die Handvoll Bauarbeiter sehen aus wie Playmobil-Figuren.

Drei neue Brückenpfeiler stehen schon, insgesamt werden es vier Pfeilerpaare sein.
Drei neue Brückenpfeiler stehen schon, insgesamt werden es vier Pfeilerpaare sein. © Lutz Weidler

Seit ein paar Wochen ist der Fortschritt aber auch für Vorbeifahrende nicht zu übersehen. Streben wurden Stück für Stück aneinander gebaut, bis das Gerüst einer großen Halle da stand. „Das ist aber keine Halle für ein Oktoberfest“, sagt Bernd Urbank, Projektleiter der Projektmanagementgesellschaft Deges, scherzend. Weit hergeholt ist der Vergleich nicht. Tatsächlich sieht der Rohbau aus wie ein großes Festzelt. Dort wird aber nicht gefeiert, sondern gearbeitet werden, vor allem Schweiß- und Korrosionsschutzarbeiten sind dort geplant.

Vor Ort wie im Werk arbeiten

Zu dem Gerüst sind längst schon ein Dach und Metallwände dazugekommen, ein paar Stellen sind noch offen. In der Halle stehend, lässt es sich schnell vergessen, dass direkt daneben die Autobahn vorbeiführt. In der Halle sollen möglichst Werksbedingungen geschaffen werden. Sie bietet Schutz vor Regen und Sonne und niedrigen Temperaturen.

Der Brückenneubau erfolgt in verschiedenen Schritten. Auf der Seite, wo die neuen Brückenpfeiler emporragen, entsteht eine „provisorische Seitenlage“, erklärt Urbank. Einfach erklärt, wird eine neue Überfahrt gebaut, damit die Autos von der alten Brücke umgeleitet, diese abgerissen und neu gebaut werden kann.

Hartmut Schurig (links) und Bernd Urbank von der Deges begleiten das Projekt.
Hartmut Schurig (links) und Bernd Urbank von der Deges begleiten das Projekt. © Lutz Weidler

Genau für die provisorische Brücke wird die Schutzhalle benötigt. Denn vor Ort werden Stahlträger, die von der Firma Zwickauer Sonderstahlbau gefertigt werden, ausgerichtet und zusammengeschweißt. Insgesamt 6.000 Tonnen werden bis 2027 verbaut werden, sagt Urbank. In der Halle können die Arbeiten unabhängig vom Wetter stattfinden.

Die Stahlteile bilden quasi den Unterbau für die Fahrbahn. „Die fertigen Stahlteile werden abschnittsweise vorgeschoben, damit der nächste angebaut werden kann“, erklärt der Projektleiter die Prozedur. Das wird so lange fortgesetzt, bis der Stahlüberbau auf der anderen Seite der Mulde angekommen ist.

Bei dem Verfahren gibt es eine Besonderheit. „Wenn der Träger herausgeschoben wird, hängt er frei in der Luft, bis er irgendwann den nächsten Pfeiler erreicht hat“, sagt Urbank und führt fort: „Das ist natürlich eine enorme Last“. Um diese Lasten zu minimieren, kommt eine 40 Meter lange, knallrote Konstruktion mit ins Spiel. Im Fachjargon wird die „Vorbauschnabel“ genannt. Auch das ist gut von der Autobahn zu sehen.

Träger hängt bis zu vier Meter durch

Durch den Vorbauschnabel liegt der Stahlträger erst nach 40 Metern frei, dadurch ist der zu überbrückende Abstand bis zum nächsten Pfeiler deutlich geringer. Durch die Last biegt sich der Stahlträger aber auch durch. „Die Spitze hängt etwa drei bis vier Meter nach unten“, sagt er.

Da die Pfeiler aber alle auf der gleichen Höhe sind, könnte die Spitze nicht darauf geschoben werden. Um das zu verhindern, ist der Vorbauschnabel besonders konstruiert. Die Unterkante ist nach vorne abgerundet, sodass die Spitze schmaler wird. „Das sind genau die Meter Unterschied, die sich der Träger durchbiegt“, erklärt Urbank weiter.

Das Vorgehen nennt sich „Taktschiebeverfahren“ und sei üblich für solche Großbrücken. Die Deges geht davon aus, dass im Oktober oder November der erste Stahlabschnitt nach vorne geschoben werden kann. Das erste Teil ist bereits da und steht noch außerhalb der Halle. Mit einer schiebbaren Treppe haben sich die Bauarbeiter Zugang zu dem Inneren des Trägers verschafft, um dort die letzten Feinheiten abzuschließen.

Vor Ort werden die letzten Arbeiten an dem ersten Stahlträgerabschnitt erledigt.
Vor Ort werden die letzten Arbeiten an dem ersten Stahlträgerabschnitt erledigt. © Lutz Weidler

Das Bauvorhaben klingt ganz schön aufwendig, dafür, dass es nur eine provisorische Brücke sein soll. Der Überbau - also Stahlträger und die darauf gesetzte Fahrbahn werden nach dem Neubau aber nicht abgerissen, sondern für die neue Muldentalbrücke genutzt. Zwischen den provisorischen und endgültigen Brückenpfeilern sollen Querträger eingebaut werden. Über die wird die Konstruktion dann herübergeschoben, so kann die Fahrbahn weiter genutzt werden.

Das große Ziel ist es, dass der Neubau 2027 abgeschlossen werden soll. Bisher seien sie gut im Zeitplan. „Wir hatten vor einem Jahr den Spatenstich, jetzt sind schon drei Pfeiler fertig und die ersten Stahlteile sind auf der Baustelle. Insofern ist das ein guter Stand. Toi toi toi, wir hoffen, dass wir das weiter durchhalten“, fasst Urbank zusammen.