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Der 120.000-Euro-Einbruch von Großenhain

Die Täter kamen über das Dach in den Supermarkt und knackten einen Geldautomaten. Nun steht ein gut bekannter Dieb als Angeklagter vor Gericht.

Von Alexander Schneider
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Prozessauftakt am Landgericht Dresden: Ein Wachtmeister nimmt dem angeklagten Marko S. die Handfesseln ab. Der Mann soll hinter dem spektakulären Kaufland-Einbruch in Großenhain stecken.
Prozessauftakt am Landgericht Dresden: Ein Wachtmeister nimmt dem angeklagten Marko S. die Handfesseln ab. Der Mann soll hinter dem spektakulären Kaufland-Einbruch in Großenhain stecken. © SZ/Alexander Schneider

Ein Jahr und vier Monate nach dem spektakulären Einbruch in die Großenhainer Kaufland-Filiale hat am Dienstag vor dem Landgericht Dresden ein erster Prozess begonnen. Im September 2020 hatten Täter mehr als 120.000 Euro erbeutet – nachdem sie sich über das Dach in den Supermarkt abgeseilt hatten und dort einen Geldautomaten aufgebrochen hatten. Lange tappte die Polizei im Dunklen. Erst ein DNA-Treffer gab den Ermittlungen neuen Schwung.

Angeklagt ist ein 48-Jähriger aus der Nähe von Bitterfeld in Sachsen-Anhalt – dessen genetischer Fingerabdruck am Tatort auf einem Werkzeug sichergestellt werden konnte: Marko S., gelernter Tiefbau-Facharbeiter, lange arbeitslos, verheiratet. Seit Juni sitzt der mutmaßliche Täter in Haft – und schweigt. Laut Anklage sollen die Täter in dem „nicht überwachten Vorraum“ eine grüne Plane als Sichtschutz aufgespannt haben, hinter dem sie an jenem Sonntag, den 6. September, nach 4Uhr loswerkelten.

Unter anderem zerstörten sie eine Glasscheibe, um dahinter die Rückseite des Geldautomaten aufzuschleifen – eine 35 Millimeter starke Stahlwand. Schließlich stahlen sie aus den Bargeldkassetten 121.750 Euro und flüchteten. Es sollte Monate dauern, ehe die Polizei auf eine heiße Spur stieß.

Der Angeklagte schweigt

Auch zum Prozessauftakt machte Marko S. keine Angaben zu dem Vorwurf. Er überließ das Reden seinen beiden Verteidigern – und die schossen eine ganze Batterie an Anträgen ab. Sie kritisierten, die Akten seien angeblich nicht vollständig, und lehnten daher das Gericht als befangen ab. Hinzu komme, dass ihr Mandant zum Tatzeitpunkt auf einem Fest in Landsberg bei Halle gewesen sei und daher gar nicht am Tatort gewesen sein könne. Das Gericht wies die Anträge zurück und teilte mit, auch das angebliche Alibi in der Beweisaufnahme zu prüfen.

Laut Anklage soll S. den Bruch mit zwei bislang unbekannten Komplizen begangen haben. Doch diese Sicht teilte das Gericht und eröffnete das Verfahren ohne den strafschärfenden Bandenvorwurf. Es gebe zu wenige Hinweise auf die mutmaßlichen Mittäter, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Kubista am Dienstag.

Durch dieses Loch in der Decke haben sich die Täter im September 2020 Zutritt zum Vorraum des Kauflands verschafft. Sie hatten es auf einen Geldautomaten abgesehen.
Durch dieses Loch in der Decke haben sich die Täter im September 2020 Zutritt zum Vorraum des Kauflands verschafft. Sie hatten es auf einen Geldautomaten abgesehen. © Thomas Riemer

Schon das zeigt, dass es offenbar nicht besonders viele Beweise beziehungsweise Spuren zu der ungewöhnlichen Tat gibt. Doch entscheidend ist nicht deren Anzahl, sondern Qualität. Da wäre zum Beispiel Spur Nummer 6, ein genetischer Fingerabdruck, der auf der verbrauchten Trennscheibe eines Winkelschleifers am Tatort gesichert wurde. Im März 2021 erhielt die Kripo eine Treffer-Meldung aus der DNA-Datenbank.

Die Spur gehört zu Marko S., der wegen ähnlicher Taten einschlägig vorbestraft ist und dessen Gen-Profil daher registriert worden war. Der mutmaßliche Winkelschleifer selbst wurde mit weiterem Werkzeug wenige Tage nach der Tat von Kindern in der Röder gefunden – gleich hinter der Kaufland-Filiale. Das berichtete Ermittler Daniel M. als erster Zeuge. Nach Angaben des Hauptsachbearbeiters habe man S. vor der Verhaftung mehrere Wochen überwacht, um Hinweise auf seine Komplizen zu bekommen. Allerdings ohne Erfolg. Anfang Juni wurde S. schließlich verhaftet.

SUV in 50-Euro-Noten bezahlen

Darüber hinaus wurden allerlei verdächtige Indizien zusammengetragen, wie der Kripobeamte berichtete. So habe S., der von Grundsicherung lebte, seine von ihm getrennt lebende Frau, Inhaberin eines Tattoo-Studios, mit Geld unterstützt. Er habe sich ein SUV, einen Audi QS 7, für 30.000 Euro gekauft und bar bezahlt – in 50-Euro-Noten.

S. wurde mehrfach einschlägig verurteilt und stand laut Staatsanwaltschaft zur Tatzeit unter laufender Bewährung. Im Auto seiner Ehefrau fand man bei der Durchsuchung Anfang Juni unter anderem einen neuen Winkelschleifer, eine Plane, eine Strickleiter, Handschuhe, zwei Funkgeräte. Es soll wie ein „Einbruchs-Set“ ausgesehen haben.

Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Urteil ist Ende Januar geplant.