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Raus aus der Logik der Eskalation

Nach dem Polizei-Eklat auf einer Dresdner Demo gibt es Anschuldigungen und jede Menge Unklares. Warum wir alle erst einmal genau hinschauen sollten.

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© [M] dpa/SZ

"Schubs mich – und Du fängst dir ’ne Kugel.“ Man muss kein Sprachdeuter sein, um zu erkennen, dass dieser Satz, der am Sonntagnachmittag bei einer Demonstration in Dresden fiel, eine Drohung und zugleich unverhältnismäßig ist. Darf ein deutscher Polizist so etwas zu Demonstranten sagen? Natürlich nicht, daran kann es keinen Zweifel geben. Dresdens Polizeipräsident Jörg Kubiessa hat dies auch klar angesprochen.

Der beschuldigte Polizist, Einsatzleiter an diesem Nachmittag,  hat nach der Demonstration angegeben, er habe Beweismittel sichern wollen und sei von 25 bis 30 Vermummten bedrängt worden. Wenn das stimmt, nimmt der Polizeipräsident seinen Beamten zu Recht in Schutz. Wenn es denn stimmt. Die Videos, die von den Vorgängen im Umlauf sind, lassen eine abschließende Bewertung nicht zu. Vielleicht war es deshalb vorschnell von Kubiessa noch am Abend des Geschehens zu sagen, er sehe keinen Anlass für disziplinarrechtliche Schritte.

Die Bilder vom Sonntag deuten allerdings auf eine mindestens aufgeheizte Situation hin. Eine Minderheit von elf Polizisten stand einer Mehrheit von Demonstranten gegenüber, die ihnen zumindest in Teilen nicht wohlgesonnen war. Der Beamte sagt, er habe einen Stoß an der Brust gespürt. Es ist nicht unmenschlich, sich in einer solchen Situation mindestens bedrängt zu fühlen. Der Polizeipräsident hat nun angekündigt, den Vorfall intern auszuwerten. Das ist auch nötig, nicht nur unter taktischen Gesichtspunkten. Auch die Einschätzung der Situation und abrüstende Sprache sollten Themen sein.

Denjenigen aber, die auf der anderen Seite erst für die aufgeheizte Stimmung gesorgt haben, sei empfohlen, ehrlicher mit Provokation und Reaktion umzugehen, als sie das bisher tun. Wer vermummt Nebeltöpfe wirft, ist kein friedliches Lamm. Er folgt eher scheinheilig einer Logik der Eskalation.

Und dann ist da noch eine Frage an die Politik: Wie wäre es, wenn die Polizei endlich in die Lage versetzt würde, auch kurzfristig angemeldete Demos angemessen zu sichern? Von den Beamten würde es Druck nehmen und uns möglicherweise Bilder wie die vom Sonntag ersparen. Bis dahin: Vorsicht mit Bewertungen.

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