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Teilnehmer des Potsdamer Geheimtreffens spricht als Sachverständiger im Landtag

Das geplante Integrations- und Teilhabegesetz wurde am Montag im Sozialausschusses des Sächsischen Landtags diskutiert. Als Sachverständigen hat die AfD Ulrich Vosgerau benannt - der wegen seiner Teilnahme an einem Treffen von AfD-Mitgliedern und Rechtsextremisten in Potsdam in die Schlagzeilen geriet.

Von Thilo Alexe
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Sachsens Landtag in Dresden.
Sachsens Landtag in Dresden. ©  Christian Juppe

Der Sitzungsauftakt verläuft ungewöhnlich. Vorsitzende Susanne Schaper appelliert vor der öffentlichen Expertenanhörung des Sozialausschusses zum sächsischen Integrationsgesetz die Teilnehmer „eindringlich“, sich an das Thema zu halten. Die Würde des hohen Hauses, sagt die Linkenpolitikerin, müsse gewahrt werden. Sie werde eingreifen, falls extremistische Äußerungen fallen sollten.

So eine Einleitung ist im Sächsischen Landtag selten. Doch eine Personalie sorgt schon vor der Zusammenkunft des Ausschusses für Schlagzeilen. Als Sachverständigen hat die AfD Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau benannt. Er war Ende November Teilnehmer eines Geheimtreffens bei Potsdam, über das das Recherchezentrum Correctiv berichtet hat.

Demnach soll dort der rechtsextreme österreichische Aktivist Martin Sellner Strategien zur Remigration vorgetragen haben. In der Vorwoche wurde Vosgerau als Sachverständiger kurzfristig aus einem Landtagsausschuss in Sachsen-Anhalt ausgeladen. Die dortige AfD-Fraktion verließ darauf den Saal.

Im Saal A 600 des Sächsischen Landtags nimmt Vosgerau am Montag neben anderen Expertinnen und Experten Stellung zum Gesetzentwurf von Sozialministerin Petra Köpping (SPD). Kernpunkt des im Koalitionsvertrag fixierten Vorhabens ist die Verbesserung von Integrationsstrukturen im Freistaat und seinen Kommunen. Sachsen ist das erste Ostbundesland, das gesetzliche Regelungen dazu trifft.

In seiner rechtlichen Einschätzung geht Vosgerau vor allem auf die Vorgaben des noch nicht vom Parlament verabschiedeten Gesetzes zur Personalgewinnung ein. Unter bestimmten Voraussetzungen soll der Freistaat in seinen Behörden „den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund erhöhen“, wie es in Paragraf acht des Entwurfs heißt.

Vosgerau sieht einen Konflikt mit dem Prinzip der Bestenauslese, nach der die Fähigkeit entscheidend für den Zugang zu öffentlichen Ämtern ist. Er warnt davor, dass so „der Übergang in eine verfassungswidrige Praxis“ vorbereitet werden könnte. Der Anwalt sieht zudem eine „allgemeine Wolkigkeit“ in den Gesetzespassagen, die sich auf das Fordern und Fördern beziehen. Er plädiert dafür, die Pflicht für Migranten zur Integration stärker zu betonen.

Vosgerau: Correctiv-Bericht ist eine Zeitungsente

Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth begrüßt den Entwurf „ausdrücklich“. Kritik äußert er jedoch an der Regelung, wonach sich das Gesetz vor allem auf jene bezieht, die „sich dauerhaft berechtigt im Freistaat“ aufhalten. Damit fielen Studierende oder Geduldete aus dem Regelwerk. Integration, gibt der CDU-Abgeordnete zu bedenken, könne auch als Staatsziel gesehen werden.

Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege bemängelt, Integration werde bislang oft aus „belastungsorientierter Perspektive“ betrachtet. Der Dachverband sächsischer Migrantenverbände kritisiert, für Menschen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus gebe es kaum Teilhabemöglichkeiten.

Die Sitzung verläuft sachlich. Im Anschluss spricht CDU-Mitglied Vosgerau, der als Kritiker der Flüchtlingspolitik der damaligen Kanzlerin Angela Merkel gilt, vor Journalisten über den Correctiv-Bericht als „Zeitungsente“. In seiner Gegenwart habe niemand die Ausbürgerung von Deutschen gefordert. Es sei darum gegangen, wie etwa „ausreisepflichtige Ausländer“ zur Rückreise ermuntert werden können. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der das Treffen kritisierte, habe sich noch nicht bei ihm gemeldet.