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Landkreis Görlitz erstmals eine Schwerpunktregion rechtsextremer Gewalt

Sächsische Opferberatungsstelle registriert mehr Angriffe als noch im vorigen Jahr. Rechtsextreme erwerben zudem mehr Immobilien in Sachsen.

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Neonazis besuchen im November 2018 das Rechtsrock-Event "Schild und Schwert" in Ostritz im Landkreis Görlitz.
Neonazis besuchen im November 2018 das Rechtsrock-Event "Schild und Schwert" in Ostritz im Landkreis Görlitz. © SZ-Archiv: Paul Sander

Dresden/Leipzig. Im vergangenen Jahr haben Opferberatungsstellen in Sachsen deutlich mehr Fälle rechtsextremer Gewalt gezählt. Bei den fast 250 rechtsmotivierten Angriffen sei erstmals auch der Landkreis Görlitz zu einer Schwerpunktregion geworden, teilte die Regionale Arbeitsstellen und Angebote für Bildung, Beratung und Demokratie (RAA) Sachsen am Freitag in Dresden mit.

Die meisten Angriffe, bei denen es sich überwiegend um Körperverletzungen, Nötigungen oder Bedrohungen gehandelt habe, gab es der RAA zufolge in Leipzig, Dresden und Chemnitz. Bei den Landkreisen fiel außer Görlitz negativ auf: Zwickau, Leipzig und Bautzen. Insgesamt seien 380 Personen von den Angriffen betroffen gewesen, hieß es. Die Zahl sowohl der Attacken als auch der Opfer stieg demnach um 21 Prozent im Vergleich zu 2022.

33 Angriffe hätten sich gegen politische Gegner gerichtet, berichtete die RAA. 29 Attacken galten Nichtrechten und Alternativen, 20 gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität, zwei gegen Wohnungslose und zwei gegen Menschen mit Behinderung. Einen deutlichen Anstieg hat RAA Sachsen mit sechs Angriffen bei antisemitisch motivierten Gewalttaten beobachtet, drei davon gegen Teilnehmer von Kundgebungen in Solidarität mit Israel nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober. In 26 Fällen sei das konkrete Tatmotiv unklar gelblieben.

Rechtsextreme kaufen verstärkt Immobilien in Sachsen

Neue Zahlen legte auch die Linken-Politikerin Kerstin Köditz vor. Demnach hat die rechtsextreme Szene ihr Netz an Immobilien in Sachsen im vorigen Jahr erneut ausgebaut. Die Landtagsabgeordnete verweist dabei auf das Innenministerium, das derzeit 35 Objekte als "rechtsextremistisch genutzte Immobilien" einstuft. Köditz zufolge sind das sieben mehr als 2022. Zudem sei das ein der höchste Stand seit Einführung der Analyse im Jahr 2017.

Jeweils fünf Anlaufpunkte gebe es im Landkreis Mittelsachsen sowie in Chemnitz. Das Innenministerium listete in einer Tabelle weitere Objekte auf, darunter das Aryan Brotherhood Eastside in Bautzen, einen Treffpunkt der Gruppierung Black Devils in Hoyerswerda und ein Vereinshaus des Nationalen Jugendblocks in Zittau. Das Innenministerium räumte ein, dass zwei der aufgeführten Einrichtungen und Grundstücke der öffentlichen Hand gehörten. Weitere Erkenntnisse dürften aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt werden.

Kötitz sagte, mit dem Wegfall eines Gasthauses als Konzertstätte in Staupitz im Landkreis Nordsachsen habe die Szene "einen Dämpfer" erhalten. Zudem registriere sie "ein entschlosseneres behördliches Einschreiten". So seien 2023 sechs Musikevents aufgelöst oder bereits vor ihrem Beginn verhindert worden.

Ebenfalls am Freitag warnte der sächsische Landesrabbiner Zsolt Balla vor dem erstarkenden Antisemitismus. Dieser sei Gift "nicht nur für Juden, alle haben darunter zu leiden", sagte der 45-Jährige. Antisemitismus sei nicht allein auf muslimische Zuwanderer zu reduzieren. Er existiere auch in der deutschen Gesellschaft "rechts und links". Mit Blick auf Sachsen begrüßte Balla den unlängst erneuerten Staatsvertrag zwischen den jüdischen Gemeinden und dem Freistaat. Demnach wird das Land seine finanzielle Unterstützung für die Gemeinden ab 2025 von jährlich 1,07 Millionen Euro auf 2,1 Millionen verdoppeln. (dpa/SZ/uwo)