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Sachsen verfehlt Ziel beim Ausbau von Radwegen

2025 soll der Großteil von Bundes- und Staatsstraßen mit Radwegen ausgestattet sein. In den letzten acht Jahren wurden aber erst 15 Prozent fertiggestellt.

Von Lea Heilmann
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Radwegbau am Zehrener Berg im Dezember 2021: Der Ausbau geht in Sachsen langsamer voran als geplant.
Radwegbau am Zehrener Berg im Dezember 2021: Der Ausbau geht in Sachsen langsamer voran als geplant. © Claudia Hübschmann

Von einem Dorf zum nächsten oder in die größere Stadt – mit dem Auto ist das einfach. Als Fahrradfahrer jedoch nicht: Viele Bundes- und Staatsstraßen haben keinen Fahrradweg. Um das Problem zu lösen, veröffentlichte das Sächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr 2014 eine Fahrradkonzeption mit dem Ziel, 540 Kilometer Radweg bis 2025 neu zu bauen. Bis zum letzten Jahr wurden aber erst 83 Kilometer fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben. Das ergab eine Kleine Landtagsanfrage des Linke-Abgeordneten Marco Böhme.

Nachdem der Bedarf ermittelt worden war, wurden die zu bauenden Wege in drei Prioritäten eingeteilt. In den fünf Jahren nach Veröffentlichung der Radkonzeption entstanden in der höchsten Priorität 69 Kilometer, von 2019 bis 2021 kamen nur etwa 14 dazu. "Das ist nicht einmal ein Sechstel der Zielvorgabe von 540 Kilometern!", sagt Böhme, "ich finde dieses Schneckentempo ungeheuerlich." Dieses Jahr sollen 6,7 Kilometer fertiggestellt werden, die darauffolgenden Jahre steigt die Anzahl um jeweils zehn Kilometer. Nach 2024 sollen laut der Kleinen Anfrage 387 Kilometer fertig werden. Ziel soll es laut dem SMWA sein, pro Jahr 50 Kilometer straßenbegleitender Radwege an Bundes- und Staatsstraßen zu bauen.

Einen Grund, dass es so langsam vorangeht, sieht Konrad Krause, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) Sachsens, in fehlendem Personal. "Es braucht deutlich mehr Planer für den Radverkehr", sagt Krause. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr habe in den sechs Niederlassungen jeweils fünf Leute und noch mal fünf in der Zentrale. Der ADFC fordert, dass mehr Planer für den Radverkehr eingestellt werden. Böhme kritisiert die viel zu geringen Planungskapazitäten, mit denen die Kommunen vor Ort allein gelassen werden. Das sei laut ihm auch ein Grund, warum die derzeit bereitgestellten Haushaltsmittel in viel zu geringem Umfang abgerufen werden.

Baubeginn kann bis zu zehn Jahre dauern

Das sächsische Verkehrsministerium betont, dass je nach Komplexität, Länge der Strecke, örtlichen Verhältnissen sowie Widerstand von Betroffenen gegen das Vorhaben es sieben bis zehn Jahre vom Planungs- zum Baubeginn dauern kann. "Abfragen bei anderen Ländern verdeutlichen, dass es sich hierbei keinesfalls um ein ‚sächsisches Phänomen‘ handelt", sagt Pressesprecher Jens Jungmann. Deshalb setze sich das Ministerium seit Jahren dafür ein, dass es Planungsbeschleunigungen geben solle. Dies habe die Bundesregierung inzwischen erkannt.

2021 hatte Sachsen aus dem Bundeshaushalt 5,5 Millionen Euro für den Bau und die Erhaltung von Radwegen zur Verfügung, wovon das Land etwa 4,8 Millionen abgerufen habe. Aus dem Landeshaushalt hätten vier Millionen Euro genutzt werden können. Davon wurden aber nur 147.000 Euro verwendet.

"Der ADFC hatte damals schon kritisiert, dass vier Millionen nicht reichen", sagt Krause. "Wir sind in den letzten Jahren in dem erbärmlichen Bereich geblieben." Die überwiegende Anzahl der geplanten Radwege in Sachsen sind kommunale Radwege, die von den Kommunen und Kreisen selbst geplant und gebaut werden müssen. Somit habe der Freistaat keinen Einfluss darauf, auch nicht, ob und wann die Kommunen eingestellte Fördergelder verwenden, sagt Jungmann. Wie viel Geld für den Neubau von Radwegen im Doppelhaushalt 2023/24 zur Verfügung steht, ist noch nicht klar, da der Haushalt sich noch in der regierungsinternen Abstimmung befindet.

Momentan befinden sich 312 Kilometer in Planung. "Das klingt erst mal viel", sagt Krause, "aber ‚in Planung‘ kann im schlimmsten Fall auch heißen, dass ein Aktenordner gekauft wurde, auf dem der Abschnitt des Radweges geschrieben steht, ein Deckblatt eingeheftet ist und er im Schrank verschwindet."

Das Verkehrsministerium möchte sich neben der Planung deutlich auf das Genehmigungs- und Baugeschehen konzentrieren. "Mindestens 73 Projekte mit einer Gesamtlänge von 135 Kilometern sollen noch in dieser Legislaturperiode fertiggestellt oder zumindest baulich begonnen werden", sagt Jungmann. Weitere 200 Projekte sollen parallel dazu zügig geplant oder in die Planfeststellung gebracht werden.