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Sachsens Bauern trotzen der Dürre

Das Trockenjahr haben die Landwirte gemeistert. Die Versorgung im Freistaat mit Brotgetreide ist gesichert. Jetzt dreht sich die Sorge um einen bestimmten Lieferanten.

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Die Ernte ist vorbei. Und das Ergebnis hätte schlimmer kommen können.
Die Ernte ist vorbei. Und das Ergebnis hätte schlimmer kommen können. © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Nach der Ernte ist für Sachsens Bauern vor der Ernte: Auf vielen Feldern, wo kürzlich noch die Mähdrescher rollten, wird schon die Saat fürs kommende Jahr in den Boden gebracht. Doch der Blick auf die kommenden Monate bringt den Landwirten neue Sorgen. Einerseits schlagen stark gestiegene Kraftstoffpreise zu Buche. Auf der anderen Seite werden Engpässe bei Saatgut wie Weizen, Roggen und Triticale befürchtet. Und eine Nachricht aus Sachsen-Anhalt hat die Betriebe aufgeschreckt: Wegen extrem hoher Gaspreise stoppt einer der größten Düngemittelhersteller Deutschlands die Produktion.

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"Es ist eine Katastrophe", konstatierte Stephan Claus. Er ist Chef der Pretzschendorfer Landwirtschafts- und Dienstleistungsgesellschaft in Klingenberg am Fuß des Osterzgebirges. Der Betrieb bewirtschaftet 1550 Hektar Land. Der Preis für Dünger habe sich seit einem Jahr vervielfacht, berichtete er. Bisher habe das teils durch gestiegene Erlöse aufgefangen werden können. "Aber wir wissen nicht, wie sich die Erzeugerpreise weiter entwickeln." Sein Betrieb hat vorgesorgt und im Sommer rund 250 Tonnen Dünger auf Vorrat gekauft - zu bereits hohen Preisen, wie Claus betonte. "Das ist etwa 70 Prozent von dem, was wir im Jahr benötigen."

Wird der Dünger jetzt knapp?

Denn die Landwirte treibt die Sorge um, ob künftig überhaupt genug Dünger zu bezahlbaren Preisen verfügbar sein wird. Für viele Betriebe ist deswegen der Ausblick gedämpft, sagte Bauernpräsident Thomas Krawczyk am Mittwoch. Für Verunsicherung sorgt der Produktionsstopp eines der größten Produzenten von Ammoniak - dem Grundstoff für die allermeisten Stickstoff-Dünger - und Harnstoff in Deutschland. Derzeit seien die Anlagen in einer Generalrevision, erläuterte der Marketingleiter der SKW Piesteritz in Wittenberg, Maximilian Severin. Angesichts der stark gestiegenen Gaspreise und der künftigen Gasumlage sei es für das Unternehmen derzeit nicht sinnvoll, die Produktion wieder anzufahren.

Nicht nur die Bauern hat diese Nachricht aufgeschreckt, sondern auch die Logistikbranche: SKW produziert auch Ad Blue, ein wichtiger Stoff für die Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen. Es brauche dringend eine Lösung für dieses Problem, betonte Agrarminister Wolfram Günther (Grüne). "Wir können und wollen nicht auf diesen Produzenten verzichten." Mit dem Ausfall des Betriebes würde Deutschland nicht nur seine Eigenversorgung mit Düngemittel deutlich schmälern, sondern sich auch in größere Abhängigkeit von Produzenten im Ausland begeben, warnte Bauernfunktionär Krawczyk.

Dieses Jahr hatte bisher vor allem die lange Trockenheit den Agrarbetrieben Kopfzerbrechen bereitet. So konnten sie im Schnitt weniger Getreide vom Feld holen als in den vergangenen Jahren: 66,3 Dezitonnen pro Hektar. Die Erträge seien immerhin besser ausgefallen als zunächst befürchtet, resümierte Krawczyk. Doch habe die Qualität mitunter enttäuscht, so dass weniger Brotgetreide eingefahren wurde als erhofft. Getreide mit schlechterer Qualität wird zu Tierfutter.

Die Versorgung der Bevölkerung sei gesichert, sagte Minister Günther und verwies darauf, dass der Selbstversorgungsgrad bei Getreide und Milch in Sachsen über 100 Prozent betrage. Zugleich mahnte er, regionale Wertschöpfungsketten zu stärken, um die hiesige Land- und Ernährungswirtschaft krisenfester zu machen.

Getreide ist für Sachsens Bauern die wichtigste Feldfrucht. Von den gut 700.000 Hektar Ackerland, die sie bewirtschaften, nimmt der Getreideanbau weit mehr als die Hälfte ein. Die Dürre hatte zudem dazu geführt, dass die Ernte dieses Jahr etwa zwei Wochen früher als sonst begonnen hatte. Bei anderen Früchten steht die Ernte noch aus, bei Kartoffeln, Rüben und Mais. Doch wirkt sich auch hier die Trockenheit aus und werden Einbußen erwartet, ebenso beim Grünfutter. Immerhin beim Raps, der wichtigsten Ölfrucht im Freistaat, wurde mit 35,3 Dezitonnen je Hektar eine überdurchschnittliche Ernte erzielt. (dpa)