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SPD, Grüne und DGB kritisieren CDU-Entscheidung zu Sachsens Schuldenbremse

Sachsens CDU lehnt die eine Lockerung der Schuldenbremse weiterhin ab. Bei Koalitionspartner der CDU und sowie Sachsens DGB-Vorsitzender reagieren mit deutlicher Kritik auf die Absage.

Von Gunnar Saft
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Schulden machen, um Investitionen zu finanzieren? Oder nur das Geld ausgeben, was auch verfügbar ist? Darüber wird in Sachsen heftig gestritten.
Schulden machen, um Investitionen zu finanzieren? Oder nur das Geld ausgeben, was auch verfügbar ist? Darüber wird in Sachsen heftig gestritten. © Zacharie Scheurer/dpa

Dresden. Die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund in Sachsen haben mit Unverständnis auf die Absage der CDU-Landtagsfraktion reagiert, in der laufenden Legislaturperiode eine Reform der in der Landesverfassung verankerten Schuldenbremse zu unterstützen.

Sachsens DGB-Vorsitzender Markus Schlimbach: „Mit seiner einmalig strengen Schuldenbremse hat Sachsen einen Klotz am Bein, der künftige Generationen noch teuer zu stehen kommen wird. In den kommenden Jahren muss in Sachsen viel investiert werden. Moderne Bildung, Digitalisierung, Energiewende, ein moderner, flächendeckender Nahverkehr – all das wird nicht aus der Portokasse bezahlt. Aufgeschobene Investitionen sind eine Belastung für künftige Generationen. All das spielt offensichtlich keine Rolle, wenn man an finanzpolitischen Dogmen festhalten will.“

Deutliche Kritik kommt auch vom Koalitionspartner SPD. So erklärte deren Fraktionschef und Finanzexperte Dirk Panter: „Der Beschluss der CDU-Fraktion ist ein Fehler, der Sachsen noch teuer zu stehen kommt. Es wäre jetzt an der Zeit gewesen, die untauglichen Regelungen zu Tilgungsfrist und Normallage anzupassen – wie es der Landtag 2020 beschlossen hatte. Leider dominiert bei vielen Kollegen der CDU noch die fundamentalistische Finanzpolitik des letzten Jahrtausends. Wirklich generationengerechte Politik sorgt dafür, dass in die Zukunft investiert wird: Heute investieren, morgen davon profitieren. Was wir in Sachsen brauchen, ist ein gemeinsames Verständnis für eine solche, zukunftsgewandte Politik, die wichtige Investitionen für Schulen, Soziales, Infrastruktur, moderne Industrie, Digitalisierung oder auch die Energiewende beherzt angeht."

Panter kündigte an, die SPD-Fraktion werde weiter Druck machen, dass diese wichtigen Themen nun nicht unter den Tisch fallen. "Unsere Vorschläge und Konzepte liegen seit langem vor. Die CDU muss sich endlich bekennen, ob sie diesen Weg mit dem Sachsenfonds 2050 gehen will, ob sie eigene konstruktive Vorschläge hat oder ob sie aus falsch verstandener Sparsamkeit die Zukunftsfähigkeit unseres Freistaats aufs Spiel setzt.”

Franziska Schubert, Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, reagierte wie folgt: "Es war absehbar, dass sich die CDU-Fraktion so entscheidet. Mit der Unbeweglichkeit der größten Koalitionspartnerin in Modernisierungsfragen mussten wir von Anfang an umgehen, nicht nur bei finanzpolitischen Fragestellungen. Das hat mit konservativ nur wenig zu tun – Verhindern ist hier Programm."

Zudem erklärte sie: "Wir haben als Bündnisgrüne einen anderen Ansatz: Wir wollen ein modernes, zuversichtliches Sachsen, in dem das gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Klima stimmen. Dafür die Rahmenbedingungen zu gestalten, ist die Aufgabe. Dieser nehmen wir uns an. Dazu gehört eine Finanzpolitik, die Einnahmen und Ausgaben realistisch in Einklang bringt und Transparenz schafft. Dabei spielt der Mechanismus der Schuldenbremse eine wesentliche Rolle. Was wollen wir als Bündnisgrüne? Uns geht es nicht vorrangig um die Tilgungsdauer für die Corona-Kredite. Uns geht es um eine Anpassung der sächsischen Schuldenbremse – die wirtschaftliche Konjunktur soll zukünftig berücksichtigt werden, um realistische Einnahmeprognosen treffen zu können. Das ist die Grundlage solider Haushaltsaufstellungen. Schade, dass die CDU-Fraktion das nicht will."

Auch Franziska Schubert sieht dann bei diesem Thema weiter dringenden Handlungsbedarf: "Wir sehen es als politische Pflicht, öffentliche Haushalte langfristig tragfähig aufzustellen. Deshalb haben wir Bündnisgrüne einen konkreten Vorschlag vorgelegt, wie die sächsische Schuldenbremse eng angelehnt an das Grundgesetz angepasst werden kann. Hier geht es nicht um enthemmte Kreditaufnahmen, sondern darum, dass wir als Freistaat verlässlich handeln, auf Krisen reagieren und wichtige Zukunftsaufgaben angehen können. Dafür werden wir Bündnisgrüne uns weiter einsetzen."

Zweidrittelmehrheit im Parlament für Verfassungsänderung nötig

Zuvor hatte die CDU-Landtagsfraktion am Dienstag entschieden, dass es in der noch bis zum Sommer 2024 laufenden Legislaturperiode keine Verfassungsänderung geben soll, die dazu führt, dass der Freistaat künftig zusätzliche Schulden aufnehmen kann.

Nach Informationen von Sächsische.de sprach sich die Fraktion in einer internen Abstimmung mehrheitlich gegen eine entsprechende Änderung der Landesverfassung aus. Ohne die Unterstützung der größten Regierungsfraktion im Landtag hat das maßgeblich von SPD und Grünen forcierte Projekt keinerlei Aussicht mehr auf die dafür zwingend notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Eine Lockerung der Schuldenbremse hatten die beiden Koalitionspartner der CDU vor allem deshalb für sinnvoll gehalten, um mithilfe neuer Kredite wichtige Zukunftsinvestitionen zu finanzieren. Die Christdemokraten lehnen neue Schulden auch mit Verweis auf die sehr günstige Kassenlage des Freistaates ab, hatten sich aber Ende 2022 bereit erklärt, innerhalb der Koalition noch einmal über das Thema zu beraten. Andere diskutierte Verfassungsänderungen wie neue Regeln für mehr direkte Bürgerdemokratie oder die geplante Streichung des Rasse-Begriffs seien von der jetzt erfolgten Abstimmung aber nicht berührt, heißt es aus CDU-Kreisen.