Update Sachsen
Merken

Autobahnauffahrten in Sachsen blockiert: So lief der Protest der Landwirte

Kurz vor dem Fest haben Sachsens Landwirte erneut gegen die Streichungen von Steuererleichterungen mobil gemacht. Für Anfang Januar kündigen sie weitere Proteste an.

 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Aus Protest gegen die vorgesehene Streichung von Steuervergünstigungen machen Sachsens Landwirte mobil - wie hier an der A38-Auffahrt Leipzig-Südost.
Aus Protest gegen die vorgesehene Streichung von Steuervergünstigungen machen Sachsens Landwirte mobil - wie hier an der A38-Auffahrt Leipzig-Südost. ©  Erik-Holm Langhof

Dresden. Kurz vor dem Weihnachtsfest haben Sachsens Landwirte am Donnerstagmorgen mit spontanen Demonstrationen zahlreiche Autobahnauffahrten blockiert. Wie Sächsische.de schon am Mittwoch berichtete, wollten die Bauern mit Traktoren vor den jeweiligen Zufahrten ein Auffahren von Fahrzeugen verhindern, um so gegen die Streichungen von Steuererleichterungen zu protestieren. Die Aktion, die nicht die letzte dieser Art gewesen sein soll, betraf Dutzende Auffahrten im gesamten Freistaat.

Im Landkreis Bautzen etwa blockierten Landwirte amMorgen mehrere Auffahrten der A4. So versammelten sich an den beiden Auffahrten am Burkauer Berg ab 7 Uhr morgens etwa 25 Landwirte. Sie verhinderten mit Fahrzeugen und Traktoren die Zufahrt auf die Autobahn in beiden Richtungen. Die Aktion dauerte bis etwa 9 Uhr an, mittlerweile rollt der Verkehr wieder. Auch in Uhyst a.T. war der Verkehr nach Beobachtung eines Reporters vor Ort blockiert.

Weitere Zufahrten, an denen im Landkreis Bautzen protestiert wurde, waren Bautzen-Ost und -West, Salzenforst, Ohorn und Pulsnitz.

Eine Sprecherin der Polizeidirektion Görlitz sagte am Morgen, dass Beamte an allen betroffenen Einfahrten im Einsatz seien. So wollte man einen friedlichen Protest ermöglichen, aber auch darauf achten, dass der Verkehr nicht zu stark behinderte werde.

Blockaden der Landwirte unter anderem auch an A14, A38 und A72

An der A14 wurde ebenfalls protestiert: Mehrere Traktoren standen unter anderem auch an der Autobahnauffahrt Döbeln-Nord , sagte Robert Erdmann vom Verein "Land schafft Verbindung" am Morgen. Er war selbst ebenfalls mit seinem Traktor gekommen, um zu protestieren. Insgesamt waren hier etwa 30 Traktoren vor Ort. Die Polizei sicherte die Protestaktion ab.

Auch im weiter nördlich gelegenen Grimma wurden die Auffahrten zur A14 blockiert. Bauern dort hatten Transparente wie etwa "Nicht vergessen - wir sorgen fürs Essen" an ihren Fahrzeugen.

Mieses Wetter, miese Stimmung: Traktoren blockieren am Donnerstagmorgen auch die A14-Auffahrt in Grimma.
Mieses Wetter, miese Stimmung: Traktoren blockieren am Donnerstagmorgen auch die A14-Auffahrt in Grimma. ©  Erik-Holm Langhof

Im Bereich Leipzig wurden nach Angaben der Polizei neun Anschlussstellen der Autobahnen 72 und 38 blockiert. In Zwickau wanderten die Landwirte mit ihren Maschinen von Anschlussstelle zu Anschlussstelle.

Im Bereich der Polizei in Dresden waren Polizeiangaben zufolge sechs Auffahrten nicht befahrbar - sowohl an der A17 als auch an der A4. Mit den Zufahrten in Gorbitz und Marsdorf befanden sich davon zwei im Stadtgebiet.

Proteste auch in der Landeshauptstadt: Landwirte blockieren eine A17-Auffahrt in Dresden.
Proteste auch in der Landeshauptstadt: Landwirte blockieren eine A17-Auffahrt in Dresden. © dpa/Sebastian Kahnert

Auch aus Chemnitz wurden Behinderungen gemeldet. Dort treffen sich die A4 und die A72 - an beiden Trassen wurden Auffahrten blockiert. Weiter südlich war unter anderem Auffahrten in Hartenstein und Stollberg betroffen. Die Proteste dort wurden nach Angaben der Polizeidirektion Chemnitz gegen 8 Uhr beendet.

Der polizeiliche Verkehrswarndienst Sachsen listete sämtliche Autobahnauffahrten auf, die von der Aktion betroffen waren - für fast alle wurde gegen 9 Uhr Entwarnung gegeben.

Bauern bitten um Verständnis für Aktionen

Bereits im Vorfeld ihrer Aktionen am Donnerstagmorgen hatten die Landwirte für Verständnis geworben. In einem Facebook-Post des Vereins "Land schafft Verbindung" baten die Bauern etwa Pendler darum, umzuplanen. "Wir können nicht mehr umplanen, wir gehen pleite." Die Ampel habe es nicht geschafft, "unsere Höfe vor dem Ende zu schützen", heißt es in dem Post. "Wir danken jedem, der diese Worte teilt und Verständnis für das hat, was wir niemals tun wollten. Aber müssen."

Der Hauptgeschäftsführer des sächsischen Bauernverbandes, Stefan Seyfarth, kündigte gegenüber der Leipziger Volkszeitung weitere Proteste an. "Wir haben aber mit den Kollegen abgesprochen, dass es erstmal die letzte Aktion vor Weihnachten ist. Sollte die Bundesregierung ihre Pläne bis dahin nicht ändern und die Beschlüsse nicht streichen, werden wir ab dem 8. Januar größer, intensiver und länger protestieren."

Nicht die ersten Bauern-Blockaden in Sachsen

Die Blockaden sind nicht die erste Aktion dieser Art, erst am Dienstag hatte es ähnliche Szenen in Sachsen gegeben: Landwirte hatten da morgens die beiden A72-Auffahrten Hartenstein und Stollberg-Nord zwischen Zwickau und Chemnitz blockiert.

Bereits am Montag hatten gut 800 Landwirte mit ihren Traktoren in Leipzig und Chemnitz gegen die geplante Streichung von Steuervergünstigungen durch die Ampel-Koalition protestiert. Die Pläne zum Agrardiesel und zur Kfz-Steuerbefreiung müssten zurückgenommen werden, sagte Marc Bernhardt, Sprecher des Vereins "Land schafft Verbindung", der den Protest organisiert hatte.

Vor dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig sammelten sich die 300 Bauern mit ihren Maschinen zu einer Kudngebung.
Vor dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig sammelten sich die 300 Bauern mit ihren Maschinen zu einer Kudngebung. © SZ

Bisher können sich Höfe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen. Dabei beträgt die Vergütung 21,48 Cent pro Liter - der Steuersatz für Agrardiesel liegt dann also bei 25,56 Cent pro Liter im Vergleich zum vollen Steuersatz von 47,04 Cent. Anträge auf Erstattung müssen Betriebe bei der Zollverwaltung stellen. Zudem sind land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit.

Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) hatte bereits zu Wochenbeginn in Moritzburg gesagt, dass er Verständnis habe für die Proteste der Landwirte Verständnis.

Günther sagte, dass er eine Korrektur an der Berliner Entscheidung erwarte. Zwar müssten "langfristig klimaschädliche Subventionen abgebaut" werden. Doch nun sollten anscheinend über Nacht gleich zwei gestrichen werden, während die Kosten der Landwirte enorm gestiegen seien. Die Bauern hätten doch noch gar keine Möglichkeit, Dieseltraktoren zu ersetzen. "Man muss erst einmal den Weg eröffnen, dass es Alternativen gibt", sagte Günther.

Bislang größter Protest am Montag in Berlin

Den bislang größten Protest hatte es am Montag in Berlin gegeben: Dort machten Tausende Landwirte mobil gemacht. "Wir nehmen das nicht hin", rief Bauernpräsident Joachim Rukwied bei einer Kundgebung. Ein Aus für Regelungen zu Agrardiesel und für die Kfz-Steuerbefreiung sei "eine Kampfansage", und diese nehme man an. An der Demonstration am Brandenburger Tor nahmen nach Veranstalterangaben 8.000 bis 10.000 Menschen teil, mehr als 3.000 Traktoren rollten in die Hauptstadt.

Rukwied drohte für Januar bereits größere Proteste an, wenn die "unzumutbaren Vorschläge" nicht komplett zurückgenommen würden. "Es reicht, zu viel ist zu viel", rief der Bauernpräsident. Er forderte von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), jetzt Druck in der Regierung für die Bäuerinnen und Bauern und die ländlichen Räume zu machen.

Die Demo in Berlin.
Die Demo in Berlin. © Fabian Sommer/dpa

Özdemir sagte bei der Kundgebung: "Ich weiß, dass Sie mit einer Riesenwut hier nach Berlin gekommen sind." Es sei klar, dass nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts mehr gespart werden müsse - aber eben nicht überproportional in der Landwirtschaft. "Ich halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang", bekräftigte Özdemir. "Deshalb kämpfe ich im Kabinett dafür, dass es in dieser Härte nicht kommt." Die Rede wurde mehrfach vom Pfiffen und Zurufen unterbrochen.

Auch bei Beratungen am Mittwoch hielt Minister Özdemir hält an seiner Ablehnung von gleich zwei Einsparmaßnahmen bei der Landwirtschaft im Haushalt 2024 fest. Er habe die Position mehrfach betont, und an diesem Sachverhalt habe sich nichts geändert, sagte ein Sprecher in Berlin. In der Kabinettssitzung, in der die politische Einigung der Ampel-Spitzen zum Etat zur Kenntnis gegeben wurde, habe es eine Aussprache gegeben, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Auch Özdemir habe dabei das Wort ergriffen und seinen Punkt deutlich gemacht. (SZ/mja, hek, ehl, mz mit dpa)