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Verdi streikt in Sachsen flächendeckend: Was Sie jetzt wissen müssen

Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst wird schärfer: Am Freitag fällt in mehreren sächsischen Städten der Nahverkehr aus. Nächste Woche sollen viele Kitas und Horte bestreikt werden. Was Sie jetzt wissen müssen.

Von Fionn Klose
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Am Dresdner Postplatz werden am Freitag wohl keine Bahnen fahren - die Gewerkschaft Verdi hat zum Streik aufgerufen.
Am Dresdner Postplatz werden am Freitag wohl keine Bahnen fahren - die Gewerkschaft Verdi hat zum Streik aufgerufen. © Jürgen Lösel

Dresden. Die Sachsen müssen sich in dieser und der nächsten Woche auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Die Gewerkschaft Verdi will an mehreren Orten in Sachsen unter anderem den öffentlichen Nahverkehr, die Kinderbetreuung in Kitas und Horten sowie die Abfallentsorgung bestreiken. In Chemnitz wird es auch am Freitag keine Müllabfuhr geben. Die Beschäftigten des Abfallentsorgungs- und Stadtreinigungsbetriebs der Stadt Chemnitz (ASR) streiken bereits seit Donnerstagmorgen.

Mit den flächendeckenden, insgesamt viertägigen Warnstreiks will die Gewerkschaft nach dem Scheitern der zweiten Tarifrunde für die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Ländern den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen.

Betroffen seien davon ab Anfang März die Bereiche der Kommunalverwaltung, Einrichtungen des Sozial- und Erziehungsdienstes, Krankenhäuser, Nahverkehrsunternehmen, Ver- und Entsorgungsbetriebe sowie die Arbeitsverwaltung und Sparkassen, so Verdi.

"Wir rechnen damit, dass sich insgesamt rund 10.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes im Bezirk Sachsen West-Ost-Süd den Warnstreikaufrufen von Verdi anschließen werden", sagt Daniel Herold, Bezirksgeschäftsführer des Verdi-Bezirkes.

Wo und wann gestreikt wird

Am 3. März findet ein großer Warnstreik des ÖPNV in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Zwickau und Plauen statt. Aufgerufen sind alle Beschäftigten der städtischen Nahverkehrsunternehmen. Die Versammlungen sollen ab Dienstbeginn vor den Betriebshöfen stattfinden. In Dresden wird der Verdi-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke erwartet. Er soll am Morgen gegen sieben Uhr den Betriebshof Gorbitz der Dresdner Verkehrsbetriebe besuchen. Außerdem ist ab 9.30 Uhr eine Kundgebung vor dem Verkehrsmuseum Dresden geplant.

Die Bewegung Fridays for Future unterstützt die Streiks auf der Straße. Auch sie kritisiert die Arbeitsbedingungen in der Branche. Verdi und die Klimabewegung wollen den gemeinsamen Aktionstag nutzen, um auf die Bedeutung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Kampf gegen den Klimawandel aufmerksam zu machen. „Damit die Emissionen im Verkehrssektor endlich sinken, brauchen wir eine Verkehrswende hin zum ÖPNV“, sagt Paula Woltering von Fridays for Future. Dort Beschäftigte sollten deshalb eine angemessene Bezahlung bekommen.

Die Gewerkschaft plant zusammen mit Fridays for Future Aktionen in über 30 Städten. Verdi rechnet mit starken Einschränkungen am dritten März: „Wir gehen davon aus, dass der komplette ÖPNV zum Erliegen kommt“, sagt Daniel Herold. Am Wochenende könnte sich der Nahverkehr aber wieder normalisieren.

In den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen drohen ab Montag mehrtägige Streiks im Busverkehr.

Nächste Woche ruft Verdi zu weiteren Streiks auf. Am 7. März sollen regionale Warnstreiks in Chemnitz, Dresden, Weißwasser, Rothenburg und Niesky stattfinden. Die zentrale Kundgebung in Chemnitz ist ab acht Uhr vor dem Rathaus geplant, in Dresden ebenfalls ab acht Uhr vor dem Rathaus an der Goldenen Pforte. Dort soll unter anderem die Stadtverwaltung und die Ostsächsische Sparkasse streiken. Auch das Jobcenter Pirna ist dazu aufgerufen.

In Weißwasser findet die Streikdemonstration ab acht Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz statt. Dort sollen auch die kommunalen Kitas und Horte bestreikt werden. Eltern aus Weißwasser, Schleife, Krauschwitz, Rothenburg und Niesky sollten sich eine Alternative zur Kinderbetreuung suchen.

Für den 8. März plant die Gewerkschaft von 11 bis 14 Uhr eine Demonstration anlässlich des Frauentags am Postplatz in Dresden. Alle Beschäftigten sind zur Teilnahme im Rahmen des Warnstreikes aufgerufen.

Am Mittwoch müssen sich dann auch Eltern in Dresden, Bautzen, Chemnitz, dem Erzgebirge und Mittelsachsen sowie Görlitz, Freital und Umgebung um eine Alternativbetreuung für ihre Kinder kümmern, da auch dort dann die Kindereinrichtungen bestreikt werden.

Arbeitgeberverband kritisiert Warnstreiks

Christine Putzler-Uhlig, Verbandsgeschäftsführerin vom Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen (KAV), ist über die Streikpläne von Verdi empört: Die Streiks seien unverhältnismäßig. „Dieser Konflikt wird nicht auf der Straße gelöst, sondern am Verhandlungstisch“, sagt sie. „Unser Angebot ist verhandlungsfähig und werthaltig.“ Die Forderung von Verdi sei nicht finanzierbar. Allein in Sachsen würde das die Arbeitgeber 750 Millionen Euro kosten. „Damit würden auch die Preise steigen, wie Kitagebühren.“

Verdi will Druck auf Arbeitgeber aufbauen

Wann und wo in den kommenden Wochen weitere Streiktage stattfinden sollen, will die Gewerkschaft kurzfristig veröffentlichen. "Unsere Mitglieder in den vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes haben mit hohem Engagement Krisen bewältigt, wurden beklatscht", sagt Daniel Herold. "Sie erleben Arbeitsverdichtung und sind, insbesondere in den unteren Entgeltgruppen, ähnlich stark von steigenden Preisen betroffen, wie alle anderen auch."

Das in der letzten Woche von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot wird von den Gewerkschaftern heftig kritisiert. Es beinhaltet unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Stufen und eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von insgesamt 2500 Euro. „Die Preise bleiben auch dann noch hoch, wenn die Prämien längst nicht mehr wirken“, sagt Verdi-Vorsitzender Frank Werneke.

Die Gewerkschaft und der dbb beamtenbund hingegen fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die nächste Tarif-Verhandlungsrunde soll es vom 27. bis 29. März geben.