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Funkloch in Sebnitz soll weg

Ein Mobilfunkunternehmen plant einen neuen Funkmast am Sebnitzer Waldstadion. Zuvor holt die Stadt sich Expertenrat zum Thema 5G.

Von Dirk Schulze
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Mit viel Glück zwei Balken: Viele Nutzer haben in Sebnitz rings um das Waldstadion und das Krankenhaus keinen Handyempfang. Das könnte sich ändern.
Mit viel Glück zwei Balken: Viele Nutzer haben in Sebnitz rings um das Waldstadion und das Krankenhaus keinen Handyempfang. Das könnte sich ändern. © Steffen Unger

Das Funkloch im Gebiet rings um das Sebnitzer Waldstadion ist seit Jahren ein Ärgernis. Auch Autofahrer auf der S154, die Besucher des Sport- und Freizeitzentrums Solivital und - viel wichtiger - die Patienten und Besucher der Sächsische-Schweiz-Klinik Sebnitz sind davon betroffen. Diese Ecke liegt in einem Taleinschnitt zwischen den Bergen und direkt an der deutsch-tschechischen Grenze. Wer hier mit dem Handy telefonieren oder Nachrichten verschicken will, hat meist keine Chance.

Für Nutzer des O2-Netzes könnte sich das in absehbarer Zeit ändern. Der Mobilfunkkonzern Telefónica will am Waldstadion einen neuen Funkmast errichten und hat dafür bei der Stadt Sebnitz angefragt. Diese würde die Fläche an das Unternehmen vermieten.

Die Stadt machte die Pläne in ihrem Amtsblatt bekannt - und dann gab es Einsprüche. Insgesamt elf Personen meldeten schriftlich Bedenken an. Nicht alle aus Sebnitz und nur knapp die Hälfte fristgerecht, dennoch wurde dem Thema in der jüngsten Stadtratssitzung außergewöhnlich viel Zeit eingeräumt.

Angst vor Mobilfunkstandard 5G

Die Bedenkenträger wenden sich vor allem gegen die 5G-Technologie, die auf dem neuen Mobilfunkmast zum Einsatz kommen soll. Einer der Kritiker, der Sebnitzer Lehrer Falk Zirnstein, erhielt die Gelegenheit, seine Einwände im Stadtrat vorzutragen. Parallel dazu hatte das Rathaus eigens eine Videoschalte mit Wissenschaftlern des Bundesamts für Strahlenschutz organisiert, die den aktuellen Forschungsstand zum Thema Mobilfunk und Gesundheit referierten.

Gegner Zirnstein äußerte die Befürchtung, dass die beim Mobilfunkstandard 5G genutzten Frequenzen sich negativ auf die Gesundheit der Menschen auswirken würden. Eine wissenschaftliche Studie, die das belegt, konnte er allerdings nicht benennen. Wenn es nur um die Beseitigung des Funklochs ginge, bräuchte man kein 5G, erklärte Zirnstein. Dann würden auch die bisherigen Standards 3G und 4G (LTE) genügen.

Während der Diskussion stellte sich allerdings heraus, dass der geplante Funkmast nicht der erste mit 5G in Sebnitz wäre. Auf existierenden Anlagen im Stadtgebiet ist der neue Mobilfunkstandard längst aufgeschaltet. Die Entscheidung darüber liegt auch nicht im Ermessen des Stadtrats, sondern wird für bestehende Funkmasten von der Bundesnetzagentur geregelt.

Wissenschaftler erläuterte Forschungstand

Per Videokonferenz wurde dann der Wissenschaftler Alexander Leymann vom Bundesamt für Strahlenschutz zugeschaltet. Die Behörde untersucht unter anderem die Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern beim Mobilfunk. Der promovierte Physiker erklärte, dass die meisten der von 5G genutzten Frequenzbereiche bereits von den bisherigen Standards oder von WLAN-Routern genutzt werden.

Die perspektivisch zusätzlich hinzukommenden höheren Frequenzbänder könnten problematisch werden, wenn sie zu einer dauerhaften Erwärmung des menschlichen Körpers um mehr als ein Grad Celsius führten. Um dies zu verhindern, sind Grenzwerte mit dem Faktor 50 festgelegt. Diese Grenzwerte wiederum würden in der Praxis vielfach nur im einstelligen Prozentbereich ausgeschöpft.

"Die gesundheitlichen Effekte von Mobilfunk sind sehr gut untersucht", sagte Leymann zu den Sebnitzer Stadträten. "Es gibt Grenzwerte, die Sie schützen." Es gebe keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu darüber hinausgehenden negativen Auswirkungen. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob eine starke Handynutzung das Risiko von Hirntumoren erhöht. Die Mobiltelefonie existiere noch nicht lange genug, um diese Frage endgültig zu beantworten. Bisher sei jedoch kein signifikanter Anstieg bei diesen Erkrankungen zu beobachten. Detaillierte Informationen zum Forschungsstand zu 5G finden sich auf der Website des Bundesamts für Strahlenschutz.

Die Sebnitzer Stadträte stimmten schließlich mehrheitlich, mit Ausnahme der AfD-Fraktion, für den neuen Mobilfunkmast. Es sei richtig, dass die Bedenken der Bürger ernstgenommen und gleichzeitig wissenschaftliche Expertise eingeholt wurde, erklärte Paul Löser (Grüne). Ekkehard Schneider (CDU) verwies auf das massive Funkloch im fraglichen Bereich, das damit beseitigt werden könne. Rainer Böhme (Die Linke) erklärte, man müsse der Wissenschaft vertrauen.

Funkmast in Lichtenhain wird abgelehnt

Ein konkreter Bauantrag wurde vom Mobilfunkkonzern Telefónica bisher noch nicht eingereicht, lediglich eine Voranfrage für den Standort. Laut einem vorliegenden Mustervertrag soll der Antennenturm etwa 50 Meter hoch werden.

Anders fiel die Entscheidung für einen Mobilfunkmast in Lichtenhain aus. Dort wollte Vodafone im Bereich des Folgenwegs einen neuen Mast errichten. Dagegen regte sich massiver Widerstand im Ort, die Einwohner sammelten 143 Unterschriften gegen den gewünschten Standort, der sich ihrer Ansicht nach zu nahe an den Wohnhäusern befinde. Dem Beschlussvorschlag des Rathauses folgend, lehnte der Sebnitzer Stadtrat diesen Standort einstimmig ab.