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Dresdner Eislöwen wieder in der Krise: „Es reicht jetzt mit Ausreden“

Stellt sich beim Eishockey-Zweitligist aus Dresden die Trainerfrage? Sportdirektor Matthias Roos nimmt das Team in die Pflicht und stärkt Coach Corey Neilson den Rücken. Noch - und mit einer Auflage.

Von Alexander Hiller
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Ist Corey Neilson nach diesem Wochenende noch Cheftrainer der Dresdner Eislöwen? „Am Wochenende müssen zwei Siege her“, fordert Sportdirektor Matthias Roos.
Ist Corey Neilson nach diesem Wochenende noch Cheftrainer der Dresdner Eislöwen? „Am Wochenende müssen zwei Siege her“, fordert Sportdirektor Matthias Roos. © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Lediglich zwei der letzten zehn Spiele in der DEL2 konnten die Dresdner Eislöwen für sich entscheiden, acht gingen verloren. Die Serie ließ das Team von Trainer Corey Neilson von Platz vier auf aktuell den elften Tabellenplatz taumeln. Den negativen Höhepunkt setzten die ambitionierten Dresdner selbst, als sie am Dienstag in Bietigheim einen 5:1-Vorsprung – nach bis dahin starker Leistung – verspielten, vier Gegentreffer in den letzten zwei Minuten kassierten und 5:7 verloren.

Logische Konsequenz: Der Trainerstuhl von Eislöwen-Trainer Corey Neilson wackelt vor den beiden Partien am Freitag in Landshut und am Sonntag daheim gegen Krefeld. Seit zwei Wochen wird auch von einem Kern der Fanszene aktiv die Trennung von Neilson gefordert. „Wir müssen das in Bietigheim mit der Führung einfach cleverer spielen. Wir haben Schüsse nicht geblockt in den richtigen Momenten“, konstatierte Eislöwen-Profi Marco Baßler und nimmt sich von der Kritik selbst nicht aus.

Sportdirektor hält Brandrede in der Kabine

„Man hat den Eindruck gewinnen können, dass man zu siegessicher war. Sobald das passiert, wird das in den meisten Fällen auf dem Niveau bestraft“, erklärt der 24-jährige Stürmer. „Schüsse blocken ist eine Einstellungssache, das hat nichts mit Talent zu tun. Da nehme ich alle in die Verantwortung, auch mich. Jeder weiß jetzt genau, was nötig ist“, meint der gebürtige Landshuter.

Das will Sportdirektor Matthias Roos auch auf dem Eis sehen und hielt deshalb am Donnerstag vor dem Training eine Brandrede in der Kabine. „Das waren deutliche Worte. Man hat ein Spiel super im Griff, übersteht eine doppelte Unterzahl – dann schaffen wir es noch nicht einmal in die Verlängerung. Dafür habe ich null Verständnis“, sagte der gebürtige Krefelder und wird noch deutlicher: „Es ist jetzt gut, es reicht jetzt mit Ausreden. Es geht nur noch um eins für die Mannschaft: Kein Rumgequatsche oder Lamentieren mehr – es geht ums Abliefern. Am Wochenende müssen zwei Siege her.“

Für den anderen Fall – einen oder keinen Sieg – habe er noch kein Szenario. Sind die Partien gegen Landshut und Krefeld etwa Endspiele für Neilson als Cheftrainer der Eislöwen? „Ich gehe nur von Spiel zu Spiel. Meine Worte werden nicht jedem Spieler gefallen haben, ich erwarte einfach eine entsprechende Reaktion. Wenn die Reaktion nicht kommen sollte, mache ich mir danach Gedanken“, sagte Roos. Der wäre allerdings ein schlechter Sportdirektor, wenn er vor der Länderspielpause nicht auf einen Worst Case vorbereitet wäre.

Sportdirektor Matthias Roos hielt am Donnerstag eine Brandrede vor den Eislöwen-Profis und hofft auf eine entsprechende Reaktion.
Sportdirektor Matthias Roos hielt am Donnerstag eine Brandrede vor den Eislöwen-Profis und hofft auf eine entsprechende Reaktion. © www.loesel-photographie.de

Am Grundsystem von Neilson und Matthias Roos soll sich allerdings nichts ändern. „Wir ändern hier und da schon Details. Unter anderem auch gegen Bietigheim, die haben wir damit überrascht“, sagt der Sportdirektor. „Wir verstehen alle, was gut und was schlecht läuft. Als Trainer kann man immer sagen, man wirft jetzt alles über den Haufen. Dann wird es aber meist verrückt und endet in einem heillosen Durcheinander“, argumentiert Neilson und wirbt um Vertrauen in sich, seine Mannschaft und seine Spielidee.

Der Kanadier, erst im Mai als neuer Cheftrainer der Eislöwen vorgestellt, weiß ohnehin um die Mechanismen und ungeschriebenen Gesetze im Profisport: "Das ist Teil des Trainer-Daseins. Der Trainer ist das Glied in der Kette, das vielleicht am einfachsten auszutauschen ist. Das kenne ich mein ganzes Leben lang, damit muss man umgehen können. Ich werde an mir nichts ändern. Denn wenn ich jetzt etwas umschmeiße, wo soll dann das Vertrauen der Spieler herkommen", fragt der 47-Jährige.

Tragischer Tod eines Profis in England verlangt Balanceakt

Neilson will von seiner teilweise zu braven Mannschaft mehr Biss, mehr Kratzbürstigkeit, mehr Einsatz sehen. In Zeiten, in denen die Eishockey-Szene nach dem tragischen Tod von Adam Johnson über mehr Sicherheit debattiert, ein schwieriger Balanceakt. Johnson, Profi bei den Nottingham Panthers, war in einem Spiel der englischen Liga von einer Kufe eines Gegenspielers der Hals aufgeschlitzt worden – der 36-Jährige erlag am vergangenen Samstag seinen schweren Verletzungen.

Neilson war in der vergangenen Spielzeit noch Cheftrainer in Nottingham, sein Sohn Logan (20) spielt dort. „Ich habe das Spiel gesehen, einer der härtesten Momente in meinem Leben. Logan kommt mit der Situation nur schwer zurecht“, sagte der 47-jährige Anglo-Kanadier. „Dann komme ich am nächsten Tag in unsere Kabine und erzähle meinen Spielern: Bekämpft härter, spielt härter, checkt härter, geht volles Risiko. Unheimlich schwer, das in Relation zu setzen“, betonte Neilson.