Dresden. Die Tradition ist ein wichtiger Teil für das Selbstverständnis der SG Dynamo Dresden. Das wird im Leitbild festgehalten. "Unseren Erfahrungsschatz geben wir von Generation zu Generation weiter, unsere Geschichte erfüllen wir mit Leben. Vergangene Leistungen und ihre Protagonisten halten wir in Ehren", heißt es darin. Und so wird es auch während der Corona-Pandemie einen Traditionstag geben: zum Heimspiel gegen den MSV Duisburg am 17. April.
In diesem Jahr ist die vom Verein mit der aktiven Fanszene organisierte Themenwoche rund um das 68. Vereinsjubiläum am 12. April einer Dynamo-Legende gewidmet: Hans-Jürgen "Dixie" Dörner, der im Januar seinen 70. Geburtstag gefeiert hat. "Was Hans-Jürgen Dörner in all den Jahren für unsere Sportgemeinschaft
auf und neben dem Platz geleistet hat und immer noch leistet, sucht
seinesgleichen", erklärt Dynamo-Präsident Holger Scholze in einer Pressemitteilung.
Dörner ist mit insgesamt 867 Einsätzen zwischen 1968 und 1986 Rekordspieler und mit 396 Partien der Rekordhalter als Kapitän bei den Schwarz-Gelben, je fünfmal gewann er den DDR-Meistertitel und den Pokal, bestritt 65 Europapokalspiele. Mit der DDR-Nationalmannschaft wurde er 1976 in Montreal Olympiasieger, mit 100 Länderspielen hat er so viele wie kein anderer Dresdner bis 1990, später erreichte Ulf Kirsten mit der DFB-Auswahl ebenfalls diese besondere Marke.
Vergleich mit Beckenbauer hinkt
Als Libero hatte Dörner Weltklasse-Format, mit dem Vergleich als "Beckenbauer des Ostens" kann er jedoch wenig anfangen. Sie seien zwei unterschiedliche Spielerpersönlichkeiten in verschiedenen
Mannschaften und gegensätzlichen Systemen gewesen. "Bei uns gab es
keine Stars, die medial gepusht wurden“, sagt "Dixie", der 1986 seine Karriere beenden musste, als Eduard Geyer Trainer bei Dynamo wurde. Danach arbeitete er als Trainer zunächst im DDR-Nachwuchs, dann als Assistent von Berti Vogts bei der deutschen Nationalmannschaft. In Ägypten wurde er mit Al Ahly Kairo Pokalsieger und Vizemeister, Werder Bremen führte er aus der Abstiegszone.
Die negativen Erfahrungen beim FSV Zwickau und VfB Leipzig nahmen ihm jedoch die Freude an diesem Job. Seine große Leidenschaft bleibt aber der Nachwuchs, seit einigen Jahren ist er mit der Dynamo-Fußballschule unterwegs. Die Feriencamps mussten jedoch zuletzt coronabedingt ausfallen. "Das fehlt, weil ich sehr gerne mit der Jugend trainiere", sagt "Dixie". "Dadurch bin ich jung geblieben, die Bewegung hält mich fit." So spielt er für die Traditionsmannschaft, was „immer noch Spaß gemacht“ hat, im Moment aber genauso unmöglich ist. "Mal sehen, wenn diese Pandemie vorbei ist, ob es überhaupt noch geht", meinte Dörner zu seinem 70. Geburtstag im Januar augenzwinkernd.
Seit dem 12. April 2013 wird Dörner für seinen Anteil an der erfolgreichsten Ära der SGD als Ehrenspielführer gewürdigt. "Dabei hat er nie die Bodenhaftung verloren und sich auch nach seiner
aktiven Karriere auf seine feine menschliche Art stets für die Belange
unseres Vereins eingesetzt", betont Scholze. Sein fortschreitendes Lebenswerk zu würdigen, sei "eine herausragende Idee" und ein fantastischer Rahmen für den mittlerweile 5. Traditionstag.
Dokumentarfilm und ein Geheimnis
Dabei wird zum ersten Mal eine Person in den Mittelpunkt gestellt, was angesichts seiner Verbundenheit mit dem Verein durchaus angemessen erscheint. Dörner hat sich immer für die Belange von Dynamo eingesetzt, es gab allerdings auch Zeiten, in denen er wie auch die anderen Vereinslegenden nicht eingebunden waren wie in den 1990-er Jahren unter Präsidenten wie Rolf-Jürgen Otto aus dem Westen.
Das hat sich in den vergangenen 10, 15 Jahren geändert, Dörner wurde im November 2013 erstmals und mit den meisten Stimmen von der Mitgliederversammlung in den Aufsichtsrat gewählt und vertritt in dem Kontrollgremien seitdem die sportliche Seite, hat sich auch zur Trennung von Ralf Minge im Juni vorigen Jahres positioniert.
Laut Vereinsmitteilung wird extra ein Dokumentarfilm über Dörner produziert und eine "Dixie"-Kollektion im Dynamo-Fanshop angeboten. Den Höhepunkt soll es dann zum Spiel gegen Duisburg geben, wobei der vorerst geheim bleibt. Es werde feierlich, heißt es - allerdings wohl ohne Zuschauer im Stadion. Möglicherweise bereiten die Ultras eine Choreografie vor. Die aktive Fanszene hat die Traditionstage maßgeblich mit initiiert und in den vergangenen Jahren viele Aktionen gestartet, um an die Geschichte zu erinnern und damit die Tradition zu bewahren.
So wurde zum ersten Traditionstag 2017 die Ehrengalerie an der Haupttribüne im Rudolf-Harbig-Stadion enthüllt, ein Jahr später der Gedenkstein für Meistertrainer Walter Fritzsch an einem würdigen Platz am Stadion-Zugang aufgestellt. In Talkrunden wurde aber nicht nur über die Vergangenheit geredet, sondern diskutiert, wie die Vereinsarbeit aktuell läuft und in Zukunft gestaltet werden sollte.
Dynamo ist mit rund 23.000 Mitgliedern der größte Verein in Sachsen, wenn auch nicht mehr die Nummer eins im Osten. Union Berlin hatte sich mit dem Bundesliga-Aufstieg 2019 an die Spitze gesetzt. Wenn Dynamo die Rückkehr in die zweite Liga gelingt, dürfte auch dieses Rennen noch mal neu eröffnet werden.
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