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Was Dynamo und den HSV verbindet

Zuletzt haben die einen den anderen aus dem DFB-Pokal geworfen. Jetzt gibt es ein hintergründiges Nachspiel - zum Hören. Die Geschichte zweier Traditionsvereine.

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Beim Pokalspiel von Dynamo gegen den Hamburger SV waren im September 10.053 Fans im Rudolf-Harbig-Stadion. Beide Traditionsvereine haben eine wechselvolle Geschichte.
Beim Pokalspiel von Dynamo gegen den Hamburger SV waren im September 10.053 Fans im Rudolf-Harbig-Stadion. Beide Traditionsvereine haben eine wechselvolle Geschichte. © dpa/Robert Michael

Dresden. Der Titel der Sendung passt: "Nachspiel". Unter dieser Rubrik bringt der Deutschlandfunk Kultur regelmäßig Reportagen und Berichte über die Hintergründe des aktuellen Sportgeschehens. Der Beitrag, der am vorigen Sonntagabend ausgestrahlt wurde, hat zwar eine längere Vorlaufzeit, aber mit dem Ereignis vom September 2020 nichts zu tun.

Damals traf Dynamo im DFB-Pokal auf den Hamburger SV, die Dresdner gewannen das Duell der Partnerstädte sensationell klar mit 4:1. Um dieses Spiel geht es jedoch nicht in dem Beitrag von Knut Benzner, der Journalist vergleicht vielmehr die wechselvolle Geschichte der beiden Traditionsvereine von der Elbe und findet dabei erstaunliche Parallen - vor allem in den personellen Turbulenzen, die sich bei Dynamo vor allem auf die Nachwendezeit beziehen und beim HSV bis in die Gegenwart reichen. Er arbeitet die Zusammenhänge auf zwischen Misswirtschaft und Misserfolg.

Bei Dynamo ist das Anfang der 1990er-Jahre mit einem Namen verbunden: Rolf-Jürgen Otto, er sei das Synonym des „Wessis“, der 1991 über die „Ossis“ hergefallen war, kommentiert der Autor. Otto zockte auf der Rennbahn und in der Spielhalle, er veruntreute Geld aus der eigenen Baufirma, war Stadtrat der FDP, vergraulte Vereinsidole wie Reinhard Häfner, Klaus Sammer sowie Ralf Minge – und den gleich zweimal.

Otto verspricht Millionen und hinterlässt einen Schuldenberg

"Der Verein hat sich von diesen Machenschaften, die damals gelaufen sind, lange nicht erholen können", sagt Sven Geisler. Der Sportredakteur von Sächsische.de wurde als einer befragt, der seit mehr als zwei Jahrzehnten über Dynamo berichtet und an fünf Büchern über die Vereinshistorie mitgeschrieben hat. Er bestätigt die These, dass die Vereine im Osten mit dem radikalen Systemwechsel überfordert waren: logistisch, organisatorisch, finanziell. "Sie wurden dabei nicht ausreichend unterstützt. Möglicherweise hätten sie sich auch nicht helfen lassen, außer eben von bestimmten Personen, die sich großzügig als Gönner präsentiert haben, bei denen dann leider oft wenig dahinter war. "

Rolf-Jürgen Otto war von Januar 1993 bis August 1995 Präsident bei Dynamo. Der Bauunternehmer aus Hessen kam als Retter und hinterließ den Verein mit einem Schuldenberg, Lizenzentzug und Zwangsabstieg in die damals drittklassige Regionalliga.
Rolf-Jürgen Otto war von Januar 1993 bis August 1995 Präsident bei Dynamo. Der Bauunternehmer aus Hessen kam als Retter und hinterließ den Verein mit einem Schuldenberg, Lizenzentzug und Zwangsabstieg in die damals drittklassige Regionalliga. © Frank Dehlis

Wie eben jener Otto: Frankfurter Kneipenbesitzer, Boxveranstalter und Bauunternehmer, damals 53. Bei seiner Wahl zum Präsidenten im Januar 1993 gefeiert, weil er Millionen versprach. Doch 1995 hinterließ er einen Schuldenberg von umgerechnet mehr als neun Millionen Euro. Dynamo wurde die Lizenz entzogen, nach dem sportlichen Abstieg aus der Bundesliga ging es direkt runter bis in die drittklassige Regionalliga. Otto, der Machtmensch, starb 2016 im Alter von 75 Jahren - es soll ein einsamer Tod gewesen sein.

Als Quellen kommen in dem Beitrag Zeitzeugen zu Wort wie Klaus Sammer, der bei Dynamo vor und nach dem politischen Umbruch als Trainer geheuert und gefeuert worden ist.

Die ständigen Wechsel auf der Bank sind ein Thema. Nach Reinhard Häfner, der die Dresdner nach den Abgängen von Matthias Sammer (VfB Stuttgart), Ulf Kirsten (Bayer Leverkusen), Hans-Uwe Pilz, Andreas Trautmann und Matthias Döschner (alle Fortuna Köln) durch die Qualifikation und in die Bundesliga geführt hat, wurde nach dem Erfolg 1992 entlassen und durch Helmut Schulte, einen westdeutschen Chefcoach, ersetzt. Es folgten 36 andere. Darunter einige Altinternationale aus beiden Teilen Deutschlands, mal für ein paar Wochen, mal für ein paar Monate.

Erwartungen aus den Erfolgen der Vergangenheit

Sammer nennt einen Grund: "Bei Dynamo kommt noch dazu – und sicherlich auch irgendwo beim HSV, vielleicht sind die Vereine da vergleichbar –, dass die Erwartungen aus der Vergangenheit, aus den Erfolgen von einst herrühren, und aktuell handelnde Personen inklusive Trainer daran gemessen werden."

Die Dynamo-Spieler Udo Schmuck, Hartmut Schade, Ralf Minge und Torsten Gütschow (v. l.) tragen ihren Erfolgstrainer Klaus Sammer nach dem Pokalsieg 1984 auf den Schultern. Im Finale hatten die Dresdner den BFC Dynamo mit 2:1 besiegt, ein Jahr später gewan
Die Dynamo-Spieler Udo Schmuck, Hartmut Schade, Ralf Minge und Torsten Gütschow (v. l.) tragen ihren Erfolgstrainer Klaus Sammer nach dem Pokalsieg 1984 auf den Schultern. Im Finale hatten die Dresdner den BFC Dynamo mit 2:1 besiegt, ein Jahr später gewan © Volker Santrucek

Aber auch Sammer, 79 Jahre, hat einen klaren Anspruch an den Verein, für den er von 1965 bis 1975 gespielt, mit dem er 1971 das erste Double aus Meisterschaft und Pokal gewonnen hat und als Trainer 1984 und 1985 jeweils im Finale gegen den BFC Dynamo den Pokal gewonnen hat. "Dresden ist und bleibt eine Fußballstadt, das war früher schon so, mit Höhen und Tiefen", sagt er, aber: "Ich bin davon fest überzeugt: Dresden gehört in die Bundesliga. Punkt."

Dem Hamburger SV wünscht Sammer, dass auch diese Traditionsmannschaft bald wieder in der ersten Liga spielt. Wenn man in der Sendung die Namen hört, die mit dem HSV verbunden waren und sind, erscheint es umso trauriger, dass der Bundesliga-Dino 2018 zum ersten Mal abgestiegen ist. Auch dieses Kapitel deutscher Fußballgeschichte wird in dem Beitrag aufgearbeitet. (SZ)

Den kompletten Beitrag zum Nachhören gibt es hier.

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