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Shorttrack-Weltcup in Dresden: Tolle Stimmung, viele Stars - und ein Comeback

Kein deutscher Starter erreicht beim Shorttrack-Weltcup in Dresden das Halbfinale. Dennoch gibt es Hoffnung – aus Korea. Und ein Olympia-Star feiert an der Elbe ein starkes Comeback nach einem Unfall auf dem Eis.

Von Alexander Hiller
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Die deutschen Starter liefen beim Shorttrack-Weltcup der Weltspitze noch ein Stück hinterher - wie hier in der Männer-Staffel. Doch das elfköpfige Team ist auch extrem jung.
Die deutschen Starter liefen beim Shorttrack-Weltcup der Weltspitze noch ein Stück hinterher - wie hier in der Männer-Staffel. Doch das elfköpfige Team ist auch extrem jung. © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Die Stimmung beispielhaft, die Weltspitze versammelt – die deutsche Ausbeute allenfalls ausbaufähig. So könnte man den Shorttrack-Weltcup in Dresden auf einen kurzen Nenner bringen. Von Freitag bis Sonntag gaben 196 Sportler aus 30 Nationen in der Joynext-Arena kurz vor der Weltmeisterschaft in Rotterdam (15. bis 17. März) vor insgesamt fast 8.000 Zuschauern an drei Tagen eindrucksvolle Nachweise ihres Könnens ab.

Dazu gehörte zweifellos auch der Auftritt von Hollands Superstar Suzanne Schulting. Die 26-jährige Dreifach-Olympiasiegerin gab ausgerechnet in Dresden ihr Comeback nach einer langen Zwangspause. Anfang November wurde der Ausnahmeathletin bei einem Trainingssturz vom Schlittschuh ihrer Teamkollegin Xandra Velzeboer der Rücken aufgeschlitzt.

Durch den speziellen Schutzanzug der Kurzbahn-Eisschnellläufer erlitt Schulting „nur“ eine 15 Zentimeter lange Schnittwunde am Rücken, Muskel- oder Nervenstränge wurden nicht beschädigt. Aber eine lange Pause war fällig. Aus der verabschiedete sich Schulting in Dresden mit Rang drei über 1.500 Meter, Silber über 1.000 Meter und Gold mit der Staffel.

Hollands Dreifach-Olympiasiegerin Suzanne Schulting gab nach einem schweren Trainingsunfall ihr Wettkampf-Comeback in Dresden.
Hollands Dreifach-Olympiasiegerin Suzanne Schulting gab nach einem schweren Trainingsunfall ihr Wettkampf-Comeback in Dresden. © ronaldbonss.com

Die deutsche Bilanz fiel beim insgesamt zehnten Dresdner Shorttrack-Weltcup bescheiden aus, was freilich nicht unerwartet kommt. Weil die mit Abstand beste deutsche Athletin der letzten zehn Jahre, die Dresdnerin Anna Seidel (25), in dieser Saison eine Karrierepause einlegt, stehen junge und weitestgehend unerfahrene Läufer in der Verantwortung.

Das elfköpfige deutsche Weltcup-Team kommt auf ein Durchschnittsalter von gerade einmal 20 Jahren. Kein Athlet der Deutschen Eisschnelllauf- und Shorttrack-Gemeinschaft schaffte bei den vier Einzel-Starts über 500 m, 1.000 m (zweimal) und 1.500 Meter den Sprung ins Halbfinale. Spätestens im Hoffnungslauf nach dem Viertelfinale war Endstation.

Für Bundestrainerin Katarina Novotna zählen derzeit andere Fortschritte. Für Robin Bendig (23), Lukas Kobuch (19) Betty Moeske (20) oder Rafael Schlossarek (18) sprangen persönliche Bestzeiten heraus – wie auch für die erst 17-jährige Dresdnerin Paula Kuhnt-Torzewski. „Jede noch so kleine Verbesserung ist wichtig“, betonte Novotna. Dass alle drei deutschen Staffeln (Frauen, Männer, Mixed) die Halbfinals verpassten und damit deren WM-Chance auf ein Minimum schrumpfte, ist eine der Enttäuschungen von Dresden.

Deutschlands bester Shorttracker ist jetzt auch Deutscher

Denn der Rückstand zur Weltspitze ist für die Deutschen ohne Anna Seidel groß. Den Abstand könnten allerdings zwei gebürtige Koreaner verringern: die Geschwister Ben Yanghun Jung (21) und Myeongbi Jung (19). Aufgrund von gerade erst ausgeheilten Achillessehnenverletzungen konnten die Geschwister beim Weltcup nur in den Staffeln (Ben) oder noch gar nicht (Myeongbi) eingesetzt werden.

Seit es ihren Vater 2017 als Ingenieur bei Bosch von Daejeon nach Erlangen verschlug, trainieren beide Talente am Bundesstützpunkt in Dresden. Und mittlerweile zählen Ben und Myeongbi Jung zu den deutschen Shorttrackern mit den besten Zukunftsaussichten. Ein Start bei Olympia war den beiden Koreanern aber bislang nicht möglich.

Ben Yanghun Jung ist seit vergangenen Mittwoch offiziell deutscher Staatsbürger - und darf damit auch bei Olympia starten.
Ben Yanghun Jung ist seit vergangenen Mittwoch offiziell deutscher Staatsbürger - und darf damit auch bei Olympia starten. © © by Matthias Rietschel

Denn dafür ist die deutsche Staatsangehörigkeit zwingend erforderlich. Diese Hürde hat zumindest Ben Yanghun Jung nun überwunden. Nach vier Jahren Bearbeitungszeit erhielt der 21-Jährige zwei Tage vor dem Weltcup seinen deutschen Pass – als erster Spitzensportler der Landeshauptstadt. Jung sprach bei einer Pressekonferenz auch seine dazugehörige Loyalitätserklärung. „Hinter meiner Einbürgerung steckt viel Arbeit, das weiß ich. Deshalb möchte ich mich bei allen Menschen bedanken, die dabei geholfen haben“, sagte er.

Als wahrscheinlich gilt, dass auch seine Schwester bald eingebürgert wird. „Ich gehe davon aus, dass wir das noch in diesem Jahr durchziehen können“, sagte Diana Gräfe, Sachgebietsleiterin für Staatsangehörigkeitsangelegenheiten in Dresden. „Ich freue mich, dass das geklappt hat – und er damit die Perspektive hat, bei Olympia starten zu können“, sagte DESG-Sportdirektorin Nadine Seidenglanz.