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Schlechtes Wetter, wenig Stimmung: Was die Skeletonis an der WM stört

Alle reden über Bob. Doch auch die Skeletonis fahren in Winterberg ihre WM aus. Der Olympiazweite Axel Jungk aus Dresden kritisiert den Zeitplan, seine Oberbärenburger Teamkollegin Susanne Kreher hadert mit dem Wetter.

Von Tino Meyer
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Hin- und hergerissen ist Axel Jungk bei der WM in Winterberg. Da sind zum einen seine wechselhaften Leistungen, da ist zum anderen aber auch das Unverständnis über den Zeitplan des Weltverbandes.
Hin- und hergerissen ist Axel Jungk bei der WM in Winterberg. Da sind zum einen seine wechselhaften Leistungen, da ist zum anderen aber auch das Unverständnis über den Zeitplan des Weltverbandes. ©   dpa/Robert Michael

Winterberg. Die Vorfreude auf diese Skeleton-WM in Winterberg ist nicht größte gewesen bei Axel Jungk, dem Olympiazweiten 2022 vom BSC Sachsen Oberbärenburg. Das Wetter mies, dazu die WM-Rennen zu Zeiten, die Zuschauen praktisch unmöglich machen. "Eine Weltmeisterschaft am Donnerstag und Freitag: Welche Sportart macht das", fragt Jungk - und gibt die Antwort gleich selbst: "Wir."

Nach dem ersten Lauf ist die Laune des 32-jährigen Dresdners schließlich endgültig dahin. Fast eine Sekunde liegt er bei acht Grad Celsius und Nieselregen hinter dem führenden Christopher Grotheer aus Oberhof zurück, das ist vergleichbar mit einem 0:3 im Fußball nach 20 Minuten. Jungk winkt ab.

Wieder hat er in der Bahn viel Zeit verloren. Selbst die Top acht, so etwas wie sein Minimalziel, rückt in weite Ferne. "Das war eine Katastrophe, danach hatte ich mit der WM fast schon abgeschlossen", meint Jungk und spricht vom schlechtesten Lauf überhaupt in dieser Saison in Winterberg, wo die deutsche Mannschaft in Summe sechs Wochen trainiert hat - deutlich mehr als alle anderen.

Olympiasieger Christopher Grotheer liegt nach zwei von vier Läufen bei der WM in Führung. Gewinnt er, zieht der Oberhofer mit Rekordweltmeister Martins Dukurs aus Lettland gleich.
Olympiasieger Christopher Grotheer liegt nach zwei von vier Läufen bei der WM in Führung. Gewinnt er, zieht der Oberhofer mit Rekordweltmeister Martins Dukurs aus Lettland gleich. © dpa/Robert Michael

Nach dem zweiten Lauf bei strömendem Regen sieht es zumindest sportlich wieder besser aus. Mit der zweitbesten Zeit hat sich Jungk von Rang elf auf fünf vorgefahren - und hat nur noch 0,12 Sekunden Rückstand auf Rang drei. Um nochmal den Fußballvergleich zu bemühen: Das ist fast weniger als ein 0:1 zur Halbzeit.

Dass es am Freitag, wenn in den WM-Läufen drei und vier die Entscheidung fällt, zumindest wettertechnisch besser wird, könnte ihm entgegenkommen - und auch seiner Oberbärenburger Teamkollegin Susanne Kreher nützen. Die 25-Jährige ist ebenfalls Fünfte mit 0,14 Sekunden Rückstand auf die unerwartet in Führung liegende Hallie Clarke aus Kanada.

Jungks Kritik: Weltverband ist Skeleton egal

"Die Kufen waren für das Wetter nicht optimal, aber die Fahrten waren gut. Wenn ich das nochmal so hinbekomme, dann ist der Angriff nach vorne auf jeden Fall möglich", sagt Kreher, die vor einem Jahr bei der WM in St. Moritz völlig überraschend zum Titel fuhr. Doch St. Moritz, betont sie immer wieder, sei nicht Winterberg.

Was beide Weltmeisterschaften verbindet: Der Zeitplan des Weltverbands IBSF - den auch Bundestrainer Christian Baude kritisiert. "Ich bin sehr enttäuscht über die Planung", sagt der 41-Jährige im Gespräch mit dem Sportinformationsdienst: "Jeder weiß, dass die Hauptübertragungszeiten im Fernsehen am Wochenende sind und dass dann auch mehr Zuschauer an der Bahn sind."

Jungk bestätigt das und erzählt "von der Einzigartigkeit im Skeleton". Er meint seinen Fanclub: Mitunter bis zu 100 Leute, die ihn lautstark und in ihren orangenen Shirts auch unübersehbar bei den Rennen in Deutschland unterstützen. "Doch wegen der schlechten Organisation der IBSF müssen sich immer alle dafür Urlaub nehmen. Dafür bin ich denen sehr dankbar, denn das ist keine Selbstverständlichkeit", sagt Jungk.

Bei der WM in Winterberg ist der Fanclub, angeführt von seinem Bruder, nun auf wenige Unterstützer geschrumpft. "Ich kann nicht verlangen, dass sich die Leute für mich drei, vier Tage Urlaub im Jahr nehmen", meint Jungk - und redet sich in Rage: "Und ich kann es nur immer wieder sagen: Ein Sportevent gehört nicht auf den Donnerstag, sondern auf den Donnerstag oder Freitag, allerschlimmstens auf Freitagabend. Da reden wir seit Jahren vergeblich, der IBSF ist Skeleton total egal."

Als Titelverteidigerin geht Susanne Kreher bei der WM an den Start - und hat zur Halbzeit zumindest gute Chancen, eine Medaille zu gewinnen.
Als Titelverteidigerin geht Susanne Kreher bei der WM an den Start - und hat zur Halbzeit zumindest gute Chancen, eine Medaille zu gewinnen. © dpa/Robert Michael

Gemeinsam mit der Bob-Sparte reisen die Skeletonis von Weltcup zu Weltcup, tragen ihre Rennen jedoch stets am Freitag aus, während die Bobrennen am Wochenende stattfinden. So ist es auch bei der WM wieder. Lediglich das abschließende Mixed-Team-Event ist für den späten Samstagnachmittag angesetzt - nach zuvor vier Bobläufen. "Man hat es jetzt auch beim Weltcup in Altenberg gesehen, wie voll die Bahn am Sonntag beim Bobrennen war und wie leer es bei uns war", sagt Baude.

Bundestrainer Christian Baude möchte in jeder Disziplin eine Medaille

Dass eine Trennung der beiden Sportarten nur schwer umsetzbar ist, weiß aber auch er. "Es ist finanziell schwer zu stemmen, dass wir im Skeleton eine eigene Rennserie machen. Man müsste vielleicht die Rennzeiten ein bisschen verschieben, sodass auch freitags mal ein Bobrennen ist und dafür am Samstag oder Sonntag ein Skeletonrennen", meint Baude.

Unabhängig von Wetter, Stimmung und auch Material bleibt seine sportliche Vorgabe. "Zielsetzung ist ganz klar, dass wir bei jeder Disziplin, Männer, Frauen und im Team um die Medaille mitkämpfen wollen", sagt der Bundestrainer. Vor allem die Olympiasieger Hannah Neise, Dritte zur Halbzeit, und der in Führung liegende Grotheer haben bei den Gastgebern dieser Heim-WM die besten Chancen.