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3G wird abgeschaltet - und nun?

Der veraltete Standard hat ausgedient. Das bekommen auch die Nutzer von Smartphones in Sachsen zu spüren. Wer betroffen ist – und was man tun kann.

Von Andreas Rentsch
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Der veraltete 3G-Mobilfunkstandard wird abgeschaltet.
Der veraltete 3G-Mobilfunkstandard wird abgeschaltet. © ZB

Bis zum Sommer 2021 läuft es noch, dann endet ein Kapitel deutscher Mobilfunkgeschichte: Betreiber wie Vodafone, Telekom und Telefónica schalten ihre 3G-Netze ab. Aus Sicht der Konzerne ist der vor 17 Jahren eingeführte Standard überflüssig geworden und behindert den Ausbau schnellerer Netze. Nutzer älterer Smartphones, Sim-Karten oder Verträge könnten dadurch allerdings Probleme bekommen.

Wann genau schalten die Mobilfunkbetreiber ihre Netze ab?

Die Deutsche Telekom und Vodafone nennen jeweils den 30. Juni kommenden Jahres als Starttermin für die Außerbetriebnahme ihres 3G-Netzes. Telefónica beginnt noch vor Ende dieses Jahres, die ersten 3G-Standorte abzuschalten. Hinziehen soll sich dieser Prozess bis Ende 2021.

Was bedeutet das für mich als Mobilfunkkunden?

Viele werden vermutlich wenig von dem Umbau mitbekommen, weil sie jetzt schon den Nachfolgestandard LTE oder sogar 5G nutzen. Die Übrigen haben ein Problem: Internetnutzung über 3G (UMTS) wird unmöglich. Unterstützen die Sim-Karte oder das verwendete Gerät kein LTE, surfen die Betroffenen nur noch extrem langsam. Bei einem Rückfall ins Vorgängernetz 2G (GSM) reicht das Tempo nicht einmal mehr aus, um eine Internetseite zu laden. Zum Vergleich: LTE als Mobilfunkstandard der vierten Generation (4G) schafft in der Praxis bis zu 300 Megabit je Sekunde, der Nachfolger 5G in der Spitze noch einmal ein Vielfaches davon.

Wer nutzt den 3G-Standard heutzutage überhaupt noch?

Wie viele Nutzer veraltete Geräte oder Sim-Karten verwenden, lässt sich schwer schätzen. Eine grobe Orientierung bieten Zahlen, die für eine aktuelle Marktanalyse des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) erhoben worden sind. Demnach gab es zuletzt noch 34,2 Millionen aktive Sim-Karten, die nicht in der Lage sind, sich ins LTE-Netz einzubuchen. Das würde bedeuten, dass etwa jede Dritte in Deutschland verwendete Karte bald veraltet wäre. Diesen Anteil halte er jedoch für zu hoch, sagt Thorsten Neuhetzki vom Fachportal Inside Digital. „Hier hat sich seit der Erhebung der Zahlen schon wieder viel getan. Zudem sind in dem Wert viele Sim-Karten eingerechnet, die in Maschinen verbaut sind und die nur SMS verschicken und empfangen.“ Veraltete Sim-Karten bekommt man kostenlos getauscht.

Wie prüfe ich, ob Sim-Karte oder Handy veraltet sind?

Die Telekom hat laut eigenen Angaben 2004 die letzten nicht LTE-fähigen Karten ausgegeben. Die fragliche Karte müsste also über 15 Jahre alt sein. Bei den Smartphones gehören das iPhone 4 von Apple und eine Modellserie des Samsung Galaxy S3 zu den jüngsten Geräten ohne LTE-Modul. Probleme könne es beispielsweise aber auch bei iPhone 5 geben, sagt Neuhetzki. Das darin verbaute LTE-Modul kann nur im 1.800-Megahertz-Frequenzbereich funken.

Manche Mobilfunkbetreiber nutzen aber auf dem flachen Land ein anderes Frequenzband. Ergebnis: Surfen mit LTE-Speed fällt flach. Tatsächlich gebe es hierzulande noch viele 3G-Geräte, sagt Telekom-Manager Christian Kirchner. Die meisten jedoch lägen hauptsächlich in Schubladen.

Wer überprüfen will, ob das eigene Handy LTE-tauglich ist, muss dessen IMEI-Nummer in Erfahrung bringen. Dieser einzigartige, 15-stellige Code wird angezeigt, wenn man in der Telefonie-Wählfunktion die Zeichenfolge *#06# eingibt und danach auf die Anrufen-Schaltfläche tippt. Um die gewünschten Informationen zu erhalten, muss man die jetzt angezeigte IMEI noch auf Seiten wie www.imei.info oder imei24.com eingeben. Auch unter www.telekom.de/hilfe/3g-abschaltung/ findet sich ein IMEI-Checker.

Funktionieren 3G-Endgeräte bald gar nicht mehr?

Nein, so ist es nicht. Sie taugen nur nicht mehr zum mobilen Surfen – zum Telefonieren und Verschicken von SMS aber schon. Das liegt daran, dass das Vorgängernetz von 3G immer noch existiert. Der Standard Global System for Mobile Communications (GSM) bleibe als Sicherheitsnetz erhalten, erklärt Christian Kirchner. GSM, auch 2G genannt, ist laut Telekom für 99 Prozent der Bevölkerung in Deutschland verfügbar. Bisher gebe es keine Pläne für eine 2G-Abschaltung hierzulande, sagt ein Konzernsprecher. Andere Länder, darunter die Schweiz, gehen einen anderen Weg. Hier wird das 2G-Mobilfunknetz Ende 2020 außer Betrieb genommen.

Worauf muss man beim Kauf eines neuen Smartphones achten?

Hinsichtlich der LTE-Fähigkeit der Geräte könne man wenig falsch machen, sagt Thorsten Neuhetzki. Wichtig sei, dass ein Smartphone die LTE-Bänder 1, 3 und 20, also die Frequenzbereiche um die 2.100, 1.800 und 800 Megahertz, unterstützt. „Das tut aber nahezu jedes Smartphones, die in den letzten fünf Jahren verkauft worden sind. Nur einige Exoten tanzen hier aus der Reihe.“ Wer sich unsicher ist, sollte diese Spezifikation im Datenblatt des Geräts suchen.

Ist das LTE-Netz tatsächlich flächendeckend ausgebaut?

Ja, versichern die Mobilfunkbetreiber mit Verweis auf die von der Bundesnetzagentur geforderten Ausbauquoten. Die Aufsichtsbehörde hatte die Vergabe von Lizenzen für schnelle Netze mit der Bedingung verknüpft, dass bundesweit mindestens 98 Prozent und in den einzelnen Ländern mindestens 97 Prozent aller Haushalte mit Downloadgeschwindigkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgt sein müssen. In Sachsen liegt die Quote für Vodafone bei 99, für die Telekom bei 98,3 und Telefónica bei 97 Prozent. Telefónica hat mit seinem 02-Netz eine starke Aufholjagd hingelegt. Anfang 2020 lag die Abdeckung noch 15 Prozentpunkte niedriger.

Wird mein Vertrag mit dem Wechsel auf LTE nun teurer?

„Nicht, wenn der Provider von sich aus LTE freigeschaltet hat“, sagt Neuhetzki. Im Gegenteil: Manche Kunden könnten sogar sparen. Und zwar jene, die in der Vergangenheit für ein paar Euro extra eine LTE-Option hinzugebucht haben. Die könnten sie nun kündigen, sagt Neuhetzki.

Kündigen die Betreiber das Ende von 3G auch noch selbst an?

Ja. Die Bundesnetzagentur habe alle Unternehmen aufgefordert, „ihre Kunden frühzeitig zu informieren, damit ein Umstieg beziehungsweise eine Umrüstung auf andere Technik reibungslos erfolgen kann“, sagt Behördensprecher Michael Reifenberg. Technisch sei es übrigens problemlos möglich, Anwender mit alten Handys und nennenswertem UMTS-Datenverbrauch zu identifizieren und gezielt zu kontaktieren, sagt Thorsten Neuhetzki.

Warum ist die Abschaltung überhaupt notwendig?

3G werde verschwinden, nicht jedoch die vorhandenen Sendemasten und Frequenzbereiche, sagt Thorsten Neuhetzki. „Auf diese Masten kommen jetzt Antennen für LTE und 5G.“ Letztlich dient die Abschaltung der alten Technik genau diesem Ziel: Frequenzen für schnelleren Mobilfunk freizuräumen. Dieser Umbau schreite trotz der Coronakrise gut voran, versichern die Provider. Vodafone beispielsweise will bis Mitte 2021 in Sachsen rund 20 Neubauten für LTE in Betrieb nehmen. Zudem soll an insgesamt 160 Punkten die Abdeckung verbessert oder die Netzkapazität erhöht werden.

Wie hoch ist die 5G-Abdeckung in Sachsen?

Laut Vodafone waren Ende November knapp 23 Prozent aller sächsischen Haushalte mit 5G versorgt. Die Deutsche Telekom nennt momentan eine Quote von rund 65 Prozent. Telefónica hat Anfang Oktober mit dem 5G-Ausbau begonnen, vorerst jedoch nur in 15 deutschen Großstädten. Dresden, Leipzig und Chemnitz sind nicht darunter.

Sind Sie noch auf 3G/UMTS angewiesen, wenn Sie mobil online gehen? Schreiben Sie uns (bitte Wohnort angeben) von Ihren Erfahrungen: [email protected]