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Dresden baut bereits am nächsten Mobilfunk

Wie werden wir künftig mit der IT, KI und Co. leben? 5G-IEEE ist die wichtigste Konferenz dafür. Sie bereitet schon die nächste Generation mobiler Technik vor.

Von Stephan Schön
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5G wird zwar eben erst aufgebaut. Da arbeitet die Wissenschaft bereits am nächsten Stanrd: 6G. Dresden ist führend dabei.
5G wird zwar eben erst aufgebaut. Da arbeitet die Wissenschaft bereits am nächsten Stanrd: 6G. Dresden ist führend dabei. © imago

Dresden. Sie bekommen nie genug. Nie geht es ihnen ausreichend schnell. Seit Jahren sind die Entwickler des Mobilfunks dem Datenhunger der ganzen Gesellschaft hinterher. GPRS, 3G, 4G und nun 5G. Selbst das reicht längst nicht mehr, und ist ja noch nicht einmal richtig etabliert.

In Dresden wird derzeit die Zukunft neu definiert. 500 Forscher und Top-Manager der IT treffen sich diese Woche hier zum weltweiten Mobilfunkgipfel. Mehr als 40 Staaten sind bei der diesmal digitalen Konferenz dabei. „Kommendes Jahr aber sind sie alle wieder in Dresden. Die Messe haben wir dafür schon gebucht“, sagt Gerhard Fettweis, einer der Anstifter zum bedeutendsten Mobilfunk-Summit 5G-IEEE.

Der Elektrotechnik-Professor der TU Dresden leitet das Barkhausen Institut, eine unabhängige Forschungseinrichtung in Dresden. Dort geht es längst um die nächste Generation Mobilfunk und dessen neuartige Anwendungen mit Sensoren und autonomen Geräten. Was also passiert als nächstes, nach 5G?

Gipfeltreffen der digitalen Zukunft

Mal zerrt die Industrie, dann sind es wieder die privaten Nutzer. Je nachdem, was für Anwendungen soeben aus den digitalen Laboratorien kommen, wachsen die Anforderungen an mobile Datennetze.

Fakt ist, jede neue Technologiegeneration verschlingt mindestens das Hundertfache an Bits und Bytes. Es geht zudem um sichere Daten in kritischen Infrastrukturen für Firmen mit Clouds. Immer mehr, immer schneller. Vor allem immer mobiler.

Das Kabel aus der Wand, das war einmal. Während 5G, das neueste Mobilfunknetz, eben aufgebaut wird in den Laboren, maßgeblich auch in Dresden, entsteht bereits die nächste Funkgeneration. An der TU Dresden gibt es das 5G-Lab für Deutschland. Das nennt sich so, doch gearbeitet wird dort schon an 6G.

So läuft dort ein erstes Projekt zum Aufbau von Messgeräten, mit deren Hilfe Mikrochips für den Mobilfunkstandard der sechsten Generation entwickelt werden sollen, berichtet TU-Professor Frank Fitzek am Mittwoch auf dem IEEE-5G-Summit in Dresden. Fitzek ist Chef vom Dresdner Ceti-Großprojekt für das taktile Internet. Mit Gerhard Fettweis leitet er zusammen das 5G-Lab Germany. Beide sind mit ihren Instituten beim Gipfeltreffen der Mobilfunk-Elite dabei. Die großen Mobilfunkkonzerne sind da und die führenden Mobilfunk-Institute ebenso.

„Der Mobilfunkstandard der fünften Generation wird unser Leben entscheidend beeinflussen“, sagt Gerhard Fettweis im Gespräch mit der SZ. Von den Vorzügen des taktilen Internets mit Latenzzeiten von unter einer Millisekunde werden Märkte wie Industrie 4.0, Mobilitätssysteme, Smart Health sowie die autonome Landwirtschaft und Bauindustrie profitieren.

TU-Professor Gerhard Fettweis ist einer der entscheidenden Mobilfunk-Macher aus Dresden.
TU-Professor Gerhard Fettweis ist einer der entscheidenden Mobilfunk-Macher aus Dresden. © Christian Juppe

2030 wird alles anders

Aber bereits 2030, so die Prognosen, könnte die sechste Generation Mobilfunk an den Markt gehen. In dem Testfeld in Dresden wird dazu bereits mit etwa 50 Partnern aus Industrie und Wissenschaft experimentiert.

Bereits zum sechsten Mal findet dieser IEEE-5G-Summit in Dresden statt. „Und er kommt auch im nächsten Jahr wieder, dann waber real vor Ort“, hofft Fettweis. „Die Messehalle haben wir dafür schon gebucht.“

Die Elite des Mobilfunks trifft sich hier nicht ohne Grund, denn mehrere digitale Mobilfunkstandards wurden in den letzten Jahren maßgeblich in Dresden mitentwickelt. Und noch etwas hebt Dresden von anderen Tech-Events der Branche ab: „Hier geht es nicht um die letzte schwierige und endlich geknackte Formel. Hier stellen wir Visionen vor“, begründet Gerhard Fettweis den Erfolg.

Wissenschaftler erklären, was sie in den nächsten zehn Jahren für möglich halten. Die Firmen greifen dies durchaus auf. Was vor sechs Jahren zum ersten 5G-Summit in Dresden diskutiert wurde, wird derzeit eben weltweit aufgebaut: das 5G-Netz.

An der TU Dresden arbeiten aktuell mehr als 600 Forscher an der Zukunft des Mobilfunks. Dabei unterstützt sie ein Netzwerk von Kooperationspartnern aus der Industrie. Eigene Forschungsbereiche und Institute sind hier in den letzten Jahren entstanden, mit weiteren Hunderten zusätzlichen Mitarbeitern. Jährlich kommt die mobil-digitale Welt nun nach Dresden, diesmal virtuell. In seinem Statement zu 40 Jahren Mobilfunk verweist Gerhard Fettweis auf den ständigen Wechsel der Innovationen zwischen Geschäftswelt und Konsumenten, also jedem Einzelnen.

Die erste Generation Mobilfunk in den 80er-Jahren waren Business-Handys. 2G ab den 90ern brachte dann die Handys für alle. 3G ab 2000 kam mit den ersten Büroanwendungen für die Geschäftswelt daher und wird derzeit abgeschaltet. 4G, gerade aktuell, macht das Smartphone zum Multimediagerät für jeden. Und nun 5G? Frank Fitzek glaubt, die nächste Mobilfunkgeneration, also 6G, werde viel stärker auf den Verbraucher orientiert sein. Es gehe um Kooperationen von Mensch und Maschine, auch zum ganz individuellen Nutzen.

Ercan Altinsoy ist Professor für Haptik an der TU Dresden. Dort arbeitet er unter anderem an neuartigen, sensiblen Handschuhen für die Telemedizin. Es geht um extrem kurze Reaktionszeiten von wenigen Millisekunden. Der neue Mobilfunkstandard 5G macht dies
Ercan Altinsoy ist Professor für Haptik an der TU Dresden. Dort arbeitet er unter anderem an neuartigen, sensiblen Handschuhen für die Telemedizin. Es geht um extrem kurze Reaktionszeiten von wenigen Millisekunden. Der neue Mobilfunkstandard 5G macht dies ©  Ronald Bonss

Dresdner Forschung und Firmen

Doch das bringt Konflikte. Neue Funkmasten und Sender, rufen Protest hervor. Mehr als zuvor. „Als Wissenschaftler müssen wir die Vorteile in Abwägung zu möglichen Risiken besser erklären“, fordert Fettweis. „Wir müssen glaubhaft zeigen, was es den Menschen bringt.“

Jetzt gibt es Proteste gegen 5G, was passiert dann erst in den kommenden Jahren bei der nächsten Funkgeneration 6G? „Die wird deutlich mehr Akzeptanz in der Bevölkerung finden“, sagt Fettweis. „Dann kommen die bis dahin vor allem für Firmen nutzbaren Vorteile des taktilen Internets in die eigene Wohnung.“ Das sei bei 3G und 4G ganz ähnlich gewesen.

5G-Standard ist fokussiert auf die Industrie und schafft dort die Voraussetzungen für mobile Robotik mit Fahrzeugen und Drohnen. In der Fabrik und auf dem Acker. Ins eigene Heim kommen die Roboter dann wohl erst mit 6G als Service im Haus, für die Pflege und medizinische Hilfe.

Um genau diese Dinge, aber auf abstrakt technischem Niveau, geht es auf dem IEEE-Summit von Dienstag bis Donnerstag in Dresden. Dort steht fest: Die nächste Generation bitte!

Das Dresdner Unternehmen Smart Systems Hub GmbH arbeitet an Anwendungen für IoT, das Internet der Dinge. 5G ist dafür eine Voraussetzung.
Das Dresdner Unternehmen Smart Systems Hub GmbH arbeitet an Anwendungen für IoT, das Internet der Dinge. 5G ist dafür eine Voraussetzung. © Smart Systems Hub GmbH / Markus Reisch