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Viele Sachsen haben Angst vor der nächsten Stromrechnung

Angesichts steigender Energiepreise haben viele Sachsen Sorgen, in finanzielle Not zu geraten. Zur Lösung der Krise bevorzugen die meisten einen speziellen Weg.

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Wie hoch fällt die nächste Stromrechnung aus? Angesichts der derzeitigen Energiekrise fürchten viele Sachsen, dass sie an finanzielle Grenzen stoßen.
Wie hoch fällt die nächste Stromrechnung aus? Angesichts der derzeitigen Energiekrise fürchten viele Sachsen, dass sie an finanzielle Grenzen stoßen. © dpa/Andrea Warnecke

Angesichts eines drohenden Gaslieferstopps durch Russland haben Bundesregierung und Netzagentur die Verbraucher jüngst zum Energiesparen aufgerufen. Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) fordert Wirtschaft und Verbraucher dazu auf, was wiederum für Kritik vom Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG) sorgt. "Der Appell ans Sparen ist bei den meisten unserer Mitglieder schon ausgeschöpft. Sie sind ohnehin schon sparsam und haben nur einen schmalen Geldbeutel", sagt Vorstand Mirjam Philipp.

Doch wie stehen die Sachsen zum Energiesparen? Wie groß ist die Angst vor der kommenden Strom- und Heizrechnung? Und welchen Ausweg aus der Energiekrise sehen die Sachsen? Diese und andere Fragen wollten wir beantwortet haben - und haben deshalb zusammen mit den Meinungsforschern von Civey mehrere repräsentative Umfragen gestartet und nun ausgewertet.

Fazit: Viele Sachsen haben angesichts der steigenden Kosten Angst vor der kommenden Energieabrechnung. Statt Energiesparen sehen die meisten Sachsen einen anderen Ausweg aus der Energiekrise: die Verschiebung des Atom-Ausstiegs.

Haben die Sachsen Angst vor der nächsten Energieabrechnung?

Eklatante Steigerungen bei den Gaspreisen und vorsorgliche Erhöhungen der Miet-Nebenkosten - das macht vielen Sachsen Angst, dass es bei der nächsten Energiekostenabrechnung finanziell eng werden könnte. Fast die Hälfte der Sachsen (46 Prozent) äußert diese Sorge. Zugleich sagen 39 Prozent, dass sie diese Angst nicht teilen. Rund 15 Prozent sind bei der Frage unentschieden.

Interessant ist hier der Vergleich zur bundesweiten Auswertung der Frage. Deutschlandweit sagt nur etwa ein Drittel (32 Prozent), dass die Zahlung der nächsten Energiekostenabrechnung für finanzielle Schwierigkeiten sorgen könnte. 54 Prozent der Deutschen haben diese Sorge nicht. 14 Prozent sind bei der Frage unentschieden.

Was ist den Sachsen am wichtigsten bei der Energieversorgung?

Weil viele Sachsen Angst haben, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten, ist es ihnen auch am wichtigsten, dass die Energieversorgung möglichst günstig ist. Das ist das Ergebnis einer zweiten repräsentativen Umfrage.

Wir wollen wissen: Wenn Sie bei Ihrer privaten Energieversorgung abwägen müssten, was wäre Ihnen dabei am wichtigsten? Das Ergebnis in Sachsen: 74 Prozent nennen hier die Kosten. Jeweils etwa 12 Prozent geben "Unabhängigkeit von anderen Ländern" und "Umweltschutz" als Priorität an.

Deutschlandweit sind die Prioritäten ähnlich klar, aber etwas anders gewichtet. 57 Prozent geben hier an, dass es ihnen bei der Energieversorgung vor allem auf die Kosten ankommt. 22 Prozent nennen die Unabhängigkeit von anderen Ländern, 20 Prozent den Umweltschutz.

Sollten die Deutschen stärker Energie sparen?

Führende Bundes- und Landespolitiker rufen die Menschen in diesen Zeiten immer wieder dazu auf, Energie zu sparen, um die Abhängigkeit von Energie-Importen aus Russland zu minimieren. Wie eine dritte Umfrage zeigt, scheinen diese Appelle zumindest in Sachsen wenig zu fruchten.

Auf die Frage, ob die Deutschen stärker Energie sparen sollten, sagen nur 38 Prozent der Sachsen "Ja". 46 Prozent halten dies hingegen nicht für nötig. 16 Prozent sind bei der Frage unentschieden.

Anders sehen die Meinungsverhältnisse in der deutschlandweiten Auswertung der Umfrage aus. 60 Prozent ist hier der Ansicht, dass die Deutschen stärker Energie sparen sollten, um unabhängiger von Russland zu werden. 30 Prozent sind dagegen, 10 Prozent unentschieden.

Soll die Energiewende beschleunigt werden?

Wie könnte die Lösung aus der Energiekrise aussehen? Auch das wollten wir wissen. Konkret fragten wir: Sollte Ihrer Meinung nach die Energiewende in Deutschland beschleunigt werden, um künftig unabhängiger von Russland zu sein?

Die Sachsen sehen dieses Vorgehen, das von großen Teilen der Bundes- und auch der sächsischen Landesregierung gestützt wird, skeptisch. 40 Prozent beantwortet die Frage mit "Ja". 46 Prozent hält hingegen nichts von einer Beschleunigung der Energiewende. 14 Prozent sind bei der Frage unentschieden.

Auch hier sieht das deutschlandweite Stimmungsbild anders aus. 64 Prozent der Deutschen sprechen sich für eine Beschleunigung der Energiewende aus. 27 Prozent sind dagegen. 9 Prozent sind bei der Frage unentschieden.

Sollte der Atom-Ausstieg verschoben werden?

Statt die Energiewende zu beschleunigen, spricht sich die deutliche Mehrheit der Sachsen dafür aus, den Ausstieg aus der Atomenergie zu verschieben. Das ist das Ergebnis einer fünften repräsentativen Umfrage. 73 Prozent der Sachsen teilen diese Meinung. 21 Prozent halten dies hingegen für den falschen Weg. 6 Prozent sind bei der Frage unentschieden.

Überraschend: Während sich die Sachsen- und Deutschland-Ergebnisse bei vielen Umfragen unterscheiden, gibt es hier offenbar Einigkeit. 67 Prozent der Deutschen hält es für richtig, den Atom-Ausstieg zu verschieben. 27 Prozent ist dagegen. Sechs Prozent der Deutschen sind bei der Frage unentschieden.

Dabei ist eine Verschiebung des für Jahresende beschlossenen Atom-Ausstiegs äußerst unwahrscheinlich. Ein Prüfbericht von Umwelt- und Wirtschaftsministerium ist zu dem Schluss gekommen, dass ein Weiterbetrieb mit "sehr hohen wirtschaftlichen, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken" verbunden wäre.

In diesem Artikel wurden fünf Umfragen ausgewertet, die Sächsische.de in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsunternehmen Civey durchgeführt hat. Details zu Stichprobengrößen, statistischem Fehler und Befragungszeitraum entnehmen Sie bitte den Grafiken. Die Stichprobengrößen für die Sachsen-Zahlen in der Reihenfolge der aufgeführten Umfragen: 360, 376, 382, 405, 405.

Wie Umfragen mit Civey funktionieren, wird in diesem FAQ-Artikel erklärt.