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VW: Keine kurzfristigen Anpassungen in Gläserner Manufaktur

Bei Volkswagen klemmt es. Erst die Stellenkürzung in Zwickau, dann das Gerücht um die Gläserne Manufaktur. Jetzt gibt es ein klares Signal für die E-Mobilität in Sachsen.

Von Luisa Zenker
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Die rund 300 Beschäftigten bei VW in Dresden können erst einmal aufatmen. Dennoch wird der Standort überprüft.
Die rund 300 Beschäftigten bei VW in Dresden können erst einmal aufatmen. Dennoch wird der Standort überprüft. © kairospress

Dresden/Wolfsburg. Entschlossen treten die fünf Männer aus den Türen der Gläsernen Manufaktur Dresden. Kameras und Mikrofone sind auf den Gewerkschafter, Betriebsrat und Unternehmenssprecher gerichtet. Nacheinander verkünden sie das Gleiche in neue Worte verpackt: Volkswagen wird das Elektroauto ID 3 weiterhin in Dresden produzieren, zumindest kurzfristig. Langfristig prüfe man wie der Standort nachhaltig und zukunftssicher ausgestaltet werden kann.

Für die 300 Beschäftigen bleibt der Vertrag bis 2029 bestehen. Auch wenn dieser standortunabhängig gilt, scheint der Betriebsrat zufrieden. „Das Management hat heute deutlich gemacht, die Produktion nicht einzustellen, sondern fortzuführen“, so Betriebsrat Thomas Aehlig. Noch bis gestern hatte die Gewerkschaft IG Metall gefordert, dass die Beschäftigten ein klares Ziel benötigen.

In der Gerüchteküche kochte es in den vergangenen Tagen über an Mutmaßungen zur Gläsernen Manufaktur. Grund für die Unsicherheit war die aktuelle Stellenkürzung des Zwickauer Werks um 269 Beschäftige und einer Meldung aus dem Handelsblatt, dass Volkswagen den Abschied vom Autobau in Dresden vorbereite. Dementsprechend angespannt sei die Betriebsversammlung mit den 300 Beschäftigen an diesem Donnerstag um 13 Uhr gestartet.

Auch Ministerpräsident Kretschmer schwenkt um

Jetzt scheinen die Betriebsräte beruhigter. Auch nachdem sie am frühen Donnerstagmorgen das Gespräch mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) suchten. Dieser musste einiges geradezurücken, hatte er doch noch vergangene Woche zum Thema E-Mobilität auf der CDU-Regionalkonferenz propagiert: „Jetzt sehen wir, ganz so erfolgreich ist das am Ende doch nicht.“ Denn die Nachfrage der Elekroautos auf dem Zwickauer Werk sank zuletzt.

Nach einer Woche Bedenkzeit kann der Ministerpräsident nun auch dem Betriebsrat in die Augen blicken und bekennt sich öffentlich zur Gläsernen Manufaktur und ihrer Produktion von E-Fahrzeugen. „Es ist eine Zeit, in der wir junge Menschen begeistern wollen, für Technik und Elektromobilität. Dafür braucht man dieses Schaufenster“, schreibt Kretschmer.

An diesem Donnerstag ging es aber nicht nur in der VW-Manufaktur heiß her, sondern auch im sächsischen Parlament. Hier stritten die Abgeordneten bei einer von der AfD initiierten aktuellen Stunde um die Zukunft der E-Mobilität. Die AfD sieht durch die aktuelle Stellenkürzung im Zwickauer VW-Werk die gesamte sächsische Autobranche mit seinen 95.000 Beschäftigen gefährdet und fordert ein Zurück zum Verbrenner-Motor.

"Chinesische E-Fahrzeuge sind billiger"

Dem widersprechen alle anderen Parteien im Landtag: Es gebe keine andere Alternative als E-Fahrzeuge, erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher Jan Hippold von der CDU, der selbst mehrmals betont, ein E-Auto zu fahren. Er rechnet damit, dass diese Fahrzeuge bereits in zwei Jahren deutlich günstiger sein werden, tausend Kilometer weit kommen werden und schneller laden können. Dass VW sich nun von 270 Mitarbeitern trennen muss, gehöre zur Transformation dazu. „Aber dafür stehen andere Unternehmen bereit, diese Arbeitnehmer direkt oder nach einer Weiterbildung zu übernehmen. Denn Fachkräfte werden derzeit überall benötigt!“

Von der Staatsregierung meldet sich nach einer anderthalbstündigen Debatte über Kilowattstunden, Speicherkapazitäten und fehlende Ladeinfrastrukturen dann Ministerin Petra Köpping (SPD) zu Wort: „Die Kollegen in Zwickau brauchen Sicherheit, das sollte das Thema sein.“ Und fährt fort: „Chinesische E-Fahrzeuge sind billiger, wir brauchen ein Programm, um dagegen zu steuern.“ Sie fordert deshalb, Gespräche mit Niedersachsen zu suchen, und gemeinsam beim Bund um Unterstützung für die VW-Beschäftigten in Sachsen zu bitten. Sie scheint damit auf eine Verlängerung der Kaufprämie anzuspielen, die seit diesem Jahr zum Teil ausgelaufen sind. Seitdem ist der Absatzmarkt für E-Autos in Deutschland eingebrochen, der sich zuvor auf einem steigenden Ast befand. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht einen anderen Weg, sie drohte China bereits mit Schutzzöllen auf E-Autos.

"Volkswagen steht zu seiner Elektrostrategie."

Dass im sächsischen Landtag der elektrische Antrieb jedoch hinterfragt wird, verärgert die Belegschaft vor der Gläsernen Manufaktur. „Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe an dem Thema E-Mobilität mitzuwirken und Ängste abzubauen. Alle sind hier herzlich eingeladen, so ein Fahrzeug zu fahren, zu testen. Es macht Spaß, diese E-Fahrzeuge zu produzieren“, so der stellvertretende Betriebsrat René Rostock. „Volkswagen steht zu seiner Elektrostrategie“, macht VW-Sprecher Christian Sommer deutlich. Zuvor hatte die FDP-Fraktion im Bundestag Volkswagen eine Mitschuld an den Absatzproblemen gegeben, da der Konzern ausschließlich auf batteriebetriebene Fahrzeuge setze. BMW dagegen weiter auch am Verbrenner festhalte.

Im Wolfsburger Stammwerk ist die Stimmung dennoch angespannt. Denn die großen Markenautos vom Tiguan über den Golf bis zum Elektroauto ID.3 liegen in puncto Gewinn hinter ihren Rivalen zurück. Deshalb hat VW ein Effizienzprogramm auferlegt, um die Rendite auf 6,5 Prozent zu erhöhen, heißt es aus Medienberichten. Innerhalb der Belegschaft wird von einem Stellenabbau in Höhe von 10.000 Mitarbeitern gemunkelt. Im Werk Emden wurden schon den Sommer über Mitarbeiter, die den Elektro-SUV ID.4 bauen, in Kurzarbeit geschickt.