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Leipzig wird Handelszentrum für Öko-Wasserstoff

Die erste internationale Handelsfirma für grünen Wasserstoff ist gegründet – in Leipzig. Sie darf Staatsgeld ausgeben.

Von Georg Moeritz
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Wenn Wasserstoffgas mit Ökostrom produziert wird, trägt es zur Energiewende bei. Eine Leipziger Firma soll den Import organisieren.
Wenn Wasserstoffgas mit Ökostrom produziert wird, trägt es zur Energiewende bei. Eine Leipziger Firma soll den Import organisieren. © imago images

Leipzig. Ein wichtiger Teil der Energiewende soll von Sachsen aus gesteuert werden: der Handel mit Wasserstoffgas, einem der wichtigsten Energiespeicher der Zukunft. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) teilte am Freitag mit, dazu sei in Leipzig die Handelsfirma Hint.co gegründet worden. Die Abkürzung steht für Hydrogen Intermediary Network Company. Nach einigen Aufbaumonaten soll sie im nächsten Jahr damit beginnen, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen.

Laut Dulig ist Hint.co der erste internationale Händler auf der Welt, der mit grünem Wasserstoff handelt. Mit grün ist gemeint, dass nur Ökostrom für die Aufspaltung von Wassermolekülen in Wasserstoff und Sauerstoff verwendet wird. Wasserstoff wird bisher nur von Unternehmen an Unternehmen verkauft, einen internationalen Marktplatz als Mittler gibt es nicht.

Hint.co ist ein Unternehmen der gemeinnützigen H2 Global Stiftung in Hamburg, deren Vorstandschef Markus Exenberger das Konzept auch auf dem Weltklimagipfel in Glasgow vorgestellt hat. Exenberger wies darauf hin, dass die Leipziger Energiebörse EEX zum „idealen Umfeld“ für die Handelsfirma beitrage. Ob dort künftig auch ein Börsenpreis für Wasserstoff ermittelt werden könnte, geht aus den Angaben nicht hervor.

Dulig: Import von Wasserstoff nötig

Vor allem Stahl- und Chemiefabriken brauchen zunehmend Öko-Wasserstoff, um ihren Energiebedarf zu decken. Laut Dulig reicht die inländische Erzeugung von erneuerbaren Energien auf absehbare Zeit dafür nicht aus. Der Import von Wasserstoff sei nötig – und auch von Ammoniak und Methanol, die damit hergestellt werden.

Weil grüner Wasserstoff derzeit teuer ist, gleicht das Bundeswirtschaftsministerium Preisunterschiede zunächst aus. Als Teil der nationalen Wasserstoffstrategie stehen bis zu 900 Millionen Euro bereit. Laut Dulig ist Sachsen ein idealer Standort für Wasserstoffwirtschaft, wegen passender Anlagenbaubetriebe und Forschungseinrichtungen. Die Gas-Unternehmen Linde und Sunfire planen von Dresden aus Anlagen, die Wasserstoff herstellen.

Fachleute aus sächsischen Ministerien haben in den vergangenen Monaten eine Wasserstoffstrategie für den Freistaat aufgeschrieben, die wegen eines Streits in der Landesregierung aber zunächst nicht beschlossen wurde. Die Strategie selbst war dabei nicht strittig, aber der Weg zu mehr erneuerbaren Energien.

Nachdem das CDU-geführte Ministerium für Regionalentwicklung strenge Abstandsregeln für neue Windkraftanlagen in die Bauordnung schreiben wollte, sah das Grünen-geführte Energieministerium den Nachschub an Ökostrom gefährdet und damit auch die Wasserstoff-Produktion. Nun veröffentlichte das SPD-geführte Wirtschaftsministerium die Details zum Wasserstoffhändler.

Außer Strom ist auch Wasser knapp

Der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft wird nicht leicht, wie die Stiftung H2 Global auf ihrer Internetseite schreibt. Die Produktion von grünen Produkten aus Strom dürfe nicht dazu führen, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix örtlich verringert wird. Außerdem wird außer Strom auch Wasser benötigt, um daraus Wasserstoff zu machen. Das ist in Staaten mit guten Voraussetzungen für Sonnenenergie oft knapp. In wasserarmen Staaten werde eine "nachhaltige Meerwasserentsalzung" nötig, schreibt die Stiftung.

Linde-Konzernchef Steve Angel sagte in einem Handelsblatt-Interview, das am Freitag veröffentlicht wurde, das Potenzial für grünen Wasserstoff sei riesig: "Wenn nur ein Prozent der Lastwagen weltweit auf Wasserstoff umgestellt wird, ist das ein 20-Milliarden-Dollar-Markt." Südkorea treibe Wasserstoff am aggressivsten voran. Dort sollten 40.000 Brennstoffzellen-Busse im Jahr 2040 auf der Straße sein, dort ersetze Wasserstoff also den Diesel-Kraftstoff.