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Überraschender Auftritt von Ex-MP-Tillich: Sein Kohle-Plan ist in Gefahr

Bei einer Energie-Tagung in Dresden greift Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) erstmals seit Langem zum Mikrofon. Was er zu den Strompreisen sagt.

Von Georg Moeritz
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Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist lange nicht mehr öffentlich aufgetreten. Aber am Dienstag in Dresden reizt ihn ein Energie-Thema.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist lange nicht mehr öffentlich aufgetreten. Aber am Dienstag in Dresden reizt ihn ein Energie-Thema. © Archivfoto: André Wirsig

Dresden. Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist am Dienstag überraschend beim Kraftwerkstechnischen Kolloquium der Technischen Universität Dresden aufgetreten. Bei der Tagung im Internationalen Congress Center ließ sich Tillich das Saalmikrofon reichen, als über den Stand der Energiewende und die Zukunft der Braunkohle diskutiert wurde.

Tillich sagte, eine Transformation von der Größenordnung der Energiewende brauche Planungssicherheit. "Die gibt es nicht", beklagte der ehemalige Spitzenpolitiker. Zwar gelte formal weiterhin das Gesetz zum Kohleausstieg, dem zufolge die letzten Braunkohlekraftwerke in Deutschland bis 2038 laufen. Doch in der Bundesregierung werde versucht, "das Jahr 2030 zu erzwingen". Am Vormittag hatte die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang auf derselben Tagung in Dresden gesagt, der Kohleabbau werde sich "weit vor 2038 nicht mehr lohnen".

Michael Kretschmers Amtsvorgänger Tillich war einer der Vorsitzenden der Kohlekommission, die den Plan zum Ausstieg aus der Kohle als Kompromiss ausgehandelt hat. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Mibrag mit Sitz in Zeitz in Sachsen-Anhalt, die zwei Kohletagebaue betreibt. Auf deren Internetseite steht, die Mibrag werde "bis in die Mitte der 2030er-Jahre hinein die Kraftwerke Schkopau und Lippendorf zuverlässig mit Kohle versorgen".

Für Wasserstoff-Wirtschaft fehlen Informationen

In der Politik müsse wieder langfristig statt in kurzen Schritten gedacht werden, forderte Tillich. Der Bundesregierung warf er vor, nur kurzfristig zu reagieren: "Wenn die Leute schreien, die Heizung wird zu teuer, dann werden einfach mal 300 Euro unter die Leute geworfen", sagte Tillich. Dann wieder werde über einen "Brückenstrompreis" diskutiert, der zeitweise die Energie für bestimmte Fabriken verbilligen solle. Das Wort Brücke sei falsch, sagte der ehemalige Ministerpräsident, denn die Preise würden steigen.

Tillich nannte es ein "Märchen", dass die Erneuerbaren Energien die Energie billiger machen werden. Für den Konsumenten werde Strom nicht spürbar billiger werden, sagte Tillich voraus. Er stellte sich damit gegen die Aussage der Ökostrom-Branche, dass Windkraft- und Solaranlagen langfristig zu sinkenden Strompreisen führen.

Zum Thema Wasserstoff als Energiespeicher der Zukunft sagte Tillich, zwar beschäftige sich die Mibrag auch damit, doch noch gebe es nicht einmal Handelspreise für dieses Gas. Die EU-Kommission komme nicht damit voran, eine Klassifizierung des Wasserstoffs nach unterschiedlichen Quellen voranzubringen. Als Ingenieur glaube er jedoch weiterhin daran, dass man alles schaffen kann. "Alles, was ökonomisch interessant ist, ist auch für Ingenieure interessant", sagte Tillich.