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Sachsens Sparkassen werden nur halb so viele Baukredite los wie ein Jahr zuvor

Die gestiegenen Zinsen bremsen den Wohnungsbau - das zeigt sich in der Bilanz des Ostdeutschen Sparkassenverbands. Sachsen sticht heraus.

Von Georg Moeritz
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Geld im Angebot: Sachsens Sparkassen gaben voriges Jahr 47 Prozent weniger Kredite für Wohnungsneubau als im Jahr davor. Auch die Einlagen schrumpften.
Geld im Angebot: Sachsens Sparkassen gaben voriges Jahr 47 Prozent weniger Kredite für Wohnungsneubau als im Jahr davor. Auch die Einlagen schrumpften. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Dresden. Ein wichtiges Geschäftsfeld der sächsischen Sparkassen hat sich im vorigen Jahr fast halbiert: Für Wohnungsneubau verliehen die zwölf Geldinstitute zusammen rund 1,56 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor war es noch fast doppelt so viel. Der Rückgang traf Sachsen stärker als die anderen Länder im Ostdeutschen Sparkassenverband. Ein boomendes Kreditgeschäft sei „abrupt weggefallen“, sagte am Dienstag in Berlin Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Zender.

Viele Wohnungsbau-Interessenten haben ihre Wünsche zurückgesteckt: „Sehr viele haben ihre Projekte verschoben, deutlich weniger abgebrochen“, sagte Zender. Die Kreditzinsen seien gestiegen, auch das Kaufpreisniveau sei für junge Familien sehr hoch. In den letzten Monaten des vergangenen Jahres habe der Rückgang bei den Neukrediten aber nachgelassen.

Der Sparkassenverband hat den Eindruck, dass die Menschen „insgesamt vorsichtiger“ werden und weniger Kredite wagen. Bei Immobilien liege es auch an Unsicherheit über die politischen Vorgaben: „Wer jetzt kauft, will wissen, was für eine Heizung er einbauen soll“, sagte Zender. Bürokratie und gestrichene Förderprogramme hätten die Nachfrage zusätzlich gebremst.

Ostdeutsche Sparkassen machen so hohen Gewinn wie nie

Bei der staatlichen Förderbank KfW sind seit diesem Dienstag allerdings wieder Fördergelder zu bekommen. Zender äußerte sich „vorsichtig optimistisch“, dass der Wohnungsmarkt sich wieder belebe: „Die Deutschen möchten Eigentum haben“, sagte er. Wenn dann noch ein wenig gefördert werde, mache er sich auf Dauer nicht viele Sorgen um diese Sparte.

Präsident Ludger Weskamp (links) und Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Zender vom Ostdeutschen Sparkassenverband finden die Stimmung schlechter als die Lage.
Präsident Ludger Weskamp (links) und Verbandsgeschäftsführer Wolfgang Zender vom Ostdeutschen Sparkassenverband finden die Stimmung schlechter als die Lage. © Bildschirmfoto: SZ/Georg Moeritz

Für die Sparkassen in den neuen Ländern war 2023 trotz der geschrumpften Kredite „ein gutes Jahr“, sagte Verbandspräsident Ludger Weskamp, ehemals Landrat im Kreis Oberhavel in Brandenburg. Ihre Gewinne stiegen auf Rekordwerte. Die insgesamt 43 Sparkassen im Ost-Verband, zu dem nicht Berlin und Thüringen gehören, meldeten zusammen 350 Millionen Euro Jahresergebnis, nach 91 Millionen im Jahr zuvor. Darin enthalten sind die Gewinne der zwölf sächsischen Sparkassen: Sie stiegen von 44 auf 117 Millionen Euro.

Die Sparkassen profitierten laut Zender davon, dass mit steigenden Zinsen ihr „Geschäft wieder angelaufen“ ist. Dabei werben sie nicht wie so manche Bank mit Tagesgeldzinsen von drei Prozent und mehr. „Wir halten nichts von marktschreierischen Methoden im Zinsgeschäft“, sagte der Verbandsgeschäftsführer. Das werde sich normalisieren. Vielmehr setzen die Sparkassen darauf, im direkten Gespräch mit ihren treuen Kunden mittel- und langfristige Geldanlagen zu empfehlen. Wer sein Geld für länger anlegt, "hat ein Recht auf mehr Zinsen", befand Zender.

Verband: Sparkassenkunden sind sicherheitsorientiert

Da es auf Spareinlagen so gut wie keine Zinsen gab, hoben viele Kunden dieses Geld ab und versuchten, es gewinnbringender anzulegen. Erstmals seit 2005 verbuchten die Ost-Sparkassen einen Rückgang bei den Einlagen. Doch laut Zender wurde das Geld nicht in jedem Fall zur Konkurrenz getragen: Die Sparkassenkunden seien „etwas mutiger“ geworden, hätten sich von Sparkassenbriefen und festverzinslichen Wertpapieren überzeugen lassen. Investmentfonds-Anteile waren weniger nachgefragt. „Der typische Sparkassenkunde ist sicherheitsorientiert“, sagte Zender.

Das Kreditgeschäft mit Unternehmern und Selbstständigen ist kräftig zurückgegangen: Die Neukredite für diesen Kundenkreis sanken in Sachsen um 26,2 Prozent, im ganzen Ost-Verbandsgebiet um 28,2 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro. Die Entwicklung war laut Verband voriges Jahr in Ostdeutschland besser als im Westen, aber das habe vor allem an der wachsenden Tesla-Fabrik in Brandenburg und ihren Lieferanten gelegen.

Bei Handwerkern und im Mittelstand sei die Situation schwierig, sagte Zender – doch sie seien das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Präsident Weskamp sagte auf die Frage nach den Aussichten, er gebe einen „gedämpften Ausblick“. Die Stimmung sei schlechter als die Lage. Doch die Stimmung spiegele Erwartungen wider. Der Staat dürfe jedenfalls nicht noch mehr bürokratische Hürden errichten. „Wissen Sie, wofür im Moment die Ampel steht? Ich weiß es nicht.“

Ein Prozent der Firmenkredite droht auszufallen

Das Interesse an Unternehmensgründungen sei gering, ältere Betriebsinhaber lösten häufig ihre Firmen auf, statt sie an Nachfolger zu verkaufen, sagte Zender. Insolvenzen spielten dagegen keine große Rolle. Das Risiko bei Firmenkrediten sei vertretbar: In Ostdeutschland sei etwa ein Prozent der Kredite an Unternehmen als „notleidend“ zu bezeichnen. In Frankreich seien es doppelt so viele, in Spanien dreimal so viele. Er sehe in Ostdeutschland „keine besonderen Belastungen und keine regionalen Unterschiede“.

Fusionen unter ostdeutschen Sparkassen sind laut Weskamp nicht zu erwarten. Voriges Jahr mussten sie nur noch 48 Cent einsetzen, um einen Euro zu erwirtschaften. Im Jahr zuvor waren noch 58 Cent nötig. In Sachsen war der Einsatz mit 46 Cent noch etwas niedriger. Die Zahl der Beschäftigten wurde erneut verkleinert: In den zwölf sächsischen Sparkassen waren Mitte vorigen Jahres 6.824 Menschen beschäftigt. Ein Jahr vorher waren es noch 99 mehr, ein Jahr davor noch einmal 156 mehr. Die Zahl der Geschäftsstellen schrumpfte in zwei Jahren um 29 auf 349.

Geldautomaten nach Anschlägen nun oft nachts versperrt

„Wir werden weiter in den Filialen präsent sein“, versicherte Zender. Die Menschen würden zwar immer mobiler, aber die Sparkassen hätten das dichtete Filialnetz von allen. Weil neun Geldautomaten in Ostdeutschland in den vergangenen beiden Jahren gesprengt wurden, blieben viele Standorte nun sicherheitshalber nachts versperrt.

Die Digitalisierung werde weitergehen: 3,4 Millionen ostdeutsche Sparkassenkunden nähmen am Onlinebanking teil, das seien 63 Prozent. Die Sparkassen haben laut Zender auch hohe Marktanteile bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen: um 60 Prozent, bei Menschen im Rentenalter 67 Prozent. Bargeld werde es weiter geben, solange Menschen mit Bargeld zahlen wollten, sagte der Verbandspräsident auf Nachfrage.

Dass in skandinavischen Ländern und den Niederlanden Bargeld auf dem Rückzug sei, liege an guten Angeboten zum bargeldlosen Bezahlen. Solche Angebote, die Zeit sparten, würden gut angenommen. Dass die Europäische Zentralbank zusätzlich einen „digitalen Euro“ einführen wolle, halte er für sinnvoll. Sie solle aber kein zusätzliches Zahlungssystem einführen, dass den etablierten Geldinstituten zusätzliche Konkurrenz bringe.