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Streiks sorgen für Zulauf bei Sachsens Gewerkschaften

Seit Jahren schrumpfen die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften in Sachsen. Durch die jüngsten Arbeitskämpfe zeichnet sich nun aber eine Trendwende ab.

Von Luisa Zenker
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Die Gewerkschaften haben im Frühjahr zu zahlreichen Streiks aufgerufen. Das hat sich auch auf die Mitgliederzahlen ausgewirkt.
Die Gewerkschaften haben im Frühjahr zu zahlreichen Streiks aufgerufen. Das hat sich auch auf die Mitgliederzahlen ausgewirkt. © haertelpress

Dresden. Die Gewerkschaften in Deutschland leiden seit Jahren an Mitgliederschwund. Ende 2022 zählte der Deutsche Gewerkschaftsbund mit seinen acht Einzelorganisationen rund 4.000 sächsische Beitragszahler weniger als ein Jahr zuvor, wie der DGB auf SZ-Anfrage mitteilte.

Doch klammert man die durch Alter bedingten Abgänge aus, bahnt sich offenbar eine Trendwende an. Denn die Zahl der Neueintritte steigt. So sind etwa der IG Metall allein im vergangenen Jahr 117.000 Beschäftigte beigetreten, davon kamen 500 aus Sachsen. Der Zulauf sei so hoch wie seit 2018 nicht mehr, heißt es von der Metaller-Gewerkschaft. Zum Ende des Jahres 2022 zählte die Organisation im Freistaat 60.247 Mitglieder, bundesweit waren es 2,1 Millionen.

Auch in diesem Jahr setze sich die Aufwärtsbewegung fort, die Gewerkschaft verspricht sich noch mehr Mitglieder aus der Halbleiterindustrie. Neueste Zahlen will sie jedoch nicht nennen, auch um den Arbeitgebern keine Rückschlüsse auf die Streikbereitschaft in den Betrieben zu geben.

Beim Mitstreiter Verdi bremst sich der Verlust ebenfalls ab. Zwar schrumpfte die Zahl der Beitragszahler 2022 deutschlandweit um weitere 40.000 auf 1,85 Millionen. Doch mit Jahresbeginn berichtet ein Verdi-Sprecher von 80.000 Neueintritten bundesweit. „Die Beschäftigten merken, dass man etwas erreicht, wenn man sich organisiert“, erklärt die Arbeitnehmer-Organisation, die ebenfalls keine regionalen Zahlen öffentlich macht.

Die zuletzt zahlreichen Arbeitskämpfe seien auch eine gute Gelegenheit gewesen, weitere Beschäftigte zu überzeugen, ergänzt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Sie verzeichnet ein leichtes Mitglieder-Plus im Raum Dresden-Chemnitz. Im ersten Quartal dieses Jahres hätten sich die Eintrittszahlen gegenüber der gleichen Vorjahreszeit verdoppelt. Die NGG spricht von 4.500 Mitgliedern in der Region.

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„Angesichts der Rekordinflation ist der ökonomische Druck für viele Menschen größer als in der Vergangenheit. Dies steigert die Bereitschaft, sich aktiv für höhere Löhne einzusetzen und Gewerkschaftsmitglied zu werden“, kommentiert ein NGG-Sprecher den Trend. Die sehr niedrige Arbeitslosigkeit und der große Fachkräftemangel würden dazu beitragen, dass die Beschäftigten deutlich selbstbewusster als früher auftreten.

Auch abseits des DGB scheint die Talfahrt gestoppt. Bei der Lokführergewerkschaft GDL etwa stieg die Zahl der Mitglieder in Sachsen 2022 um 35 Prozent. Wohl auch, weil sie ihren Zuständigkeitsbereich deutlich erweitert hat. Neben Lokführern und Zugbegleitern setzt sie neuerdings auch auf Gleisbauer und Fahrdienstleister.