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Regionalminister Schmidt: Lausitz braucht nicht nur Arbeitsplätze nach der Kohle

Beim Kohleausstieg in der Lausitz geht es nicht darum, die Arbeitsplätze auszugleichen, sagt Sachsens Regionalminister Thomas Schmidt (CDU). Was er stattdessen für wichtig hält.

Von Georg Moeritz
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Thomas Schmidt (CDU) ist Sachsens Minister für Regionalentwicklung. Es geht ihm nicht nur um neue Arbeitsplätze auf dem Lande.
Thomas Schmidt (CDU) ist Sachsens Minister für Regionalentwicklung. Es geht ihm nicht nur um neue Arbeitsplätze auf dem Lande. © Archivfoto: Jürgen Lösel

Dresden. Die wegfallenden Braunkohlearbeitsplätze in der Lausitz müssen laut Sachsens Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (CDU) nicht in gleicher Größenordnung ausgeglichen werden. Vielmehr müsse die Region insgesamt attraktiv gemacht werden, damit Familien dort bleiben und sich bewusst für einen Wechsel in die Lausitz entscheiden. "Das Interesse von neuen Arbeitgebern ist vorhanden", sagte der Minister am Mittwoch zum Strukturwandel.

Der Regionalminister sagte, wegen der bevorstehenden Schließung von Kraftwerken und Tagebauen sei häufig gefordert worden, ausschließlich neue Arbeitsplätze zu fördern. Doch Fachkräftemangel stehe auch der Lausitz bevor. Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, dass man einfach in den Kohleregionen nichts tun müsse. Die Mittel aus dem Investitionsgesetz Kohleregionen müssten auch in "weiche Standortfaktoren" investiert werden: Kindertagesstätten, neue Kultureinrichtungen oder touristische Infrastruktur.

Sowohl Unternehmen als auch Forschungseinrichtungen seien auf Mitarbeiter angewiesen, betonte Schmidt. Die erwarteten in der Region aber auch ein Schwimmbad, moderne Verkehrsmittel und einen Zoo. Die Reviere müssten sich selbst als "Zukunftsregionen" verstehen. Wenn es nicht gelinge, dass sich Menschen entschließen, ihre Zukunft in der Oberlausitz zu suchen, "dann werden die Regionen keine Zukunft haben". Er werde mit den engagierten Menschen vor Ort die Kohlereviere weiter unterstützen.

Institut für Kreislaufwirtschaft mit Neubau in der Lausitz

Schmidt ist in dieser Woche bei mehreren Terminen zum Strukturwandel in der Lausitz. Am Freitag ist er in Schwarze Pumpe bei der Vertragsunterzeichnung für die Umsetzung des Strukturwandel-Projektes Circecon dabei. Die Abkürzung steht für Green Circular Economy, für Kreislaufwirtschaft. Dazu werden die Technischen Universitäten Chemnitz, Dresden, Freiberg und die Hochschule Zittau/Görlitz zusammenarbeiten und einen neuen Campus an der Landesgrenze zu Brandenburg einrichten. Außerdem bekommt die Lausitzhalle in Hoyerswerda Fördergeld zu energetischen Sanierung aus Mitteln des Investitionsgesetzes Kohleregion. In Mülsen St. Micheln im Landkreis Zwickau startet eine neue Runde der Förderprojekte „Vitale Dorfkerne und Ortszentren im ländlichen Raum“ und „Regionalbudgets im ländlichen Raum“.

Der Bund stellt über das Investitionsgesetz Kohleregionen bis zum Jahr 2038 Finanzhilfen in Höhe von 6,9 Milliarden Euro für den sächsischen Teil des heutigen Lausitzer Braunkohlereviers zur Verfügung. Spätestens 2038 soll der modernste Block des Braunkohlekraftwerks Boxberg bei Weißwasser abgeschaltet werden. Das Geld soll zum einen direkt für Investitionen des Bundes eingesetzt werden, zum Beispiel für neue Verkehrswege. Zum anderen wählen Regionale Begleitausschüsse Projekte aus, die das Gebiet "lebenswert machen und aufwerten".

Wirtschaftsforscher: Kohleausstieg übertrieben dargestellt

Der MDR-Hörfunk berichtete am Mittwoch, dass die Lausitz einer Prognose zufolge bis zum Jahr 2040 rund ein Viertel ihrer Arbeitskräfte verlieren könnte - weil Beschäftigte in Rente gehen und zu wenige junge Leute nachwachsen. Die Görlitzer Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer Dresden erwartet demnach, dass in 16 Jahren 150.000 Arbeitskräfte fehlen. Alleine 50.000 würden laut Büroleiter Frank Großmann für Vorhaben infolge des Strukturwandels gebraucht.

Der Dresdner Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut sagte dem MDR, ein Großteil der Braunkohlekumpel gehe bis 2038 ohnehin in den Ruhestand. Aus dem Tagebau werde niemand in das neue Astrophysik-Institut wechseln. Ragnitz sagte, die Landespolitiker hätten die Folgen des Kohleausstiegs wohl einst übertrieben, um bei der Bundesregierung Milliardengelder für den Strukturwandel herauszuschlagen. Auch Großmann sagte, die Perspektive sei "ein bisschen zu pessimistisch" gewesen. Das habe zu seinem Bedauern dazu beigetragen, dass "sich die Abwanderungsbewegungen nicht reduziert haben". Die Kohlehilfen würden dennoch benötigt.