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Landwirte blockieren am Montag Hartha Kreuz

Die Bauern in der Region Döbeln protestieren erneut gegen die Bundespolitik. Der Frust der Landwirte ist groß. Mit welchen Aktionen sie das den Parlamentariern klarmachen wollen.

Von Cathrin Reichelt
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Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes, fordert von der Bundespolitik ein Umdenken.
Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes, fordert von der Bundespolitik ein Umdenken. © SZ/DIetmar Thomas

Region Döbeln. Wer für Montag eine Fahrt plant, die ihn über das Harthaer Kreuz führt, sollte sich eine andere Route überlegen. Denn beide Kreisverkehre werden von landwirtschaftlichen Fahrzeugen blockiert sein.

Bereits am 18. Dezember haben die Bauern mit einer großen Demo in Berlin gegen den Wegfall der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung protestiert. Danach gab es seitens der Politik keine Reaktion – bis zum Donnerstagnachmittag.

Dann kündigte die Ampelregierung an: Es soll keine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung geben und die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde nicht in einem Schritt vollzogen.

Das beeindruckt die Landwirte jedoch wenig. „Wir halten an den kompletten Forderungen fest“, sagt Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes. Deshalb werden die Proteste wie geplant erfolgen.

Wann und wo erfolgen die Protestaktionen?

Die Aktionswoche beginnt am 8. Januar. „In der Zeit von 6 bis 15 Uhr werden beide Kreisverkehre am Harthaer Kreuz mit Fahrzeugen umstellt“, sagt Thomas Thiele, Vizepräsident des Sächsischen Bauernverbandes und Chef der Gersdorfer Agrarproduktion.

Allein sein Unternehmen müsste bei der Besteuerung des Agrardiesels für 15 Fahrzeuge pro Jahr rund 20.000 Euro mehr zahlen. „Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen und müssen auch mal etwas erneuern. Aber wenn wir keine Rücklagen mehr haben, geht das nicht. Und das hat weitreichende Folgen“, sagt er.

Dicht ist aber nicht nur das Harthaer Kreuz, sondern auch die Zufahrten zur A 14 in Leisnig, Döbeln Nord und Ost sowie Nossen Nord und Ost. Die Proteste dort organisiert der Verein „Land schafft Verbindung Sachsen“. "Die Sperrung der Zufahrten ist in der Zeit von 5 bis 17 Uhr vorgesehen", sagt Robert Erkmann vom Verein.

Nach aktuellem Stand werden aber nicht nur die genannten, sondern alle Autobahnauffahrten in Mittelsachsen blockiert sein. Dies betrifft die A 4, A 14 und A 72, teilt die Pressestelle des Landratsamtes mit. An den Auffahrten sollen Traktoren eingesetzt werden.

„Es ist eine große Dynamik in dem Prozess. Wir führen mit Anmeldern bei Bedarf Kooperationsgespräche, stehen in ständigem Kontakt mit der Polizei und bereiten die notwendigen und rechtlich möglichen Auflagen vor“, erklärt der Leiter der Abteilung Ordnung, Sicherheit und Veterinärwesen Steffen Kräher.

Er appelliert an alle Verkehrsteilnehmer, sich am Montag auf das Versammlungsgeschehen einzustellen. Nicht notwendige Fahrten sollten möglichst unterlassen, dringend erforderliche Fahrten entsprechend frühzeitig begonnen werden. Mit Staus und längeren Fahrtzeiten ist zu rechnen. In jedem Fall wird vonseiten der Behörde zu einem besonnenen Verhalten aufgerufen.

Welche Einschränkungen gibt es im Bus- und Bahnverkehr?

Regiobus quert mit zwei Linien das Harthaer Kreuz. Betroffen sind die Linie 628 Geithain-Waldheim und die 924 Leisnig-Waldheim. Über mögliche Umleitungen werde operativ entschieden. „Die Fahrgäste sollten sich auf Verzögerungen aber auch den Ausfall eines Busses einstellen“, sagt Henning Schmidt, Fachbereichsleiter Verkehr bei Regiobus.

Im Zugverkehr der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB) gibt es nach derzeitigem Stand keine Einschränkungen. „Sollten durch die Proteste der Landwirte Straßen blockiert werden, die unser Schienenersatzverkehr nutzt, könnten wir jedoch betroffen sein“, heißt es auf Nachfrage dieser Zeitung.

Wer beteiligt sich außer den Landwirten an den Demonstrationen?

Bei ihrem Protest erhalten die Landwirte diesmal vielfältige Unterstützung. Die Polizei wird die Demonstration begleiten. Die Harthaer Feuerwehr stellt einen Toilettenwagen zur Verfügung und die Kameraden der Geringswalder Wehr sorgen für wärmende Getränke.

Über die werden sich nicht nur die Landwirte freuen. Denn sie stehen nicht alleine auf der Straße. „Es haben sich auch verschiedene Handwerksbetriebe und Speditionen angemeldet“, sagt Thomas Thiele. Zu denen gehören die Speditionen Waldau aus Döbeln, Kipping aus Hartha und Steiner aus Freiberg.

Der Mahl- und Mischdienst R.&M. Voigt aus Forschheim ist ebenfalls dabei. „Wir sind der Landwirtschaft vor- und nachgelagert und dementsprechend ebenso betroffen“, sagt Landwirtschaftsmeister Mario Voigt. CO2, Diesel, Maut, die Steuerlast und den Bürokratenstaat, der immer mehr aufgebläht wird, nennt er als Gründe, weshalb sich sein Unternehmen den Protesten anschließt.

Wie viele der 20 Fahrzeuge am Harthaer Kreuz stehen werden, kann er noch nicht sagen. „Ich habe meinen Männern freigestellt, ob sie an diesem Tag zu Hause bleiben oder zur Demo fahren“, sagt Voigt.

Gibt es Ausnahmen, für die die Blockade gelockert wird?

Durch die Protestaktion werden am Harthaer Kreuz alle Kraftfahrer ausgebremst. Ausnahmen gibt es aber zum Beispiel für den Rettungsdienst, die Feuerwehr oder Transporte mit medizinischem Material, versichert Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes.

Weshalb rufen die Landwirte an diesem Tag zum Protest auf?

Den 8. Januar haben die Landwirte als Protesttag gewählt, weil an diesem Tag die Haushaltsdebatte im Bundestag beginnt. „Wenn die Abgeordneten nach Berlin fahren, sollen sie spüren welchen Rucksack sie aus den Regionen mitnehmen“, erklärt Krawczyk.

„Die Landwirte sind das Symbol für das Sammelbecken an Unzufriedenheit.“ Die Bauern erreichten mehr Menschen, als sie selbst erwartet hätten. „Uns ist bewusst geworden, dass wir als Wirtschaftsvertreter eine gesellschaftliche Orientierung geben, die die Politik nicht gibt“, meint er. „Wir treffen auf Unsicherheit, Frust und Angst, auf die die Politik keine Antwort hat.“

Es gehe längst nicht mehr nur um den Agrardiesel und die Kfz-Steuer, sondern um die Unzufriedenheit, vor allem im ländlichen Raum. Stadt und Land würden einander entfremdet. „Wir stellen generell die Arbeit der Bundesregierung infrage“, so der Sächsische Landesbauernpräsident.

Welche weiteren Aktionen sind bereits in Vorbereitung?

Es bleibt nicht bei der Aktion am kommenden Montag. Für den 10. Januar ist in der Zeit von 10 bis 15 Uhr eine Demonstration auf dem Dresdner Theaterplatz geplant, an der befreundete Verbände teilnehmen und Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprechen werde.

Die Aktionswoche endet am 15. Januar mit einer Großdemo in Berlin. „An der werden voraussichtlich 3.000 Lkw und Traktoren sowie 10.000 Personen teilnehmen“, so Krawczyk. Drei Tage später ist das Ende der Verhandlungen über den Bundeshaushalt vorgesehen, mit dem sich am 2. Februar der Bundesrat beschäftigen wird.

Der Frust unter den Landwirten sei extrem hoch. „Es wird definitiv eskalieren, wenn man nicht auf uns hört. Wir warnen die Bundesregierung davor, es auf die Spitze zu treiben“, sagt der Präsident des Landesbauernverbandes und stellt klar: „Wir sind nicht die neuen Klimakleber. Wir sind nicht die letzte Generation, sondern die, die weitermachen will.“