SZ + Wirtschaft
Merken

Treckerdemo in Dresden: Bauern fordern Mitsprache

Drei Landwirte-Verbände haben am Mittwoch Trecker vorm Dresdner Agrarministerium geparkt. Drei Bauern durften ins Haus.

Von Georg Moeritz
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Symbolische Demonstration mit drei Treckern: Sächsische Landwirte haben einen offenen Brief zum Dresdner Agrarministerium gebracht.
Symbolische Demonstration mit drei Treckern: Sächsische Landwirte haben einen offenen Brief zum Dresdner Agrarministerium gebracht. © Sven Ellger

Dresden. Zwei Jahre nach den großen Treckerdemonstrationen in der Dresdner Innenstadt sind am Mittwoch wieder Bauern vors Landwirtschaftsministerium gefahren. Diesmal parkten aber nur drei Trecker symbolisch vor der Behörde von Minister Wolfram Günther (Grüne). Zehn Vertreter dreier Landwirtschaftsverbände brachten einen Brief mit, in dem sie mehr Mitsprache fordern. Günther habe sie bei der Förderpolitik "vor vollendete Tatsachen gestellt", sagte Paul Kompe, Landesvorsitzender des Vereins Land schafft Verbindung.

Der 27-jährige Kompe ist Angestellter im Ackerbau in einem Grimmaer Agrarbetrieb mit 850 Hektar. Er hat schon mehrere Bauernproteste mitorganisiert. In einer kurzen Ansprache vor dem Ministerium sagte er, die Landwirte seien nicht gekommen, "um mehr Geld zu fordern". Doch die neuen Förderbedingungen von Europäischer Union, Bund und Land seien zu bürokratisch und nicht praktisch umsetzbar.

Wie bei früheren Demonstrationen beklagten die Landwirte, sie würden in der öffentlichen Diskussion um Klimawandel und Umweltschutz als "Buhmänner" hingestellt. Tatsächlich hätten sie im Studium "die gute fachliche Praxis" gelernt und seien selbst auf eine gesunde Umwelt angewiesen. Laut Kompe führen neue Vorschriften aber nur zu mehr Aufwand, nicht zu mehr Umweltschutz und Biodiversität.

Paul Kompe aus Grimma ist Sachsen-Chef im Verein Land schafft Verbindung. Er klagt über bürokratische Vorschriften, die aus seiner Sicht nicht zu mehr Umweltschutz führen.
Paul Kompe aus Grimma ist Sachsen-Chef im Verein Land schafft Verbindung. Er klagt über bürokratische Vorschriften, die aus seiner Sicht nicht zu mehr Umweltschutz führen. © Sven Ellger

Ist es richtig, gute Felder zum Teil brachliegen zu lassen?

Kompe und sein Mitstreiter Ralf Hemmerling aus Demitz-Thumitz nannten als ein Beispiel die Forderung, vier Prozent der Ackerflächen ab 2023 stillzulegen. Kompe sagte, es sei ein Fehler, auf besten Böden "an einem Gunststandort" nichts mehr anzubauen. Änderungen in der Landwirtschaft seien nötig, aber es müsse ein Ziel "am Ende des Tunnels" geben. Dazu gehöre immer die "Wirtschaftlichkeit der Betriebe".

Für den Sächsischen Landesbauernverband nahm Vizepräsident Tobias Pelz an der Demonstration teil. Gemeinsam mit je einem Vertreter von Land schafft Verbindung und vom Verein Familienbetriebe Land und Forst durfte er zu einem Gespräch ins Ministerium. Den offenen Brief nahm Matthias Keller entgegen, stellvertretender Abteilungsleiter für Landwirtschaft.

Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk hatte zuvor mehrmals den "Frust unserer Mitglieder" beklagt. Zur Demo war er nach Verbandsangaben verhindert. Doch im Monatsblatt des Bauernverbandes beklagte Krawczyk schon, der Landwirtschaft werde durch Änderungen in der Förderpolitik Geld entzogen, manchmal auch entgegen vorherigen Absprachen. Eine Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete zu streichen, sei eine unverhältnismäßige Kürzung.

Subventionen sinken, wenn keine Umweltleistung kommt

Dass es bei den Diskussionen auch um Geld geht, ergibt sich aus der Presseinformation der drei demonstrierenden Verbände. Sie schreiben, in der neuen EU-Förderperiode würden die Zuschüsse pro Hektar um rund 40 Prozent gesenkt. Bisher bekommen die Betriebe in Sachsen in der Regel rund 280 Euro pro Hektar im Jahr. Ab 2023 sinke der Betrag auf etwa 160 Euro, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Heinz, der ebenso wie FDP-Vertreter das Gespräch mit den Demonstranten suchte.

Die Bauern können zwar mit Umweltleistungen wieder auf höhere Subventionen kommen, aber nach Angaben der Verbände sind die nötigen Maßnahmen "bürokratisch und schwer umsetzbar". Kompe sagte, ein Landwirt könne nicht mit der Gartenfräse ums Feld fahren.

Das Ministerium wies den Vorwurf zurück, die Verbände kaum anzuhören. Im offenen Brief heißt es, zwischen März und Dezember 2021 habe es eine "Sendepause" gegeben, erst Ende Dezember habe eine ganztägige Onlineveranstaltung stattgefunden. Erst kurz vorher hätten die Verbände komplexe Unterlagen erhalten. In anderen Bundesländern würden Verbände besser beteiligt.

Ministerium: Es gab regelmäßigen Austausch

Behördensprecher Robert Schimke dagegen sagte, das Ministerium stehe zur neuen EU-Agrarförderperiode seit 2018 mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern im regelmäßigen Austausch. Dazu gehörten die drei Verbände, die jetzt demonstrierten - Land schafft Verbindung seit der Gründung im Jahr 2020. Der Verein hat laut Kompe in Sachsen mehrere Hundert Mitglieder. "Daneben gibt und gab es weiteren regelmäßigen Austausch mit den berufsständischen Vertretern. Wir werden die Transformation der Landwirtschaft weiterhin mit der Branche und in enger Abstimmung mit ihr voranbringen.“ Laut Schimke musste das Ministerium zu Jahresende engen Zeitvorgaben aus Brüssel und Berlin folgen.

Der Verein Land schafft Verbindung hatte zuletzt am 14. Dezember am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig demonstriert. Mitglied Mike Krause aus Bischofswerda sagte, bis zur nächsten Veranstaltung werde es wohl nicht lange dauern: "Wir wollen etwas erreichen." Durchs Berliner Regierungsviertel werden am Sonnabend etwa 30 Traktoren fahren - anstelle der üblichen großen Demonstration anlässlich der Grünen Woche. Die Lebensmittelmesse fällt wegen Corona erneut aus.