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Fahrradmitnahme im Zug - das sind die Regeln

Das 9-Euro-Ticket könnte viele Sachsen animieren, auch ihr Rad in der Bahn mitzunehmen. Das könnte aber vor allem in den Ferien für reichlich Frust sorgen.

Von Andreas Rentsch
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Die Ruhe vor dem Ansturm? Silke Gauthier aus Radebeul transportiert ihr Rad gelegentlich bei Ausflügen, ist aber auch schon so in Urlaub gefahren.
Die Ruhe vor dem Ansturm? Silke Gauthier aus Radebeul transportiert ihr Rad gelegentlich bei Ausflügen, ist aber auch schon so in Urlaub gefahren. © Matthias Rietschel

Am Montag startet der Vorverkauf, ab 1. Juni soll es gelten: das Neun-Euro-Ticket. Die einen sehnen es herbei, andere befürchten überfüllte und verspätete Züge. Strittig ist vor allem, welche Regeln bei der Fahrradmitnahme gelten sollten. Ein Überblick für ÖPNV-Neulinge und Radtouristen, die bald in den Urlaub starten wollen.

Darf ich mein Fahrrad in jedem Zug mitnehmen?

"In Regionalzügen in Sachsen ist es durchgehend möglich", sagt Konrad Krause, Geschäftsführer des hiesigen ADFC. Komplizierter ist es in Fernzügen, für die das Neu-Euro-Ticket allerdings nicht gilt. Intercitys und Eurocitys von und nach Sachsen verfügten in der Regel über eine Fahrradmitnahme, sagt Lukas Iffländer vom Fahrgastverband Pro Bahn. Im ICE4 gibt es pro Zug acht Stellplätze, im ICE T zwischen Dresden und Frankfurt/Main dagegen nur drei. Gleichzeitig sind alte ICE-Züge ohne jegliche Fahrradmitnahme unterwegs. Auch gut zu wissen: Im Doppelstock-IC auf der Route Berlin-Dresden verteilen sich die wenigen Stellplätze auf zwei Waggons.

Wie stelle ich sicher, einen Zug mit Fahrradstellplätzen zu kriegen?

Das sei einfach, sagt Krauses ADFC-Kollegin Barbara Baum. "Sie müssen beim Online-Ticketkauf gleich im ersten Buchungsschritt angeben, dass Sie nur Züge mit Radmitnahme angeboten bekommen wollen." Dafür müsse ein Häkchen im Menüpunkt "Weitere Optionen" gesetzt werden.

Barbara Baum und Konrad Krause vom ADFC Sachsen.
Barbara Baum und Konrad Krause vom ADFC Sachsen. © ADFC Sachsen

Wie erfahre ich, wo sich im Zug die Radstellplätze befinden?

"Im Nahverkehr müssen Sie Ausschau nach dem Fahrradpiktogramm am Zug halten", sagt Krause. Sein Tipp: Nach Möglichkeit dort losfahren, wo der Zug startet. Bei der S-Bahn sei das Einsteigen im Raum Dresden mit Rad in jedem Waggon möglich, im Regionalexpress von Leipzig nach Dresden gebe es dagegen nur drei Stellen. In kurzen Zügen, wie sie zum Beispiel in der Lausitz verkehrten, sei das Finden der Stellplätze gar kein Problem. Bei Fernzügen genügt ein Blick auf den Wagenstandsanzeiger oder in die Bahn-App.

Kann oder muss ich für die Fahrradmitnahme reservieren?

Im Fernverkehr sei die Mitnahme ohne Reservierung grundsätzlich unmöglich, sagt Konrad Krause. Wobei sich das unter Umständen aber noch kurzfristig per App erledigen lasse, sofern noch Plätze frei seien. Im Nahverkehr gilt eine Anmeldepflicht für Gruppen ab fünf Personen. "Wenn also drei Familien mit zwölf Rädern unterwegs sind, sollte das angemeldet werden", sagt Barbara Baum. Stoßzeiten sollte man tunlichst meiden. Und: "In den Ferien sollte man für eine Fahrt im Fernverkehr mindestens drei Monate vorher reservieren."

Wird das Neun-Euro-Ticket die Fahrradmitnahme beinhalten?

Nein. Vertreter von Pro Bahn haben sich sogar dafür ausgesprochen, die Radmitnahme in Zügen ab 1. Juni teilweise zu verbieten, um Chaos auf Bahnsteigen und in Zügen zu verhindern. Mittlerweile hat der Verband diese Forderung abgemildert und propagiert stattdessen andere Maßnahmen, etwa die Markierung von hoch ausgelasteten Zügen, die Empfehlung wenig frequentierter Routen sowie die Einschränkung der Zeiten und Zustiegsbahnhöfe für die Fahrradmitnahme. Nur so sei es möglich, einen stabilen Bahnbetrieb anzubieten, sagte der Pro-Bahn-Vorsitzende Detlef Neuß. Vertreter mancher Verkehrsverbünde raten dazu, in den nächsten drei Monaten komplett auf die Radmitnahme zu verzichten. ADFC-Geschäftsführer Krause sorgt sich vor allem um das Nutzererlebnis von ÖPNV-Neulingen. "Wir haben ja mancherorts schon volle Züge im Sommer." Was dem Nahverkehr fehle, seien dichtere Taktungen, mehr Waggons, eine bessere Fahrradmitnahme und renovierte Bahnhöfe mit ausreichend großen Fahrstühlen. Die Ticketpreise seien aus seiner Sicht nicht das entscheidende Kriterium für Wechselwillige.

Was kostet die Fahrradmitnahme, lässt sich da irgendwie sparen?

Der Preis ist je nach Zug fix, das Ticket gilt für den jeweiligen Tag. "Im Eurocity sind es neun Euro, im IC und ICE acht und im DB-Nahverkehr sechs Euro", sagt Krause. Bahncard-Besitzer erhalten Ermäßigungen. Daneben gibt es noch Konditionen der Verkehrsverbünde. Wer etwa im Gebiet des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) unterwegs ist, zahlt 3,30 Euro. Bleibt man innerhalb einer VVO-Tarifzone, sind es nur 2,20 Euro.

Der Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) verlangt für ein Tagesticket 3,50 Euro. Wer dagegen im Raum Chemnitz oder Leipzig lebt, muss innerhalb seines Heimatverbunds nicht extra zahlen. "Überschreitet man jedoch die Grenze zu einem anderen Verbundraum, muss für sechs Euro eine Fahrradtageskarte des Deutschlandtarifs gelöst werden", erklärt VVO-Sprecher Christian Schlemper. Bei der Regelung gibt es allerdings Ausnahmen. So zahlen VVO-Kunden, die mit ihren Rädern ins brandenburgische Senftenberg wollen, nur den Preis, den sie im Verbund oder in ihrer Tarifzone zahlen.

Gilt das Fahrradticket auch für E-Bikes und Lastenräder?

"E-Bikes sind in DB-Zügen erlaubt, Lastenräder nicht", sagt Barbara Baum. Tandems oder Liegeräder sind laut Bahn nicht in allen Fernverkehrszügen zugelassen.

Welche Regelungen gibt es für Klapp- und Kinderräder?

Klappräder fahren gratis mit – dank der Bemühungen des ADFC müssen sie seit einigen Jahren auch nicht mehr in einer Tüte verstaut werden. Bei Kinderrädern komme es auf das Alter des Kindes an, so Baum. Das heißt, wenn Kinder bis sechs im Nahverkehr kostenlos fahren, werden auch ihre Räder gratis mitgenommen. "Ob es sich dann um ein 14- oder 16-Zoll-Rad handelt, dürfte keine Rolle spielen."

Ich habe Radtickets gekauft, aber alle Plätze sind belegt – was nun?

"Im Fernverkehr kommt das im Prinzip nicht vor", sagt Krause, "es sei denn, man hat seinen Zug verpasst." In diesem Fall gebe es verschiedene Möglichkeiten, erklärt Barbara Baum. "Entweder man erwischt einen kulanten Schaffner, der das Rad noch mit reinquetscht, oder man fährt mit dem Regionalzug, statt noch mal zwei Stunden zu warten." Grundsätzlich rät der ADFC dringend dazu, großzügige Pufferzeiten fürs Umsteigen zu planen – mindestens 30 Minuten, so Baum. Für den Wechsel von Berlin Hbf. (hoch) zu Berlin Hbf. (tief) kalkuliere sie sogar eine Stunde. Sinnvoll sei außerdem, lieber länger zu fahren und dafür einen Umstieg zu sparen.

Welche durchgehenden Züge sind für Radtouristen ideal?

Sächsische Elberadweg-Tourer sollten die durchgehenden Züge nach Hamburg oder Prag bevorzugen, sagt Krause. Für den Ostseeküstenradweg böten sich Direktverbindungen nach Kiel oder Warnemünde an – mit dem Neun-Euro-Ticket ist das alles aber nicht möglich. Eine Alternative, die laut ADFC-Radreiseanalyse auch viele Freunde hat: Touren werden so organisiert, dass der Zug nur zur An- oder Abreise genutzt wird. Beispiel: von Leipzig nach Stralsund und von dort im Sattel über Greifswald, Anklam und den Oder-Neiße-Radweg zurück.

Was kostet der separate Radtransport zum Reiseziel?

Patienten, die etwa auf dem Weg zu einer Kur oder Reha sind, und auf ihrer Zugreise mehrmals umsteigen müssen, können ihr Fahrrad über den Gepäckservice der Bahn schicken. Der Transfer kostet pro Richtung 49,90 Euro. Das Rad darf maximal 31,5 Kilo wiegen. E-Bikes sind aber ausgeschlossen.

Was kostet die Radmitnahme für Berufspendler?

"Pendler haben ja in der Regel eine Monatskarte", sagt Baum. "Im VVO kann man mit dieser Zeitkarte sein Rad umsonst mitnehmen." Im ZVON kostet die Fahrradmonatskarte 20 Euro. Für den Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS), den Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) und den Verkehrsverbund Vogtland (VVV) ist die Fahrradmitnahme ebenfalls gratis – unter dem Vorbehalt, dass noch Platz im Zug ist, wie VVV-Sprecher Fabian Holst betont. "Kinderwagen und Rollstühle haben Vorrang."

Wer haftet, wenn das Fahrrad beschädigt oder gestohlen wird?

"Ich schließe mein Fahrrad im Zug immer an", sagt Barbara Baum. "Wenn da manche komisch gucken, ist mir das egal." Zudem schaue sie an großen Bahnhöfen, wo Stress beim Ein- und Aussteigen zu erwarten sei, nach ihrem Gefährt. "Nicht, dass das falsche Rad ausgeladen wird." Im Übrigen gelte die Verpflichtung, die Packtaschen abzumachen. Unter Umständen könne der Diebstahl oder die Beschädigung durch eine Fahrrad-Vollkasko abgedeckt sein, sagt Konrad Krause. Für den klassischen Fall – einen durch den Bowdenzug zerschnittenen Sattel – rechne sich der Abschluss einer solchen Police allerdings nicht.

Was kostet die Mitnahme von Rädern in Fernbussen?

Marktführer Flixbus verlangt neun Euro pro Fahrrad. Maximal fünf Stück können hinten am Bus fixiert werden, bis zu drei weitere fahren unten im Gepäckabteil mit. Dafür müssen sie in eine spezielle Box gepackt werden. E-Bikes sind grundsätzlich ausgeschlossen. Mitbewerber RegioJet berechnet auf innerdeutschen Strecken keine Gebühren, weist aber in seinen Beförderungsbedingungen darauf hin, dass die Fahrradmitnahme "nur im Falle der freien Kapazität des Gepäckraums" möglich sei.