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Unternehmerpreis: Tiefbauer wollen groß rauskommen

Der Baubetrieb Heinz Lange in Ottendorf-Okrilla setzt bei Digitalisierung und Ausbildung Zeichen. Die Chefs bewerben sich um den Unternehmerpreis.

Von Michael Rothe
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Janet Lange und Andreas Reck, Chefs und Mitinhaber der Heinz Lange Bauunternehmen GmbH, bauen an der Zukunft – nicht nur im neuen Wohnviertel an Dresdens Stauffenbergallee. Ihr Betrieb sorgt für die gesamte Infrastruktur der 290 Wohnungen.
Janet Lange und Andreas Reck, Chefs und Mitinhaber der Heinz Lange Bauunternehmen GmbH, bauen an der Zukunft – nicht nur im neuen Wohnviertel an Dresdens Stauffenbergallee. Ihr Betrieb sorgt für die gesamte Infrastruktur der 290 Wohnungen. © ronaldbonss.com

Wenn wir uns bewerben, dann wollen wir natürlich auch gewinnen“, sagt Andreas Reck, Geschäftsführer der Heinz Lange Bauunternehmen GmbH selbstbewusst. Und Janet Lange, ebenfalls Chefin und mit ihrer Tochter Hauptgesellschafterin der Firma, nickt. Der Plan hat bereits vor gut zwei Wochen geklappt, als der Tiefbaubetrieb aus Ottendorf-Okrilla den Zukunftspreis der Dresdner Handwerkskammer gewann – inklusive 3.000-Euro-Scheck.

Nun will das Führungsduo auch „Die Träumende“ haben, die Siegertrophäe für „Sachsens Unternehmer des Jahres“. Und seine Argumente sind nachhaltig. Das Unternehmen im Ottendorfer Ortsteil Medingen ist im Tief- und Kanalbau, Stahlbetonbau und Spezialtiefbau aktiv. Seine Untergrundarbeit reicht von der Erschließung eines Wohngebiets – wie derzeit im Osten der Dresdner Stauffenbergallee – über den Bau von Schmutzwasser-Bauwerken und Deichinstandsetzung bis zu Kanalarbeiten.

An der Flügelwegbrücke half Lange bei der Sanierung des größten Abwassertunnels Dresdens, der dort die Elbe quert. Und ihr „Staudamm“ für die Stadtentwässerung gut zehn Meter unter dem Rathenauplatz schaffte es gar zum Aprilscherz, die Landeshauptstadt bekäme bald eine U-Bahn.

Wo andere Baufirmen aussteigen, steigt Lange ein

Andere Jobs führen weiter weg, wie jüngst nach Nettetal an der niederländischen Grenze. Die Sachsen stemmten beim Austausch einer Bahnbrücke neben dem Abriss auch den Spezialtiefbau. „Wo 90 Prozent der Branche aussteigen, steigen wir ein“, sagt Andreas Reck. Jetzt bewirbt sich Lange mit einer österreichischen Firma für einen Düker in Wien. Solche Druckleitungen für Gas, Trink- oder Abwasser unterqueren Straßen, Bahngleise, Tunnel und Flüsse. Schon das gemeinsame Angebot sei eine Auszeichnung, so der 51-Jährige.

„Als Mittelständler sind wir flexibel und können dort, wo es schnell gehen muss, rasch reagieren“, sagt Andreas Reck. Der gebürtige Siegener ist seit 1996 im Freistaat, hat jahrzehntelange Markterfahrung und verantwortet seit dem Herbst 2017 das operative Geschäft bei Lange. „Wir machen schon tolle Sachen“, sinniert der gelernte Straßenbauer und Handwerksmeister. Nur wisse das kaum jemand, so Reck.

Das soll sich auch durch die Bewerbung für Sachsens Unternehmerpreis ändern. Unter den knapp 10.000 Einwohnern von Ottendorf-Okrilla ist die Firma durchaus ein Begriff. „Viele sind stolz, dass wir als größerer Arbeitgeber hier ansässig sind“, sagt Chefin Janet Lange. Auch ihr Vater Heinz sei stolz – besonders auf Enkelin Alexandra, die am Unternehmen beteiligt ist und mit ihren 25 Jahren im handwerklichen Minikonzern bereits die Spezialtiefbau GmbH führt. „Bis sie den Betrieb ganz übernimmt, bin ich Brückenbauerin“, sagt die 48-Jährige und hat dafür noch viel Zeit.

Die Eltern würden sagen: "Das gehört sich so"

Maurermeister Heinz Lange hatte die Firma noch zu DDR-Zeiten 1987 gegründet und mit seiner Frau Brigitte bis 2002 geführt. Die Rolle ihrer Mutter sei ihr wichtig, betont Janet Lange. „Sie war immer der Motor des Unternehmens“, sagt die gelernte Industriekauffrau und studierte Betriebswirtschafterin. Janet ist jetzt gut 20 Jahre im Betrieb, seit 2013 Chefin und kümmert sich hauptsächlich um das Personal. Das besteht mit 16 Lehrlingen und zwei BA-Studenten zu einem guten Teil aus jungen Leuten. Sie erlernen Berufe wie Baugeräteführer, Straßenbauer, Maurer, Beton- und Stahlbetonbauer oder Land- und Baumaschinenmechatroniker. Durch den Fokus auf die Ausbildung ist die Belegschaft in drei Jahren von 65 auf 90 angewachsen.

Fachkräftesicherung und -bindung ist ein Schwerpunkt der Chefs. Den oft gehörten Vorwurf, Schulabgänger würden immer dümmer, teilen sie nicht. „Er muss immer für eigenes Unvermögen herhalten“, sagt der dreifache Vater Andreas Reck.

Was macht das Duo anders, dass ihnen der Nachwuchs die Bude einrennt und sie pro Jahr 50 Bewerber für acht Lehrstellen haben? „Wir sagen es nicht nur, wir brennen dafür“, erklärt Janet Lange. Alle Übernommenen bekämen eine Jobgarantie – per Handschlag, wie im Handwerk üblich.

Für die Chefin ist Ausbildung auch eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft. „Meine Eltern würden sagen: ,Das gehört sich so’“, sagt Lange, die sich auch im Gewerbeverein und im Gemeinderat engagiert. Ihre Beschäftigten, vor allem die Poliere, zögen mit, so die zweifache Mutter. In diesem Jahr sei Sachsens bester Straßenbau-Lehrling aus ihren Reihen gekommen.

Sorge wegen Spaltung der Gesellschaft

Der Mittelständler sieht sich einem harten Kampf um die Köpfe ausgesetzt. „Großunternehmen, die besser zahlen können, werben gnadenlos ab“, klagt Andreas Reck. Die Konkurrenz komme bis auf die Baustelle, und mancher werde bei vierstelligem Handgeld schwach. Das Gros identifiziere sich aber mit dem Betrieb, der zuletzt rund 14 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet hat. Ihre Leute kämen aus bis zu 50 Kilometern Entfernung. Auch sei sie als Frau an der Spitze einer von Männern dominierten Baufirma nie infrage gestellt worden, sagt Janet Lange. Sorge bereiteten ihr vielmehr die Spaltung der Gesellschaft und manch fragwürdige Entscheidung der Politik im Zuge der Pandemie. So sei die Kontrolle der 3G-Regeln für ihren Betrieb mit zwölf Baustellen kaum zu realisieren.

Neben dem Teamgedanken setzt das Unternehmen auf moderne Technik. Seit 2018 hält die digitale Maschinensteuerung Einzug: Nachdem die Baustellen vermessen und digital aufbereitet wurden, erkennen drei umgerüstete Bagger, wie viel wo ab- oder aufgetragen werden muss. „Es läuft wie ein Computerspiel, wahnsinnig effizient und auf zwei Zentimeter genau“, ist Andreas Reck begeistert. Ähnlich papierlos und via GPS arbeite sich eine digitale Drehboranlage bis in 25 Meter Tiefe vor. Alle Poliere hätten Laptops und Tablets. Unbemannte Bagger seien der nächste Schritt. „Das erleben wir noch“, ist das Chef-Duo überzeugt. Weniger sicher ist, ob ihre guten Argumente für Sachsens Unternehmerkrone reichen. Der Wettbewerb um „Die Träumende“ läuft noch bis zum 4. Februar.

Der Wirtschaftspreis „Sachsens Unternehmer des Jahres“ ist eine Initiative von Sächsischer Zeitung, Freier Presse, Leipziger Volkszeitung und MDR sowie von Volkswagen Sachsen, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft KPMG, der LBBW und der Gesundheitskasse AOK Plus. www.unternehmerpreis.de