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Warum sich ein Besuch in Polen lohnt

Ab 22. November stellt sich Polen auf der Reisemesse in Leipzig vor. Polens Fremdenverkehrschef über neue Ziele, Preise und zehn Insidertipps.

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Blick auf die Oder und die Hakenterrasse in Stettin.
Blick auf die Oder und die Hakenterrasse in Stettin. © Carsten Heinke

Aus keinem anderen Land kommen so viele Urlauber nach Polen wie aus Deutschland. Nach Angaben der Forschungsgruppe Urlaub und Reisen zählte Polen im vergangenen Jahr knapp drei Millionen Touristen aus Deutschland. Fast zwei Millionen blieben länger als fünf Tage. Polen schaffte es damit auf Platz neun der beliebtesten Auslandsziele der Deutschen. Die SZ sprach mit Konrad Guldon, Direktor des Polnischen Fremdenverkehrsamtes in Deutschland.

Warum lohnt sich ein Besuch in Polen?

Viele, die unser Land schon kennen, schätzen seine gastfreundlichen Bewohner, seine vielseitige Küche und den Reichtum an Natur- und kulturellen Schätzen. Polen bietet eine enorme Bandbreite an Landschaften von der rund 530 Kilometer langen Ostseeküste über ausgedehnte Wald- und Seengebiete bis zu den Bergen von Sudeten, Waldkarpaten, Heiligkreuzgebirge, Hoher Tatra. Fast 30 Gebirge ziehen sich durchs Land. Mit annähernd 10.000 geschlossenen Gewässern zählt Polen zu den seenreichsten Ländern der Welt. 23 Nationalparks (Anmerkung d. Red.: Deutschland hat 16) schützen Flora und Fauna.

Darunter sind Raritäten wie die riesigen Ostsee-Wanderdünen von Łeba oder Białowieża, der letzte echte Tieflandurwald Europas und der dort lebende größte Bestand an wilden Wisenten. Dieses einzigartige Schutzgebiet ist zugleich eines von 17 Unesco-Welterbestätten in Polen. Die meisten sind kulturelle Denkmäler wie die mächtige Marienburg unweit von Danzig – größte Burg der Welt, die historischen Altstädte in Kraków (Krakau), Toruń, Warschau und Zamość, die Königlichen Salzbergwerke Wieliczka und Bochnia oder die Holzkirchen in Kleinpolen und der Karpatenregion.

Konrad Guldon ist Marketing- und Tourismusfachmann und leitet das Polnische Fremdenverkehrsamt in Deutschland.
Konrad Guldon ist Marketing- und Tourismusfachmann und leitet das Polnische Fremdenverkehrsamt in Deutschland. © Carsten Heinke

Wie steht es um die Qualität der Übernachtungsangebote?

Rund die Hälfte aller Hotels, Pensionen, Gästebauernhöfe und Campingplätze ist nicht älter als 15 Jahre – und das alles zu relativ niedrigen Preisen.

Urlaub in Polen ist nicht teurer geworden?

Natürlich ist wie überall leider auch bei uns alles teurer geworden. Mit Blick auf die gestiegenen Standards in allen Bereichen kann man aber sagen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis gegenüber den meisten westlichen Urlaubsländern sehr gut ist. Mit dem Geld, das Sie in Deutschland etwa für ein Drei-Sterne-Zimmer und ein Abendessen bezahlen, bekommen Sie in Polen ein Vier-Sterne-Zimmer und ein ganzes Menü. Damit sind oft selbst Luxusangebote für viele erschwinglich.

Dank steigender Nachfrage wächst die Zahl der Fünfsternehotels ebenso wie die der Wellness- und Gourmetadressen. Erstmals in diesem Jahr hat der Michelin Guide einem polnischen Restaurant, dem Bottiglieria 1881 in Kraków (Krakau), zwei Sterne verliehen. Zwei weitere gingen an je ein Restaurant in Poznań (Posen) sowie in Warschau, das vom Reiseportal European Best Destination zum beliebtesten europäischen Städtereiseziel 2023 gewählt wurde. Insgesamt empfiehlt der internationale Feinschmeckerführer 42 Restaurants in Polen.

Und wie steht es um die Verkehrsinfrastruktur?

Polen ist von Sachsen aus schnell zu erreichen. Das Netz moderner Verkehrswege wird immer dichter. So hat sich die Gesamtlänge der Autobahnen seit 1989 von 230 auf heute über 5.000 Kilometer mehr als verzwanzigfacht. Der Ausbau der West-Ost-Achse A2, die unter anderem Berlin mit Warschau verbindet, neigt sich dem Ende zu. Die A18 als Teilabschnitt der Strecke Berlin – Wrocław (Breslau) ist seit Oktober durchgehend vierspurig befahrbar.

An die Ostseestrände von Świnoujście (Swinemünde) oder Międzyzdroje (Misdroy) braucht man aus Sachsen oft kaum mehr als vier Stunden. Der Swinetunnel, der zu Beginn des Sommers eröffnet wurde, spart Ostseeurlaubern viel Zeit. Denn statt per Fähre mit langen Wartezeiten können Sie nun zügig mit dem Auto zwischen den Inseln Usedom und Wolin pendeln.

Viele Ziele in Polen erreichen deutsche Gäste auch bequem und umweltfreundlicher per Fernbus oder Bahn. Weiter ausbaufähig sind die bei deutschen Reisenden sehr beliebten mehrtägigen Pauschalrundreisen mit dem Bus.

Radurlaub wird immer populärer. Wie sieht es damit in Polen aus?

Es gibt viele neue Radwege, die ganze Regionen miteinander verbinden und Naturerlebnisse garantieren. Jüngstes Projekt ist die Anfang Juni eröffnete Masurische Fahrradschleife – eine 300 Kilometer lange Route durch die wunderschöne Masurische Seenplatte. Viel Beifall von Aktivtouristen erhalten auch der neue Velo Baltica, der als Teil des Ostseeradrundwegs EuroVelo (EV10) an der kompletten polnischen Ostseeküste entlangführt, sowie der schon bewährte ostpolnische Radweg Green Velo. Letzterer ist mit fast 2.000 Kilometern der längste in ganz Polen. Sein Pendant im Westen wird der im Bau befindliche Blue Velo entlang der Oder zwischen Oberschlesien und Westpommern sein.

Das Rathaus in der Altstadt von Gdansk.
Das Rathaus in der Altstadt von Gdansk. © Carsten Heinke

Welche Auswirkungen haben die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten auf den Tourismus in Polen?

Leider spüren wir die komplizierte internationale Situation deutlich an den Gästezahlen. Dass viele Touristen aus Übersee fehlen, merkt man vor allem in den Städten. Vorteil für jetzige Besucher: Es gibt mehr Platz. Und sicher fühlen können sie sich genauso wie in deutschen Urlaubsgebieten.

Was wollen Sie tun, um mehr Sachsen für Polen zu begeistern?

Wir sehen auf dem deutschen Reisemarkt tatsächlich noch enorme Reserven. Für mich liegen diese vor allem in der Wissensvermittlung. Denn für viele Menschen auch in Sachsen ist Polen als lohnenswertes Reiseland noch weithin unbekannt. Jeder hat vermutlich schon einmal etwas gehört von Warschau, Krakau, Gdańsk (Danzig), Hoher Tatra und Masuren. Doch neben diesen bekannten Zielen gibt es noch viel Attraktives mehr zu entdecken. Deshalb freuen wir uns, auf der Messe der Touristik & Caravaning in Leipzig mit vielen Reiseinteressierten zu sprechen und ihnen mehr Wissen über unser Land zu vermitteln.

Sie sind gebürtiger Stettiner. Was ist Ihr Reisetipp für Ihre Heimatstadt?

Szczecin (Stettin) ist zu jeder Zeit einen Besuch wert. Die neueste Attraktion neben etablierten Sehenswürdigkeiten wie Greifenschloss und Oderpromenade ist das kürzlich eröffnete Maritime Wissenschaftszentrum Professor Jerzy Stelmach – eine moderne Bildungs- und Freizeiteinrichtung für die ganze Familie. Auf erlebnisreiche, unterhaltsame Weise lernt man dort viel Wissenswertes über Schiffbau und Schifffahrt, erkundet Piratenschiffe, übt sich im Navigieren und steuert Hubschrauber per Simulator. Von der Dachterrasse lässt sich ein toller Panoramablick auf Fluss und Altstadt genießen. Wer Segelschiffe mag, sollte sich schon jetzt die nächste Sail Szczecin vormerken. Das jährliche Meeresfestival findet 2024 vom 2. bis 5. August statt.

  • Das Gespräch führte Carsten Heinke.

Die Messe

  • Touristik & Caravaning Leipzig 2023: Vom 22. bis zum 26. November 2023 auf der Neuen Messe in Leipzig
  • Geöffnet: täglich von 10 bis 18 Uhr; Einlass ab 9.30 Uhr
  • Preise: Online-Tageskarte Erwachsene 15 Euro/Kind 6-15 J. 5 Euro, an der Kasse je 3 Euro mehr

Zehn Insidertipps für den Polenbesuch

1. Wrocław (Breslau): Der Zoo der niederschlesischen Oderstadt beherbergt seit diesem Jahr das größte VR-Kino Europas. Mittels Virtual-Reality-Headset taucht der Zuschauer in die 360-Grad-Filme ein und erlebt sie, als er sei er mittendrin.

2. Gdansk (Danzig): Auf einer dreimal so großen Fläche wie an seinem alten Standort im Peinkammertor präsentiert seit 2021 das Danziger Bernsteinmuseum seine einzigartigen Schätze in der Großen Mühle. Mit Blick auf die Dächer der Altstadt genießen Filmromantiker jedes Jahr ab Anfang Juni einzigartige Freiluftkino-Erlebnisse auf dem Dach des Shakespeare-Theaters.

3. Kraków (Krakau): Das Wahrzeichen der Königsstadt ist der Wawel-Hügel mit Schloss und Kathedrale. Im Inneren des Kalksteinfelsen befindet sich die 276 Meter lange Smocza Jama (Drachenhöhle). Wandert man durch sie hinab bis zum Weichselufer, stößt man auf ein metallenes Abbild des Drachen, der alle fünf Minuten Feuer speit.

4. Łeba (Leba): Zu den einzigartigen, bis zu über 40 Meter hohen Wanderdünen des Ostseebadeortes gesellt sich bald eine weitere Attraktion. Im Sommer 2024 wird dort das Museum für Unterwasserarchäologie und Ostseefischerei eröffnet. Der moderne Bau mit seiner spektakulären Ausstellung steht direkt an der Mündung des Flusses Łeba ins Meer.

Nordpolen, Carsten Heinke, 360° medien, 1. Auflage (Juli 2022), 296 Seiten, 16,95 Euro
Nordpolen, Carsten Heinke, 360° medien, 1. Auflage (Juli 2022), 296 Seiten, 16,95 Euro © Verlag

6. Szczecin (Stettin): Wie jeden Winter lädt die Hauptstadt Westpommerns zum Schlittschuhlaufen auf die Eisbahn neben der Netto-Arena ein. Täglich vom 24. November bis zum 18. Februar bietet die 1.000 Quadratmeter-Fläche Platz für jeweils bis zu 130 Schlittschuhläufer.

7. Swieradów-Zdrój (Bad Flinsberg): Der größte Skywalk Polens (bis zu 72 Meter hoch, 850 Meter lang) krönt den Viktoriaberg des schlesischen Höhenkurortes an der Grenze zu Tschechien. Außer tollen Aussichten auf verschiedenen Ebenen bietet das spektakuläre Bauwerk Attraktionen wie Rutschen oder einen Glassteg.

8. Wankówa: Die mit 1.300 Metern längste Seilrutsche Polens wurde vor Kurzem in Wankówa im Bieszczady-Gebirge eröffnet. Von der Gipfelstation des Lifts geht es an dem frei hängenden Drahtseil mit bis zu 110 km/h fast 200 Meter liegend oder sitzend abwärts. Die Anlage gehört zum Wintersportresort Bieszczad-Ski, genauso wie eine 400 Meter lange Wildwasser-Tubing-Strecke.

9. Warszawa (Warschau): Zahlreiche umgebaute und neue Ausstellungshäuser bereichern die Museumslandschaft der polnischen Hauptstadt. Zu den interessantesten gehören das der Stadtgeschichte gewidmete Muzeum Warszawy im Zentrum der Altstadt, das Geburtshaus der polnischen Wissenschaftlerin Maria Skłodowska-Curie in der Warschauer Neustadt, das Wodka-Museum am Theaterplatz und das Museum für Zeitgenössische Kunst. Im September wurde das neue Museum der Geschichte Polens auf dem Gelände der Warschauer Zitadelle eröffnet.