Leben und Stil
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Langlaufparadies Osttirol

Profis und Urlauber berichten von idealen Bedingungen in den Hochtälern. Und die Einheimischen schauen schon auf das Jahr 2026, wenn jenseits der Grenze Olympische Spiele stattfinden.

Von Dirk Hein
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Bergauf und bergab geht es auf den bestens präparierten Loipen im Langlaufparadies Obertilliach.
Bergauf und bergab geht es auf den bestens präparierten Loipen im Langlaufparadies Obertilliach. © TVB Osttirol/Peter Maier

Diese Zahlen lügen nicht. 400 Kilometer Langlaufloipen und gerade einmal 150 Pistenkilometer: In Osttirol hat der Langlauf die Nase vorn. Die Abfahrtpisten sind eher klein und selbst in den Winterferien kaum überlaufen. Und wer auf Skizirkus steht, ist ohnehin im 90 Kilometer nördlich gelegenen Kitzbühel besser aufgehoben.

Dafür kennt man in Osttirol keine Staus, die Parkplätze an Loipen und Skihängen sind frei. Auch in der Hauptsaison ändere sich das kaum, sagt Franz Theurl, der Tourismuschef der Region. „Wir haben hier keine Massenbewegungen, das wollen wir alles nicht. Wir sprechen Familien an, der Bereich Skitouren und Winterwandern wächst. Das ist die Zukunft, nicht der Stress mit den vielen Leuten.“

Eine der wichtigsten Strecken ist die Rundloipe Lavant. Quasi am Stadtrand der Bezirkshauptstadt Lienz schlängelt sich die Trasse eben auf rund 7,5 Kilometern Länge um den größten Golfplatz der Region. Mittendrin liegt das Dolomitengolf Hotel & Spa, welches sich im Winter auf Langläufer und im Sommer auf Golfer spezialisiert hat. Maximal 50 Meter sind es vom Skikeller zur Langlaufloipe.

Wer dort einen Langlauftrainer bucht, steht kurze Zeit später vor Hubert Urbaner. Der 63-Jährige ist in Osttirol bekannt wie ein bunter Hund. Das liegt zum einen an seiner Vergangenheit als Vertreter für Staubsauger – 25 Jahre verkaufte er in der Region. Zum anderen hat es mit seiner Sportlerlaufbahn zu tun. Urbaner war österreichischer Staatsmeister im Boxen. Kein einziges Mal sei er in seiner Laufbahn k.o. gegangen, erzählt er stolz. Und: Urbaner war Kärntner Meister im Langlauf, bei der Staatsmeisterschaft reichte es für das Podium. Noch immer läuft er die 20 Kilometer im klassischen Stil in unter anderthalb Stunden.

Das kommt natürlich nicht von ungefähr. Jeden Tag ist der 63-Jährige etwa 20 Kilometer auf den Brettern unterwegs: „Langlauf ist mein Leben.“ Mittlerweile hat er es zum Teilzeitberuf gemacht. Etwa 150 Gäste seien bereits durch seine Langlaufschule gegangen. „Der jüngste Teilnehmer war 17, die älteste 92 Jahre.“

Hubert Urbaner bringt Anfängern das Langlaufen auf Skiern bei.
Hubert Urbaner bringt Anfängern das Langlaufen auf Skiern bei. © Dirk Hein

Damit rings um Lienz den ganzen Winter über perfekte Bedingungen herrschen, muss immer wieder mal mit der Schneekanone nachgeholfen werden. Ganz anders in den lang gestreckten Tälern der Region: Die Gemeinde St. Jakob im Defereggental liegt beispielsweise auf 1.400 Meter Höhe; hier erreicht drei Monate lang kein einziger Sonnenstrahl den Ortskern. Entsprechend lange halten die Pisten.

Und täglich wird diese Idylle neu geschaffen, mit viel Loipentechnik und reichlich Personal. Dafür ist mittlerweile eine Gebühr von zehn Euro pro Person und Tag fällig. Wer auf der Loipe ohne Ticket erwischt wird, zahlt fünf Euro mehr. Kontrolliert wird tatsächlich täglich – mit einem Lächeln und einem Gruß, aber ausdauernd.

Das Langlauf- und Biathlonzentrum in Obertilliach ist bereits im November schneesicher. Die besten Teams der Welt bereiten sich hier auf die Saison vor, Olympiasieger und Weltmeister Ole Einar Bjoerndalen aus Norwegen lebte während seiner aktiven Sportlerzeit gleich ganz im Ort. Davon profitieren auch die Urlauber. Wenn der Begriff paradiesische Bedingungen irgendwo passt, dann in Obertilliach: Die Loipen führen durch tief verschneiten Winterwald, keine Straße stört über Kilometer. Warnschilder für angrenzende Wolfsgebiete am Rand der Strecke lassen die ohnehin ruhigen Wälder noch größer und tiefer erscheinen.

Nur einmal im Jahr, im Januar, wird die Ruhe gestört – vom traditionellen Dolomitenlauf. Als Teil der Worldloppet-Serie steht das Rennen auf einer Stufe mit dem König-Ludwig-Lauf in Deutschland und dem Wasalauf in Schweden. Dennoch sind auch Einsteiger willkommen. Wer früh am Morgen kommt, parkt trotz vieler Teilnehmer kostenlos auf dem großen Parkplatz wenige Meter neben Start und Ziel.

Der Osttiroler Tourismus-Obmann Franz Theurl schaut weiter in die Zukunft. 2026 finden jenseits der Grenze die Olympischen Winterspiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo statt. Cortina und Lienz verbindet schon jetzt eine wunderschöne Loipe. Sie wird momentan so ausgebaut, dass weder Straßen noch Bahnschienen stören. „Wir wollen Lienz von der Dolomiten- zur Olympiastadt entwickeln“, sagt Theurl. Auch ein Dolomitenlauf von Cortina nach Lienz sei denkbar.

Lohnenswert ist auch ein Abstecher zur Dolomitenrodelbahn in Tristach. Mit 7,5 Kilometern ist sie eine der längsten und beliebtesten in ganz Österreich. Gerodelt werden darf in exakt vorgegebenen Zeiten bis tief in die Nacht. Eine Stirnlampe ist auf dem unbeleuchteten Teil Pflicht. Vor der Abfahrt kommt jedoch ein anspruchsvoller Aufstieg über fast 1.000 Höhenmeter. Den kann man mit Pkw und Shuttle bewältigen. Schöner, wenn auch anstrengender ist jedoch der Aufstieg mit dem Schlitten zu Fuß.

Allein die Hütte und ihre Küche auf etwa 1.600 Metern belohnen die Mühe. Auf der Speisekarte locken etwa Osttiroler Schlipfkrapfen – mit gekochten Kartoffeln und frischen Kräutern gefüllte Teigtaschen. Der beliebteste Schnaps ist hier, wie auch auf den anderen 48 auch im Winter geöffneten Hütten in Osttirol, der Tiroler Pregler, hergestellt ausschließlich aus heimischen Äpfeln, Birnen und Zwetschgen.

Schlipfkrapfen sind eine Osttiroler Spezialität.
Schlipfkrapfen sind eine Osttiroler Spezialität. © TVB Osttirol/Major Maik

Am Ende bleibt Zeit für ein Fazit. „Der Klimawandel hat auch vor Osttirol nicht Halt gemacht“, sagt Franz Theurl. Schnee für traumhafte Winterwanderungen und lange Langlaufrunden ist dennoch genug da. Im Tal wird dafür teilweise nachgeholfen. In den traumhaften Seitentälern auf weit über 1.000 Metern Höhe ist das nicht notwendig. Noch nicht. Die Einheimischen berichten, dass es statt –20 Grad in den letzten Wintern eben nur noch –10 Grad kalt ist. Für eine märchenhafte Kulisse samt „Winterbotschaft“ reicht das. Hoffentlich noch lange.

Anreise: Von Dresden nach Lienz 680 km mit dem Auto. Per Bahn etwa 11 Std.

Loipengebühr: Per Ticket Zugang zum Dolomiti Nordic Ski mit insgesamt über 1.000 Kilometer Loipe; 10 € pro Tag, 45 € pro Woche am Ticketautomaten, auf der Piste mehr.

Rodeln: Start an der Dolomitenhütte bei Tristach auf 1.620 m Höhe. Parkplatz am Kreithof 6 €.

Dolomitenlauf: Größter Volksskilauf in Österreich. Startgebühr zwischen 25 und 100 Euro. Nächster Termin: 20./21. Januar 2024.

Die Reise wurde unterstützt von Osttirol Tourismus.