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Infineon baut ab Herbst neue Fabrik in Dresden

Der Neubau ist beschlossen: Infineon schafft in Dresden 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Der Konzern rechnet fest mit hohen Subventionen für die Mikrochipfabrik.

Von Georg Moeritz
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So soll der Neubau aussehen: Im Foto rechts der geplante Anbau an die Infineon-Chipfabrik in Dresden.
So soll der Neubau aussehen: Im Foto rechts der geplante Anbau an die Infineon-Chipfabrik in Dresden. © Visualisierung: PR/Infineon

Dresden. In diesem Herbst will der Infineon-Konzern mit dem angekündigten Neubau neben seiner Mikrochipfabrik in Dresden beginnen. Anlässlich der Hauptversammlung in München kündigte Infineon-Vorstandschef Jochen Hanebeck am Donnerstag an, im Herbst 2026 solle die Produktion im neuen Reinraum beginnen. Der Standort Dresden wächst damit von jetzt 3.200 auf 4.200 Beschäftigte.

Der Bauplatz in Dresden ist schon lange frei: In der Südostecke des Infineon-Werksgeländes an der Königsbrücker Landstraße blieb Platz für einen großen Anbau. Doch bisher hatte Infineon den nicht nötig: Der Halbleiterkonzern, früher ein Teil von Siemens, investierte zuletzt groß in Österreich und Malaysia.

Außerdem war in Dresden noch Platz für Maschinen im Reinraum der ehemaligen Infineon-Tochterfirma Qimonda. Die ging 2009 pleite, weil ihre Massenproduktion von Speicherchips zu starke Konkurrenz aus Asien bekam. Inzwischen hat Infineon jedoch auch diese Fabrikteile wieder mit Maschinen gefüllt. Gegen Mitte dieses Jahrzehnts werden alle Infineon-Reinräume ausgelastet sein, die Siliziumscheiben mit 300 Millimeter Durchmesser zu Mikrochips verarbeiten können. Zeit für eine neue Investition – für die bisher größte des Konzerns.

Robert Habeck: Chips nötig für erneuerbare Energien

Noch im November hatte Hanebeck diese Investition unter den Vorbehalt gestellt, genügend Zuschüsse vom Staat zu erhalten. Die sind nun so gut wie sicher. Voriges Jahr gingen Autofabriken die Mikrochips aus. Hanebeck sagte, er spüre bei Politikern in Berlin und Brüssel große Wertschätzung.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) drückte sie am Donnerstag schriftlich aus: Es gebe staatliche Förderung für Unternehmen, deren Innovationen „notwendig sind für die Transformation hin zur Klimaneutralität“. Die Halbleiter, die in Dresden produziert werden sollen, seien „notwendig für die Nutzung erneuerbarer Energien oder für die E-Mobilität“. Daher erteilte Habeck eine Ausnahmegenehmigung für einen beschleunigten Projektstart.

Infineon darf mit dem Dresdner Anbau beginnen, obwohl die Europäische Kommission die staatlichen Beihilfen noch nicht genehmigt hat. Doch auch das scheint nur eine Formalie zu sein: Die Milliarde Euro als Subvention zum Fünfmilliardenprojekt kommt ausschließlich vom Bund, nicht von der EU aus Brüssel. Und die hat ohnehin das Ziel vorgegeben, im Wettbewerb mit den USA und Asien die hiesige Halbleiter-Industrie zu stärken. Das Infineon-Werk Dresden soll eng mit dem österreichischen in Villach zusammenarbeiten.

Der Milliardenzuschuss kommt vom Bund aus zwei Töpfen

Infineon rechnet mit rund 750 Millionen Euro auf Grundlage des EU Chips Acts, über den in Brüssel gerade verhandelt wird. Die übrigen 250 Millionen Euro sollen aus einem Topf für „Important Projects of Common European Interest“ (Ipcei), kommen, also wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse. Dabei steht technischer Fortschritt im Vordergrund.

Hanebeck sagte auf Nachfrage von Aktionärsvertretern, sein Idealbild seien zwar Unternehmen, die mit wenigen Subventionen am Markt handeln könnten. Aber die Welt sei nun in einer „geopolitischen Neuorientierung“. Es wäre ein Fehler, wichtige Industriezweige aus EU und USA abwandern zu lassen.

Im Herbst 2026 soll der neue Fabrikteil in Dresden mit der Chipproduktion beginnen. Die fünf Milliarden Euro dürften vor allem in Produktionsanlagen fließen, wie sie der niederländische Hersteller ASML mit Bestandteilen von Zeiss und Jenoptik liefert: zum Beschichten, Belichten und Ätzen von Siliziumscheiben. Aus jeder Scheibe werden Hunderte oder Tausende gleichartige Chips nebeneinander.

Autozulieferer sind die Hauptkunden von Infineon

Die Fabrik soll zum einen Leistungshalbleiter herstellen wie schon die Nachbarfabrik – sie werden zum Schalten starker elektrischer Ströme benötigt, auch in Windkraft- und Solaranlagen. Infineon betont häufig, zu den Megatrends „Digitalisierung und Dekarbonisierung“ beizutragen.

Außerdem sollen laut Pressemitteilung „Analog/Mixed-Signal-Komponenten“ aus der Fabrik kommen. Solche Schaltkreise übersetzen die digitale Welt des Mikrocontrollers in die analoge Welt der Leistungsschalter, sagte Hanebeck. Infineon beliefert Hersteller von Ladegeräten und Smartphones, aber 45 Prozent des Umsatzes kommen aus der Autobranche. Der ehemalige VW-Chef Herbert Diess soll künftig Aufsichtsratschef bei Infineon sein.

Vorstandschef Hanebeck kennt die Qimonda-Geschichte und weiß, dass seine Branche auch wieder schrumpfen kann. Auf Nachfrage sagte er, die neue Fabrik werde schrittweise hochgefahren, so lasse sich das Risiko minimieren. Die maximale Kapazität soll gegen Ende des Jahrzehnts erreicht sein, sagte Vorstandsmitglied Rutger Wijburg. Er war früher Werksleiter in Dresden – zuletzt bei Infineon, davor beim Nachbarn Globalfoundries.

Fabrik soll fünf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr schaffen

Sobald die Fabrik voll ausgelastet ist, soll sie jährlich rund fünf Milliarden Euro Umsatz möglich machen. Die Fabrik wird hoch automatisiert sein. Laut Hanebeck wird das Werk außerdem zu den umweltfreundlichsten Fertigungen seiner Art zählen.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sprach von einem weiteren großen Schritt in der erfreulichen Entwicklung der Halbleiterindustrie in Sachen. Dresden als wichtigster Standort dieser Branche in der EU werde langfristig gestärkt. Lukas Rohleder, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Dresden, sprach von einem „tollen Signal für Dresden und Sachsen“.

Zuletzt hatten die US-Chipkonzerne Intel und Wolfspeed sich für Bauplätze in Magdeburg und im Saarland entschieden. Nun wächst wieder das Silicon Saxony. Wolfspeed ist sowohl Lieferant als auch Konkurrent von Infineon - vor einigen Jahren wollten die Deutschen die US-Firma kaufen, aber die US-Regierung untersagten das Geschäft.

Die SPD-Abgeordneten Rasha Nasr und Albrecht Pallas schrieben, durch die Investition von Infineon würden wichtige Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche nach Dresden geholt. Dresdens Oberbürgermeister müsse unverzüglich mit Infineon nach Lösungen suchen, wie für die neuen Arbeitskräfte schnell angemessener Wohnraum entstehen könne.