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Lokführer legen Bahnverkehr lahm: Was Fahrgäste jetzt wissen sollten

Im Tarifstreit zwischen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL läuft seit Donnerstagabend erneut ein 24-stündiger Warnstreik. Worauf Sie sich an diesem Freitag auch in Sachsen einstellen müssen.

Von Mirko Jakubowsky & Tobias Winzer
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Es fährt kein Zug nach irgendwo: Offizieller Beginn des Warnstreiks war am Donnerstag um 22 Uhr.
Es fährt kein Zug nach irgendwo: Offizieller Beginn des Warnstreiks war am Donnerstag um 22 Uhr. © dpa/Bernd Weissbrod

Berlin. Ein 24-stündiger Warnstreik im Fern- und Regionalverkehr bringt für Fahrgäste an diesem Freitag erneut weitreichende Einschränkungen. Begonnen hat der neuerliche Ausstand der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bereits am Donnerstagabend um 18 Uhr im Bahn-Güterverkehr. Vier Stunden später weitete die Gewerkschaft den Arbeitskampf auch auf Personenzüge aus.

Worum gestritten wird und wie sich Fahrgäste auf den Ausstand am besten einstellen:

Welche Verkehre sind betroffen?

Die Auswirkungen des GDL-Warnstreiks wurden mit Betriebsbeginn am frühen Freitagmorgen besonders spürbar. "Im gesamten Fern- und Regionalverkehr kommt es zu massiven Beeinträchtigungen", teilte die Bahn mit. "Der Notfahrplan für den DB-Personenverkehr ist angelaufen." Im Fernverkehr sei wie angekündigt rund jeder fünfte Zug unterwegs, sagte eine Bahnsprecherin am Freitag. Im Regionalverkehr seien Auswirkungen je nach sehr unterschiedlich.

Zum Warnstreik aufgerufen sind Beschäftigte der Bahn einschließlich der S-Bahn-Betriebe in Berlin und Hamburg sowie der Eisenbahnunternehmen Transdev, AKN und City-Bahn Chemnitz sowie weiterer Unternehmen.

Welche Regionen sind betroffen und wie sieht es in Sachsen aus?

Auch in Sachsen ist der Streik spürbar, da insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern viele Beschäftigte bei der GDL organisiert sind. Dadurch ist der Regionalverkehr stark betroffen. Die Bahn versuchte aber, ein Mindestmaß an Verbindungen aufrecht zu erhalten und setzte im Notfahrplan auch auf Ersatzbusse.

Konkret nannte das Unternehmen für Sachsen folgende Strecken:

  • RE 50 Dresden Hbf – Leipzig Hbf: Züge fahren im Zwei-Stundentakt und zusätzlichen Halt in Gerichshain und Machern
  • S 1 Coswig – Pirna: Züge fahren zwischen Coswig und Pirna ab ca. 11 Uhr im Ein- bis Zwei-Stundentakt, Ersatzverkehr mit Bussen zwischen Meißen und Coswig sowie zwischen Pirna und Bad Schandau
  • S 3 Dresden - Tharandt: Ersatzverkehr mit Bus im Ein-Stundentakt
  • S 8 Dresden-Hauptbahnhof – Kamenz: Züge fahren im Zwei-Stundentakt
  • RB 33 Dresden-Neustadt - Königsbrück: Ersatzverkehr mit Bus im Zwei-Stundentakt
  • RB 71 Pirna - Sebnitz: Ersatzverkehr mit Bus zwischen Pirna und Neustadt im Zwei-Stundentakt, Ersatzverkehr mit Großraumtaxi zwischen Neustadt und Sebnitz im Ein-Stundentakt
  • RB 72 Heidenau - Kurort Altenberg: Ersatzverkehr mit Bus im Zwei-Stundentakt
  • RB 113 Leipzig - Geithain: Ersatzverkehr mit Bus im Zwei-Stundentakt
  • Aktuelle Informationen auf der Bahn-Website

Nicht betroffen vom Ausstand der Lokführer sind Trilex-Züge von Dresden nach Görlitz und Zittau. Die Mitarbeiter der Länderbahn wurden nicht zum Warnstreik aufgerufen, informierte Pressesprecherin Katerina Hagen. Die Länderbahn rechnete damit, dass der Betrieb nach den regulären Fahrplänen laufen kann. Es könne jedoch zu Beeinträchtigungen kommen, wenn Infrastrukturbetreiber bestreikt werden. Dann sei mit kurzfristigen Ausfällen und Verspätungen zu rechnen. Am Freitagmorgen fuhren laut der Trilex-Website jedoch die allermeisten Züge.

Im Vogtlandnetz ist nach aktuellem Stand nur die Mitteldeutsche Regiobahn mit dem RE 3 (Hof – Plauen – Zwickau – Chemnitz – Dresden) betroffen. Sofern sich nicht spontan Infrastrukturbetreiber und -anbieter am Streik beteiligen, verkehren alle weiteren Bahnlinien der Vogtlandbahn (RB 1, RB 2, RB 4 und RB 5) sowie der Erfurter Bahn (RB 13) normal, teilte das Unternehmen mit. Die Bereiche Bus und Straßenbahn sind ebenfalls nicht betroffen.

Die City-Bahn Chemnitz hingegen ist voll vom Streik betroffen. Für den morgendlichen Schülerverkehr habe man teils Lösungen gefunden, hieß es. Auf ihrer Homepage informiert die City-Bahn zudem über Ausweichverbindungen. Friedbert Straube, Geschäftsführer der City-Bahn Chemnitz, kritisiert das Vorgehen der GDL: "In einer solchen Situation die 35-Stunden-Woche zu fordern, ist – freundlich formuliert: unseriös. Lieber 38 Wochenstunden und gute Arbeitsbedingungen statt 35 Stunden und ausgelutschte Dienstpläne."

Bei der Mitteldeutschen Regiobahn sind fünf Linien vom Streik betroffen, darunter der RB45 Chemnitz-Elsterwerda und die RB110 Leipzig-Döbeln. Das Verkehrsunterunternehmen richtete teilweise einen Busnotverkehr ein und informiert darüber auf seiner Website.

Bis wann streiken die Lokführer?

Offizieller Beginn des Warnstreiks war am Donnerstag um 22 Uhr, im Güterverkehr ging es bereits 18 Uhr los. Fahrgäste mussten sich aber schon Stunden davor auf Zugausfälle einstellen. Manche Verbindungen müssten schon vorher aus dem Fahrplan genommen werden, teilte die Bahn mit. Nur so konnte man gewährleisten, dass Züge nicht auf freier Strecke halten und dass sie nach dem Streik schnell wieder dort sind, wo sie gebraucht werden. Der Arbeitskampf soll laut GDL bis Freitagabend um 22 Uhr dauern. Bis der Verkehr danach wieder uneingeschränkt rollt, dürften aber weitere Stunden vergehen.

Wo kann ich mich über meinen Zug informieren?

  • Die Bahn hat einen Notfahrplan erstellt, der seit Mittwochmittag auf den digitalen Kanälen des Konzerns abrufbar ist.
  • Ob ein Fern- oder Regionalzug fährt oder nicht, lässt sich also über die Bahn-App oder die Internetseite einsehen.
  • Für individuelle Auskünfte hat die Bahn zudem eine Rufnummer eingerichtet (08000-996633).

Was passiert mit meinem Ticket?

Der Ausstand am reisestarken Freitag durchkreuzt die Pläne Tausender Fahrgäste. Sie können ihre für Donnerstag oder Freitag geplante Reise verschieben und ihre Fahrkarte zu einem anderen Zeitpunkt nutzen - und zwar unabhängig davon, ob die konkrete, eigene Verbindung am Ende tatsächlich durch den Warnstreik betroffen war oder nicht, weil sie im Rahmen des Notfahrplans doch angeboten wurde.

Die Zugbindung sei aufgehoben, teilte die Bahn mit. Reservierungen könnten kostenfrei storniert werden. Laut DB besteht auch die Möglichkeit, die Reise vorzuverlegen und mit einem früheren Zug zu fahren.

Wieso streikt die GDL?

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) will mit der Aktion den Druck in der laufenden Tarifrunde erhöhen. Sie will so unter anderem der Forderung nach einer Arbeitszeitsenkung für Schichtarbeiter Nachdruck verleihen. "Die Arbeitgeberseite mauert allerorten und ist nicht bereit, den Beschäftigten die ihnen zustehende Wertschätzung und Anerkennung für die geleistete Arbeit zukommen zu lassen", kritisierte die Gewerkschaft.

Wenn der Bahnverkehr ab dem späten Freitagabend wieder anrollt, können streikgeplagte Fahrgäste zumindest für dieses Jahr aufatmen. Denn die Lokführer wollen bis zum 7. Januar 2024 nicht mehr die Arbeit niederlegen. In der Zeit danach ist aber alles möglich. Die GDL will am 19. Dezember das Ergebnis einer Urabstimmung unter ihren Mitgliedern verkünden. Sollten sich dabei mehr als drei Viertel der Teilnehmer für unbefristete Streiks aussprechen, dürfte die Gewerkschaft zu deutlich längeren Arbeitskämpfen aufrufen.

Am Verhandlungstisch waren keine Fortschritte in Sicht. Die Fronten zwischen der GDL und der Bahn sind verhärtet, ein Ausweg bisher nicht zu erkennen. Nach dem 7. Januar könnte es also auf der Schiene plötzlich wieder ganz ruhig sein. (mit dpa)