Dippoldiswalde
Merken

Wie man das Lithium aus dem Stein bekommt

Der in Zinnwald geplante Bergbau ist nur der erste Schritt, um den Batterierohstoff zu gewinnen. Fachleute in Freiberg planen das weitere Verfahren.

Von Franz Herz
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Firma UVR-FIA in Freiberg, die die Aufbereitung des Zinnwald Lithium-Erzes mit plant. Geschäftsführer Dr. Henning Morgenroth
Firma UVR-FIA in Freiberg, die die Aufbereitung des Zinnwald Lithium-Erzes mit plant. Geschäftsführer Dr. Henning Morgenroth © SZ/Franz Herz

Bergbau ist der erste Schritt, um Rohstoffe zu gewinnen wie das Lithium. Bis aber das fertige Material vorliegt, das dann an eine Batteriefabrik verkauft werden kann, sind eine Reihe von Zwischenschritten nötig, die sogenannte Aufbereitung.

Diese wird jetzt genauso geplant, wie der eigentliche Bergbau. Denn jedes Erz ist anders. Das Verfahren muss dafür passen. Und die Aufbereitung hat Folgen, wirtschaftliche, ökologische oder technische. Um das zu planen, arbeitet Zinnwald Lithium international mit Fachfirmen zusammen. Diese sind unter anderem in Finnland, Großbritannien aber auch in der Regio ansässig - wie die Firma UVR-FIA in Freiberg. Schon deren Vorgängereinrichtung arbeitete für Zinnerz Altenberg. Ihr Geschäftsführer, Dr. Henning Morgenroth, und sein 30-köpfiges Team sind Spezialisten für die Planung von Aufbereitungsanlagen.

Unterschiedliche Arten von Erz

Vor ihm liegen zwei Erzbrocken. Einer ist dunkelgrau mit vielen glitzernden Einsprengseln, klassisches Greisengestein, das relativ viel Lithium enthält. Der zweite Brocken ist heller mit einem Stich ins Rötliche. Auch hier glitzert es, aber schwächer. Es ist der sogenannte Albitgranit, ebenfalls aus Zinnwald, der weniger Lithium enthält, dessen Abbau sich aber ebenfalls lohnen kann.

Das Erz wird zu feinem Sand

Mit einem solchen Stein kann aber niemand ein Auto antreiben. Erst muss das Lithium aus dem Stein herausgelöst werden. Im Zinnwalder Erz kommt das Lithium als Teil des Glimmers vor, den man ja mit bloßem Auge sieht. Die Steine, die aus dem Berg gesprengt werden, kommen erst in ganz grobe Brecher, wie sie beispielsweise auch in Steinbrüchen arbeiten. Weiter geht es dann in Erzmühlen, bis das Material zu Sand geworden ist: mit Körnern, die kleiner als ein Millimeter sind.

Diese Aufschlusszerkleinerung, wie die Fachleute sie nennen, hat ein Ziel. Die einzelnen Sandkörner bestehen jetzt nicht mehr aus verschiedenen Mineralien, sondern es sind entweder Glimmerkörner mit dem Lithium darin oder taubes Gestein.

Einzelne Sandkörner müssen sortiert werden

Aber mit einem Eimer voll Sand kann immer noch niemand eine Batterie bauen. Es gilt, den Sand zu sortieren. Der Glimmer ist zum Glück schwach magnetisch. Zu schwach, um auf übliche Magnete zu reagieren. Aber 1982 wurden die besonders starken Neodym-Magnete entwickelt, die heute auch in Lautsprechern oder Windkraftwerken eingesetzt werden. Diese ziehen auch den schwachen Glimmer an. Das nutzen die Ingenieure in Magnetabscheidern.

Henning Morgenroth gibt den unsortierten Erzsand in der Firma UVR-FIA in Freiberg in einen Magnetscheider.
Henning Morgenroth gibt den unsortierten Erzsand in der Firma UVR-FIA in Freiberg in einen Magnetscheider. © SZ/Franz Herz
Die Sandkörner laufen über eine Magnetwalze. Das taube Gestein fällt einfach runter, der magnetische  Lithiumglimmer wird mitgezogen und fällt weiter hinten in einen anderen Behälter.
Die Sandkörner laufen über eine Magnetwalze. Das taube Gestein fällt einfach runter, der magnetische Lithiumglimmer wird mitgezogen und fällt weiter hinten in einen anderen Behälter. © SZ/Franz Herz
Laborant Dino Gries hält das Ergebnis  in einer Schale: links das taube Gestein, rechts der Lithiumglimmer.
Laborant Dino Gries hält das Ergebnis in einer Schale: links das taube Gestein, rechts der Lithiumglimmer. © SZ/Franz Herz

Der Sand läuft auf einem Band nach unten über eine magnetische Walze. Darunter stehen zwei Behälter. Die Magnetwalze hält den Glimmer fest, während das taube Gestein sofort herunterfällt. Der Glimmer etwas später, wenn sich das Band wieder vom Magneten entfernt hat. Nun hat man das taube Gestein in einem Behälter, den Glimmer in einem anderen.

Forschungsfirma war schon für Zinnerz Altenberg aktiv

Ein solches Verfahren, das über Jahrzehnte industriell laufen soll, will genau durchdacht sein. Das ist Aufgabe der Firma UVR-FIA. Das Unternehmen in Freiberg ist 1991 aus dem Forschungsinstitut für Aufbereitung (FIA) entstanden, das als Teil der Akademie der Wissenschaften schon in der DDR-Zeit für den Altenberger Bergbau geforscht hat. Im Bergarchiv Freiberg liegen noch Forschungsergebnisse aus den 1960er bis in die 1980er-Jahre über die Zusammenarbeit mit dem Altenberger Zinnbergbau.

Im Technikum laufen Großversuche

Es gibt viele Stellschrauben, an denen die Erzaufbereiter drehen können. „Unsere Aufgabe ist es, die passenden Parameter zu finden“, sagt Henning Morgenroth. Eine Frage ist beispielsweise bei manchen Schritten: Finden sie mit dem trockenen Material statt oder mit nassem? Manchmal erleichtert Wasser beispielsweise das Sieben. Aber wer Wasser einsetzt, muss erst genügend davon haben und danach das Abwasser wieder entsorgen und reinigen. Sind die Vorteile größer oder die Nachteile?

Um solche Entscheidungen zu treffen, liefert die UVR-FIA die Grundlagen. Dafür hat die Firma in Freiberg nicht nur Labore, sondern ein Technikum, in dem die Verfahren schon in großem Maßstab getestet werden können. Die Halle reicht über vier Etagen. Oben wird das Material eingegeben, darunter sind verschiedene Arbeitsmaschinen für die notwendigen Versuche aufgebaut. Das Gebäude wurde schon 1960 genau für diese Zwecke gebaut, erzählt der Geschäftsführer. Es arbeitet für Bergbau, aber besonders auch für die Recyclingbranche und andere Industriezweige. „Unser Technikum ist europa-, wenn nicht weltweit einzigartig“, sagt der Geschäftsführer.

Wenn also der Glimmer in reinem Zustand vorliegt, ist das ein wichtiger Schritt. Aber immer noch nicht das Ziel. Denn der Glimmer ist ein Gitter, in dem das Lithium mit anderen Elementen verbunden ist.

„Das herauszulösen ist dann nicht mehr Teil der Aufbereitung, sondern der Metallurgie. Die machen andere Firmen“, sagt Morgenroth. Auch hier laufen Untersuchungen im Auftrag von Zinnwald Lithium. Der Glimmer muss dafür geröstet, also auf hohe Temperaturen erhitzt werden. Dann kann das Lithium mithilfe von Säure oder auch Wasser herausgelöst werden. Dann nähert sich der Rohstoff dem, das wirklich in Batterien verarbeitet wird und Elektroautos antreiben kann.