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Frauenpower im Rathaus: Braucht Ostritz eine Männerquote?

Ostritz wird von Frauen regiert - zumindest im Rathaus. Im Kreis ist das etwas Besonderes - und wirft manchmal besondere Fragen auf. Auch am Frauentag.

Von Anja Beutler
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Stephanie Rikl steht als Bürgermeisterin an der Spitze der Stadt Ostritz und kann sich auf ihr rein weibliches Team verlassen - auch während der Elternzeit.
Stephanie Rikl steht als Bürgermeisterin an der Spitze der Stadt Ostritz und kann sich auf ihr rein weibliches Team verlassen - auch während der Elternzeit. © Matthias Weber/photoweber.de

Am Frauentag laufen Männer mitunter zu Hochform auf: Pralinen und Blumen sind dann als Zeichen der Wertschätzung meist erste Wahl für die Kolleginnen. Wie aber ist das, wenn in einer Verwaltung nur Frauen arbeiten? So wie in Ostritz. Birgit Dittmann, seit vielen Jahren Sekretärin im Rathaus, muss schmunzeln. "Der Frauentag ist bei uns ein ganz normaler Arbeitstag wie jeder andere", sagt sie. Echt jetzt? Nicht wenigstens ein Stück Kuchen oder ein gemeinsamer Kaffee? "Nein, wir lassen uns nicht extra hochleben", sagt Dittmann. Aber es habe auch Zeiten gegeben, wo das ein wenig anders war, wo der Bürgermeister Blümchen verteilt und den Damen gratuliert hat. Das sei allerdings schon eine erkleckliche Weile her.

Seit 2008 hat die Stadt immer eine Frau an der Spitze gehabt: Marion Prange bestimmte 14 Jahre lang die Ostritzer Geschicke. Bei der letzten Wahl hat sich mit Stephanie Rikl wieder eine Frau durchgesetzt. Außerdem sind momentan wirklich alle Leitungspositionen - vom Haupt- über das Bauamt, die Kämmerei, das Standesamt bis zum Melde- und Gewerbeamt - mit Frauen besetzt. Lediglich der Bauhof verfügt über zwei Männer. Im Kreis Görlitz ist das wohl einmalig. Dass man hier also eher von Kolleginnen spricht, ist logisch. Da liegt es nahe, dass auch in der Hauptsatzung der Stadt eben nicht nur von einem Bürgermeister oder Stadtrat die Rede ist. Seit vergangenem Jahr ist das in Ostritz so. Ein Durchmarsch war diese Änderung in geschlechtergerechte Sprache allerdings nicht.

Ines Fabisch, Stadträtin der Unabhängigen Bürgerinnen und Bürger für Ostritz und Leuba (UB) und zudem jahrelang Gleichstellungsbeauftragte beim Landkreis, ist heute froh, dass auch die Männer im Stadtrat am Ende mehrheitlich der Ansicht waren, dass das wichtig und richtig sei, gerade bei einer so enormen Frauenquote - selbst der Stadtrat ist immerhin zu einem Drittel weiblich.

Frauen stehen ihren "Mann"

Aber warum arbeiten im Ostritzer Rathaus nur Frauen? Marion Prange, Ex-Bürgermeisterin und noch immer Chefin der städtischen Bauen und Wohnen GmbH, hat keine logische Erklärung. "Das war wirklich Zufall", meint Prange. Als sie im Rathaus angefangen hat, gab es noch männliche Amtsleiter beim Haupt- und beim Ordnungsamt beispielsweise. Dass bei der nötigen Neubesetzung der Stellen am Ende Frauen ausgewählt wurden, lag ausschließlich an der Qualifikation und Eignung, betont Prange.

Bewehrt hat sich das Frauenteam allemal. Als Ostritz wegen der Neonazi-Konzerte in die Schlagzeilen geraten ist, wehrte sich die Stadtgesellschaft, wollte ein negatives Image vermeiden. Das war auch für die Verwaltung nicht ohne. "In Stress und herausfordernden Situationen hat bei uns jede Frau immer ihren Mann gestanden", sagt Prange mit einem alten Sprichwort. Es zeige auch, dass eine typisch weiblich geführte Verwaltung keineswegs schlechter arbeitet, fügt sie hinzu.

Davon ist auch Anett Kupka überzeugt. Die Stadträtin (UB) führt als stellvertretende Bürgermeisterin derzeit die Amtsgeschäfte, denn Stephanie Rikl genießt nach der Geburt ihrer Tochter gerade eine kurze Elternzeit. Kupka, die sonst als Ingenieurin an der Hochschule Zittau/Görlitz arbeitet, hat die Frauenpower im Rathaus jetzt live als "produktiv und effektiv" erlebt, sagt sie. Die Stimmung sei gut, die Mitarbeiterinnen alle sehr hilfsbereit. Dennoch ist die Ingenieurin aus eigener Erfahrung kein genereller Fan von allzu homogenen Teams: Eine gute Mischung macht's, bringt andere Perspektiven und Farben hinein.

Brauchen also die beiden Bauhofmänner bei so viel Weiblichkeit einen Männerbeauftragten in Ostritz? Gleichstellungsexpertin Ines Fabisch lacht: "Nein, das glaube ich nicht", meint sie. Und womöglich bekommen die beiden Bauhof-Herren ja auch bald weitere Verstärkung.