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Zittau: Platzt die Investition von Little John Bikes?

Der Fahrradhändler will eine neue Filiale in Pethau eröffnen. Doch die Stadt Zittau will das nicht genehmigen.

Von Jan Lange
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Im ehemaligen Autohaus Strauß will Little John Bikes gern eine Filiale eröffnen.
Im ehemaligen Autohaus Strauß will Little John Bikes gern eine Filiale eröffnen. © Matthias Weber/photoweber.de

Little John Bikes ist nach eigenen Angaben ein schnell wachsendes Unternehmen. 10 bis 15 Filialen werden jedes Jahr neu eröffnet. Eine Niederlassung will der Fahrradhändler auch in Zittau einrichten. Eine passende Immobilie ist bereits gefunden: das Autohaus Strauß im Ortsteil Pethau, dessen frühere Ausstellungshalle Little John Bikes nutzen will. Derzeit wird sie noch als Lager einer Sozialstation genutzt. Für dieses Lager hat der momentane Mieter bereits eine Alternative gefunden.

Aus Sicht von Little John Bikes gibt es viele Argumente, die für den Standort sprechen. Das Geschäft wäre mit rund 800 Quadratmetern so groß wie gewünscht, vor dem Laden gibt es Parkmöglichkeiten und Platz, mal eine Runde mit dem Rad Probe zu fahren. Darüber hinaus führt eine der Hauptverbindungen ins Zittauer Gebirge an dem Objekt vorbei. Mit dem potenziellen Vermieter ist sich der Fahrradhändler im Grunde einig.

Der Eröffnung der neuen Little John Bikes-Filiale in Zittau scheint nichts im Wege zu stehen. Doch der Schein trügt. Die Stadt Zittau hat dem Unternehmen mitgeteilt, dass die Nutzung des Objektes als Fahrradgeschäft nicht möglich sei, wie Marketingleiter Jan Schneidewind der SZ erklärt. Little John Bikes war davon überrascht. In dem Gebäude sei früher schon gehandelt worden - statt Fahrräder eben Autos. Und der TÜV Süd betreibt am Standort nach wie vor ein Service-Center.

Die Gründe für die Ablehnung seien vonseiten der Stadt nicht objektiv hervorgehoben worden, meint Schneidewind. Trotz mehrfacher Anfrage der SZ äußerte sich die Stadt nicht zu den Gründen.

Die Stadt empfahl, so Schneidewind, sich in Richtung Innenstadt zu orientieren. Das verwundert nicht: Fahrräder und Zubehör gelten als zentrumsrelevante Artikel, deren Verkauf auf die Innenstadt konzentriert werden soll. Aktuell verkaufen drei Händler Fahrräder in der Innenstadt, was etwa 40 Prozent der Fahrradläden entspricht.

Keine brauchbare Immobilie im Zentrum

Zittau konnte kein brauchbares Objekt im Zentrum anbieten, so Schneidewind. Zuletzt habe es eine E-Mail-Korrespondenz zwischen beiden Seiten gegeben, in der die Stadt mitteilte, dass es im Moment keine adäquate Lösung gebe, vielleicht in Zukunft.

Der Fahrradhändler will aber keine zwei Jahre oder länger warten, bis sich eine Lösung ergeben würde, sagt der Marketingleiter. In den nächsten sechs bis zwölf Monaten müsse es nach seinen Worten eine Einigung geben, andernfalls sei das Vorhaben gestorben.

Man habe bereits viel Energie in das Projekt Zittau gesteckt, um die passende Immobilie zu finden und mit dem Vermieter zu verhandeln, meint Jan Schneidewind. Little John Bikes könne seine Ressourcen nicht nur auf Zittau beschränken.

Das Unternehmen expandiere aktuell in zehn weiteren Regionen - und in kaum einer Stadt würden ihm solche Steine in den Weg gelegt wie in Zittau, so Schneidewind. So beispielsweise in Bautzen, wo Little John Bikes aus der Innenstadt an die B96 ziehe und im Frühjahr 2023 an der Neusalzaer Straße gegenüber der Bäckerei Fehrmann seine neue Filiale, die dreimal so groß wie die jetzige ist, eröffnen will. Der Neubau in Bautzen ist der erste in der Firmengeschichte von Little John Bikes, die 1997 ihren Anfang nahm.

Auch in Görlitz hatte es 2021 Veränderungen gegeben: Little John Bikes war von der Heilige-Grab-Straße, wo der Fahrradhändler mehr als 15 Jahre ansässig war, ins Gewerbegebiet bei Roller umgezogen.

Inzwischen betreibt Little John Bikes mehr als 50 Filialen. Die 50. wurde erst in diesem Jahr in Neubrandenburg eröffnet. 1997 in Neukirch gegründet, verlegte der Fahrradhändler inzwischen seinen Hauptsitz nach Dresden. Er ist vor allem in Ostdeutschland - von Greifswald bis Plauen - präsent, hat aber auch sechs Filialen in Nordrhein-Westfalen und will sich künftig in Richtung Bayern vergrößern.

Rund 350 Mitarbeiter beschäftigt Little John Bikes an allen Standorten, macht etwa 66 Millionen Euro Umsatz im Jahr und setzt gut 40.000 Fahrräder und E-Bikes ab. "Wir sind ein Unternehmen mit großer Marktrelevanz", meint Jan Schneidewind.

Eine der letzten Lücken auf Sachsens Landkarte

Zittau sei eine der letzten Lücken auf Sachsens Landkarte. Jan Schneidewind würde sich auch aus persönlichem Interesse über eine Lösung freuen, denn er stammt aus der Mandaustadt. Da es in Zittau bereits einige Fahrradhändler gibt, analysierte Little John Bikes den Standort genau. Und ist überzeugt, dass das eigene Angebot eine gute Ergänzung zum derzeitigen Angebot ist. "Wir sind stark in der E-Mobilität unterwegs, fast 70 Prozent unseres Absatzes sind E-Bikes", erklärt Schneidewind. Fünf Arbeitsplätze würden in der Zittauer Filiale entstehen, weist der Marketingleiter hin.

Die Stadt Zittau sei nicht in der Lage, auf einen Investor wie Little John Bikes zu verzichten, findet Schneidewind. Alternativ nach Großschönau oder Seifhennersdorf zu gehen, komme für den Fahrradhändler nicht infrage. Auch in Zittau sieht er keine Chance für einen Ausweichstandort. Man habe länger gesucht und nichts Passenderes als das frühere Autohaus Strauß gefunden.

Zuletzt hatten einige Firmen Ärger wegen des Einzelhandelskonzeptes. So muss Repo von der Christian-Keimann-Straße umziehen - und will sein Sortiment mit den zentrumsrelevanten Artikel auch am neuen Standort anbieten. Edeka war ein Neubau nahe der jetzigen Filiale verweigert worden - der Discounter geht nach Olbersdorf.

Update, 19. September 2022, 12 Uhr: In einer früheren Version des Artikels war vom "früheren Autohaus Strauss" die Rede. Das Autohaus Strauss gibt es aber bis heute. Es hat nie geschlossen, sondern nur die Ausstellungshalle 2012 an die Sozialstation Mittelherwigsdorf vermietet. Der Geschäftsbetrieb lief unvermindert weiter, wie Geschäftsführer Jürgen Strauss mitteilt.