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Zittaus Strandbar sorgt weiter für Ärger

Die Beachbar auf dem Markt soll zur Belebung der Innenstadt beitragen. Doch auch die Nerven von Gastronomen und Anwohnern werden strapaziert.

Von Jan Lange
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"Filmriß"-Inhaber Heiko Winkler ärgert sich über die Strandbar vor seiner Cocktailbar.
"Filmriß"-Inhaber Heiko Winkler ärgert sich über die Strandbar vor seiner Cocktailbar. © SAE Sächsische Zeitung

Eigentlich wollen die Gäste im "Filmriß" nach der Arbeit ein bisschen entspannen und Cocktails genießen. Doch das ist momentan in der Zittauer Cocktailbar nicht wirklich möglich. Denn die Außensitzplätze werden regelmäßig von der Musik der Strandbar mitten auf dem Markt beschallt. "Ich habe die Betreiber bereits mehrfach gebeten, die Musik leiser zu machen und die Lautsprecher nicht so zu stellen, dass sie genau auf meine Bar gerichtet sind", ärgert sich Gastronom Heiko Winkler.

Geholfen haben die Hinweise bislang nicht. Beim ersten Mal nickten die Betreiber, beim zweiten Mal klopften sie ihm auf die Schulter, aber geändert habe sich nichts, sagt Winkler. Seine Gäste werden weiter von der Musik der Strandbar gestört. Es sei geschäftsschädigend, findet der Zittauer Gastronom. Er müsse in seiner Cocktailbar auch Rücksicht auf die Nachbarn nehmen, dürfe nur den eigenen Außenbereich bespielen.

Auch Anwohner, die am Markt wohnen, beschwerten sich bei ihm schon, sagt Winkler. Er habe ihnen geraten, sich bei der Stadt zu beschweren.

Im Bürgeramt sind zwei E-Mails von Gästen des „Filmriß“ eingegangen, welche sich über die Musik an der Strandbar beschwert haben, bestätigt Michael Scholze, Referent des Oberbürgermeisters, auf SZ-Anfrage. Diese sei zu laut, auf die Außengastronomiefläche des „Filmriß“ gerichtet und die Musik sei inhaltlich „Ballermann-Musik“, welche mit dem Charakter des Marktplatzes nicht zu vereinen sei, nennt er den Inhalt der Beschwerden.

Der Betreiber des „Filmriss“ hat sich über die Strandbar telefonisch beschwert, so Scholze, im Wesentlichen mit den gleichen Inhalten. Er wünsche die Anordnung der Lautsprecher so zu verändern, dass diese von Ost nach West die Strandbar beschallen. Dass sei laut den Initiatoren technisch nicht möglich. Mit dem Betreiber der Strandbar gab es Absprachen zu Lautstärke und Art der Musik.

Zittaus Citymanager Stephan Eichner bestätigt das. Eichner betont, dass es nie die Absicht war, mit jemanden in Konflikt zu geraten oder mit der Strandbar zu provozieren. Es gehe nur darum, die Innenstadt zu beleben. Und mal etwas anderes zu probieren.

Alkoholiker treffen sich auf Markt

Er habe die Beschallung noch mal kontrollieren lassen und keine Beanstandungen gehabt, so Eichner. Dem schließt sich die Stadt an. Für das Referat Stadtordnung gebe es laut Scholze keine Grundlage zum Eingreifen, da eine „unzumutbare Belästigung“ gemäß Polizeiverordnung nicht festgestellt werden konnte. "Seit mehreren Wochen hat es keine Beschwerden im Bürgeramt mehr gegeben", teilt Scholze mit.

Die Musik sei nur ein Problem, findet Winkler. Hinzu kommt, dass sich abends rund um die Strandbar Alkoholiker treffen. Da werde gegrölt und Bierflaschen fliegen herum. Mit Trinkern auf dem Markt gab es schon mal ein Problem. In den letzten Jahren fanden solche Treffs nicht mehr statt, weiß Winkler aus Erfahrung. "Nun kommen sie zurück."

Zuletzt gab es Beschwerden über den Trinker-Treff an der Weberkirche und Pöbeleien, Lärm, Wildpinkeln und Müll. Die Häufung derartiger Treffs in jüngerer Zeit könnte nach Ansicht von Sozialarbeitern mit der Einstellung von Suchtprojekten zusammenhängen. Das Jobcenter habe "keinen Bedarf mehr" gesehen und die Förderung gestrichen. Dadurch können Vereine nun deutlich weniger Betroffene betreuen.

Vor einigen Tagen wurde auf dem Markt die Bücherboxx in Brand gesteckt. Sie ist seitdem geschlossen. 2019 wurde sie auf dem Markt dauerhaft installiert. Drei Jahre "störte" sich niemand an ihr, sie wurde vielmehr rege genutzt. Und nun - wenige Wochen nach der Eröffnung der Strandbar - wird die Bücherboxx abgefackelt. Zusammenhänge zwischen beiden Ereignissen will niemand ziehen. Merkwürdig ist es dennoch.

Er sei nicht gegen alles, betont Heiko Winkler, sondern froh, wenn der Markt mehr belebt wird. Nur müsse das "sinnvoll und nachhaltig gemacht werden", findet der 65-Jährige. Die Strandbar erfülle dies in seinen Augen nicht. Am Olbersdorfer See gibt es einen Strand, wo eine Strandbar besser hinpasst. Nicht aber in eine historische Altstadt.

Initiiert hat die Strandbar der Verein "Zittau lebendige Stadt", sie soll im Sommer von wechselnden Gastronomen betrieben werden. Das Projekt erhielt 15.000 Euro aus dem Zittauer Bürgerfond. Mit diesem Geld hätte man lieber Spielplätze gestalten sollen, meint Winkler. Das sei nachhaltiger.

Eine Cocktailbar vor seine Tür gesetzt zu bekommen, kann er überhaupt nicht nachvollziehen. Zum einen gebe es mit dem "Vinyl", seinem "Filmriß" und der Bar im "Sonnenhotel" bereits einige Bars rund um den Markt. Zum anderen gehe es den Gastronomen nach zwei Jahren Corona nicht gut. "Wir mussten als erste zumachen und haben als Letzte wieder geöffnet. Und dann kriegt man nach vier Monaten eine Cocktailbar davor gesetzt", sagt Winkler. Er stelle sich auch nicht mit einem Bratwurst-Stand vor das Restaurant des anderen Gastronomen und spiele dann noch Musik.

In die Hausecken pinkeln

Die Strandbar-Betreiber stellten auch keine Extra-Toiletten auf. Diese Auflage gab es laut Citymanager nicht. Es sind öffentliche Toiletten im Rathaus vorhanden, die bis 18 Uhr genutzt werden können. Die Strandbar ist aber dreimal in der Woche bis 22 Uhr geöffnet. Wo sollen die Gäste ihr Geschäft nach 18 Uhr verrichten? Im "Filmriß" nicht, betont Winkler. Seine Toiletten seien nur für die eigenen Gäste da. Die Gäste der Strandbar machen ihr Geschäft stattdessen in den Hausecken. Das musste ein Gewerbetreibender am Markt wiederholt leidlich erfahren.

Den "Filmriß"-Chef ärgert, dass man vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Eichner erklärte nach der Eröffnung, dass er allen Gastronomen im Vorfeld persönlich oder per E-Mail das Projekt vorgestellt habe. Mit ihm sei nicht gesprochen worden, so Winkler. Dabei sei es doch selbstverständlich, dass man mit den Gastronomen vor Ort spricht und so gut wie möglich eine Lösung für alle hinbekommt, meint er.