SZ + Update Zittau
Merken

Baby-Igel: So schön, so süß, so bedroht

Wenn Igel unter Mähroboter geraten, kommt Hilfe oft zu spät. Dann verschlägt der Zustand der Tiere selbst erfahrenen Tierpark-Mitarbeitern die Sprache.

Von Benjamin Pohl
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Etwa zwölf Tage jung ist dieser kleine Igel. In der Wildtierauffangstation des Zittauer Tierparks wird er von Cornelia Jungmichel verwöhnt.
Etwa zwölf Tage jung ist dieser kleine Igel. In der Wildtierauffangstation des Zittauer Tierparks wird er von Cornelia Jungmichel verwöhnt. © Matthias Weber/photoweber.de

Cornelia Jungmichel hält das zwölf Tage alte Igelbaby in der Hand. Spaziergänger haben das kleine Kerlchen ohne Mutter gefunden und in den Zittauer Tierpark gebracht. Cornelia Jungmichel wird es aufpäppeln. "Es wird überleben", sagt die Tierpflegerin. Für die beiden Artgenossen allerdings, die vor Kurzem mit schweren Schnittwunden in der Tierauffangstation abgegeben wurden, kamen jegliche Bemühungen zu spät. Und der Mensch ist daran nicht ganz unschuldig.

Die beiden Igel waren unter einen Rasenmähroboter geraten. Sie waren derart schlimm zugerichtet, dass es Tierparkdirektor Andreas Stegemann die Sprache verschlagen hatte. "Bei dem einen fehlte das halbe Gesicht. Dem anderen hatte der Mähroboter die Beine abgeschnitten", erzählte Stegemann mit betrübtem Gesicht. "Den Tieren war nicht mehr zu helfen."

So weit muss es aber nicht kommen, finden die Mitarbeiter des Tierparks. "Man sollte sich vorher überlegen, ob die Anschaffung eines solchen Geräts wirklich notwendig ist", sagt Andreas Stegemann. "Bei einem normalen Rasenmäher, kann der Nutzer rechtzeitig reagieren. Ein Roboter reagiert nicht."

Aber auch diejenigen, die auf den selbst fahrenden Gartenhelfer nicht verzichten wollen, können etwas tun, um Tiere vor den Klingen zu schützen: "Vor dem Mähen einfach mal nachschauen, ob sich nicht irgendwo ein Igel oder andere kleine Tiere eingenistet haben, würde schon viel helfen", rät Stegemann. Meistens sind sie unter Büschen, Sträuchern oder Hecken zu finden. Vor allem sollte man aber tagsüber mähen. Nachts sind Igel aktiv und werden vom Mähroboter generell nicht bemerkt.

Man kann Mähroboter aber auch mit sogenannten "Apfelschürzen" ausstatten. Die verhindern, dass Igel unter den Mähroboter rutschen können. Stegemann verweist auch auf eine Studie aus Dänemark. Die Wissenschaftlerin Sophie Lund Rasmussen hatte bei Experimenten festgestellt, dass Geräte mit beweglichen Klingen eine allgemein höhere Sicherheit bieten. Es sind aber nur wenige Modelle, die Igel keinen ernsthaften Schaden zufügen.

Nicht nur Igel finden Zuflucht in der Station

In der Auffangstation des Tierparks kümmert sich das Team aber auch um andere Tiere. Die meisten davon sind Jungvögel. Zurzeit haben auch fünf Waldkäuze auf der Station Zuflucht gefunden. Manche Tiere gehören aber eigentlich nicht in den Tierpark: "Oft bringt jemand einen Jungvogel, der vermeintlich aus dem Nest gefallen ist", erklärt Direktor Stegemann. "Die Jungen werden aber oft noch gefüttert, auch wenn sie nicht mehr bei ihrer Mutter im Nest sind." Auch Rehkitze oder Feldhasen sollten lieber sitzen gelassen werden. Fälschlicherweise würden die Leute dann davon ausgehen, dass die Tiere in Gefahr sind, erklärt er. Dem sei aber oft nicht so.

Wenn die Tiere sich in der Auffangstation gut entwickelt haben, werden sie wieder ausgewildert. "Sehr jungen Tieren müssen wir aber erst beibringen, ohne uns klarzukommen", erklärt der 62-Jährige. Aktuell haben Stegemann und sein Team auch einen jungen Fuchs in ihrer Obhut. "Den hat damals jemand als kleinen Welpen in seinem Garten gefunden", erzählt er. Auch Marder oder Eichhörnchen bekommen in der Auffangstation Hilfe.

Acht von zehn Tieren kommen durch

"Seit ungefähr 20 Jahren sind wir von der Naturschutzbehörde hier als offizielle Wildtierauffangstation anerkannt", sagt Stegemann stolz. "Die Leute wissen, wo sie hingehen können, wenn sie hilfsbedürftige Tiere finden."

Vorsichtig legt Cornelia Jungmichel den kleinen Igel wieder an sein warmes Plätzchen. Die Augen des jungen Tieres sind noch geschlossen. "Der Igel öffnet frühestens mit zwei Wochen seine Augen", erklärt sie. "Seine Stacheln sind auch noch gar nicht richtig scharf", sagt die erfahrene Tierpflegerin und streichelt dem Igel über den Rücken.

Nicht nur Mähroboter sind übrigens gefährlich für kleine Tiere. Kürzlich hatte die Station drei Stockenten-Küken aufgenommen, die alleine ohne Mutter in einem Pool gefangen waren. "Es müsste irgendeine Möglichkeit geschaffen werden, dass kleinere Tiere da irgendwie wieder rauskommen können. Ein kleines Brett würde schon genügen", sagt der Tierparkdirektor. Acht von zehn Tieren in der Auffangstation übrigens schaffen es, durchzukommen.