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Kann ein "Querdenker" die Gebirgsorte repräsentieren?

Diese Frage werden die Gemeinden des Naturparks während ihrer nächste Sitzung erörtern. Der Zittauer OB hat dazu eine klare Meinung.

Von Thomas Mielke
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Im schönen Zittauer Gebirge gibt es Streit wegen Corona.
Im schönen Zittauer Gebirge gibt es Streit wegen Corona. © www.wolfgang-wittchen.de

Die Diskussion um die privaten Corona-Aktionen von Peter Pachl, Geschäftsführer des Naturparks Zittauer Gebirge und Großschönauer Hauptamtsleiter, zieht immer weitere Kreise. Nun werden sich die neun Gemeinden des Naturparkvereins und der Landkreis während ihrer nächsten Sitzung mit der Frage beschäftigen, ob er noch Naturpark-Beauftragter sein sollte. "Ob jemand mit derartigem öffentlich geäußerten Gedankenspektrum eine Funktion bekleiden sollte, die einen Verein nach außen vertritt, der zur Thematik weder inhaltlich, fachlich noch formal etwas beitragen kann und sollte, darf hinterfragt werden, schließlich ist mit der Außenvertretung der positive oder negative Einfluss auf die Außenwahrnehmung für alle Mitglieder beziehungsweise Beteiligten verbunden", teilte Thomas Zenker, Zittauer Oberbürgermeister und stellvertretender Vereinsvorsitzender, auf SZ-Anfrage mit. Er betonte, dass es sich dabei um seine persönliche Sicht handelt, "die sich gegebenenfalls nach einer entsprechenden Aussprache mit unseren Vereinsmitgliedern noch ändern kann."

Zenker unterstrich zudem, dass jeder in diesem Land das Recht auf freie Meinungsäußerung hat. Wer aber öffentlich Behauptungen wie beispielsweise, dass es in Deutschland keine Demokratie mehr gibt oder die angebliche Pandemie zum Aufbau einer neuen Weltordnung genutzt wird, aufstellt und in den sozialen Medien verbreitet, "der muss sich auch gefallen lassen, dass sich andere Menschen damit kritisch auseinandersetzen oder beginnen, am Verstand des Urhebers wie des Verbreiters zu zweifeln", so Zenker.

Die Diskussionen in den sozialen Netzwerken gleichen laut Zenker "in Qualität und Ton häufig einem Stammtisch zu vorgerückter Stunde, haben aber eine weitaus höhere Reichweite. Nicht selten werden mehrere Tausend Menschen erreicht." Das muss Pachl nach Ansicht des Zittauer OB gewusst haben. "Es ist ohne weiteres möglich, seine Gedanken, persönlichen Fotos oder Weiterleitungen nur einem persönlich bestimmten kleineren Kreis zur Verfügung zu stellen", so Zenker. "Wer das nicht tut, dem ist nach den Gepflogenheiten in diesen Netzwerken zu unterstellen, dass er möglichst viele Menschen erreichen will."

Pachl sympathisiert unter anderem mit der in Baden-Württemberg wegen extremistischer Bestrebungen vom Verfassungsschutz beobachteten Querdenker-Bewegung, hat an Veranstaltungen der Bewegung teilgenommen, als Zeichen des Protests verbrannte er Schutzmasken auf seinem Privat-Grundstück an einem Fahnenmast aufgehängt und sieht in Deutschland unter anderem wegen der staatlichen Schutzmaßnahmen einen "zunehmenden Totalitarismus". Seine Ansichten und seine Aktionen hat er über Facebook veröffentlicht und einem großen Kreis Menschen zugänglich gemacht.

Auch aus den Naturpark-Gemeinden Olbersdorf und Jonsdorf war bereits Kritik laut geworden. Der Großschönauer Gemeinderat fand während seiner jüngsten Sitzung keine deutlichen Worte zu dem Fall. Frank Peuker, Großschönauer Bürgermeister und Vereinschef, hatte sich hinter seinen Mitarbeiter gestellt. Die Rechtsaufsicht urteilte, dass Pachls private Ansichten und Aktionen keinen Anlass für disziplinarische Maßnahmen bei seiner Arbeit als Großschönauer Hauptamtsleiter sind.

Die Stadt Hagen in Nordrhein-Westfalen hatte vor wenigen Tagen zwei Mitarbeiter ihres Ordnungsamtes vorläufig suspendiert, weil sie an einer Querdenken-Demonstration teilgenommen hatten. Nach einer Aufarbeitung des Geschehens soll über die berufliche Zukunft der Mitarbeiter entschieden werden.

Dem 2013 gegründeten Naturparkverein gehören Bertsdorf-Hörnitz, Großschönau, Hainewalde, Jonsdorf, Leutersdorf, Mittelherwigsdorf, Olbersdorf, Oybin, Seifhennersdorf, Zittau und der Landkreis an. Die Geschäfte des Vereins besorgt laut Vertrag die Gemeinde Großschönau. Die Person des Naturparkbeauftragten beziehungsweise des Geschäftsführers schlägt Großschönau vor. Er wird per Beschluss durch die Mitglieder bestätigt. "Insofern ist in der Diskussion zwischen der Gemeinde Großschönau als Arbeitgeber und dem NP e. V. mit seinen Mitgliedskommunen als Auftraggeber zu unterscheiden", so Zenker.

Update, 9. Februar 2021, 10.30 Uhr: Zum Satz "Die Rechtsaufsicht urteilte, dass Pachls private Ansichten und Aktionen keinen Anlass für disziplinarische Maßnahmen bei seiner Arbeit als Großschönauer Hauptamtsleiter sind", teilt das Landratsamt mit: "Die Rechtsaufsicht des Landkreises hat keine Entscheidung zu dem Verhalten von Herrn Pachl getroffen. Dies läge auch nicht in ihrer Zuständigkeit. Das Verhalten von Beschäftigten der Gemeinde ist im Rahmen ihrer Personalhoheit von der Gemeinde eigenständig zu beurteilen. Tatsächlich wurde im Rahmen einer Presseanfrage nur allgemein die Rechtslage zum außerdienstlichen Verhalten von Beschäftigten einer Gemeinde erörtert. Hierbei ist zwischen Beamten und Angestellten zu unterscheiden. Nur in Extremfällen, insbesondere bei der Begehung von Straftaten, kann das Verhalten im Privatbereich bei Angestellten arbeitsrechtliche Folgen haben. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an."

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