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Überraschung in Leutersdorf: Dienstältester Bürgermeister hört vorzeitig auf

Eigentlich hätte Bruno Scholze noch bis 2029 weitermachen können. Der fast 80-Jährige zieht aber schon jetzt die Reißleine. Das hat Gründe. Sein Alter ist es aber nicht.

Von Frank-Uwe Michel
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Leutersdorfs Bürgermeister Bruno Scholze macht Ende Mai Schluss.
Leutersdorfs Bürgermeister Bruno Scholze macht Ende Mai Schluss. © Archiv/Matthias Weber

Seit Dienstag hat es Bruno Scholze (CDU) schwarz auf weiß: Leutersdorfs Bürgermeister darf sein Amt vorzeitig beenden. Landrat Stephan Meyer (CDU) persönlich überreichte dem dienstältesten Rathauschef im Landkreis Görlitz die sogenannte Entbindungsurkunde. Am kommenden Montag, bei der nächsten Sitzung des Gemeinderates will Scholze seine langjährigen Weggefährten über die Gründe für seinen Rückzug informieren. Gleichzeitig sollen die Räte die Wahl seines Nachfolgers auf den Weg bringen und über die Bestellung eines Stellvertreters befinden - für die Zeit zwischen seinem Ausscheiden und dem Amtsantritt des neuen Leutersdorfer Bürgermeisters.

Fest steht: Bruno Scholzes letzter Arbeitstag als ehrenamtlicher Chef der aus den sechs Ortsteilen Leutersdorf, Spitzkunnersdorf, Hetzwalde, Neuwalde, Folge und Sorge bestehenden Gemeinde wird der 31. Mai sein. Am 5. März hatte er beim Landkreis den dazu notwendigen Antrag gestellt. "Eigentlich hätte es mich als Bürgermeister ja schon gar nicht mehr gegeben", erzählt er. Bereits bei der letzten Wahl 2022 habe er gar nicht mehr antreten wollen. Doch als sich bis zum Ende der Anmeldefrist kein Kandidat fand, habe er entschieden: "Ich mach's nochmal. Es waren ja noch einige Projekte, die weitergeführt oder beendet werden mussten." Da war Scholze 78 Jahre alt.

Eine der vielen Grundsteinlegungen in seiner 34-jährigen Amtszeit als Bürgermeister: 2020 beginn der Bau des neuen Kindergartens in Leutersdorf.
Eine der vielen Grundsteinlegungen in seiner 34-jährigen Amtszeit als Bürgermeister: 2020 beginn der Bau des neuen Kindergartens in Leutersdorf. © Archiv/Matthias Weber

Mittlerweile sind zwei weitere Jahre vergangen, im Juli wird er die 80 erreichen. "Das Alter ist es aber nicht, das mich jetzt zum Rückzug bewegt." Er fühle sich gesundheitlich topfit und sei natürlich auch weiterhin interessiert an allem, was sich in der Gemeinde tut. Allerdings hätten sich in jüngster Zeit Interessenten gemeldet, die die Geschicke von Leutersdorf und seinen Ortsteilen gern lenken würden. "Mehrere", sagt Scholze und hofft, dass die Bewerber bis zur Wahl bei der Stange bleiben. Geleitet wird die Gemeinde dann übrigens im Hauptamt, nicht mehr ehrenamtlich, wie es der scheidende Rathauschef seit 2008 16 Jahre lang getan hat.

Der zweite, genauso wichtige Grund für den vorfristigen Rückzug: "Die Großprojekte, die noch anstanden, sind weitgehend durch oder befinden sich in Bahnen, wo nichts mehr schief laufen kann." Scholze meint damit vor allem drei Vorhaben, die mit millionenschwerer Finanzierung aktuell umgesetzt werden oder angeschoben sind. Das Gemeindeamt, das in der früher als Kita genutzten Fabrikanten-Villa entsteht, soll am 2. September offiziell übergeben werden. Ein paar Tage später, Mitte September, ist auch die Fertigstellung des neuen Vereinshauses geplant. Bleibt noch ein Regenrückhaltebecken. "Das zieht sich noch", ist ihm bewusst. Aber: Alle Vergaben seien durch und das Bauamt in der Leutersdorfer Verwaltung stark. "Das schaffen sie dann auch ohne mich."

Bruno Scholze und seine vielen Spaten. Seit 1990 wurden in Leutersdorf rund 35 Millionen Euro investiert. Erste Spatenstiche für besondere Bauprojekte gab es viele.
Bruno Scholze und seine vielen Spaten. Seit 1990 wurden in Leutersdorf rund 35 Millionen Euro investiert. Erste Spatenstiche für besondere Bauprojekte gab es viele. © Archiv/Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Wenn seine Zeit als Bürgermeister am 31. Mai zu Ende geht, wird Bruno Scholze 34 Jahre lang an der Spitze der Gemeinde gestanden haben. Noch heute kann er sich gut an die Anfänge erinnern, die Daten von damals sind für ihn kein Problem. "Am 6. Mai 1990 hatten wir Kommunalwahl. Aus der ging eine Gemeindevertretung hervor, die aus ihren Reihen den Bürgermeister wählen musste. Eine Direktwahl wie heute gab es nicht." Am 1. Juni 1990 trat er sein Amt an. Seitdem wurden in Leutersdorf und den Ortsteilen rund 35 Millionen Euro investiert. Angesichts dieser Entwicklung blickt Scholze nicht ohne Stolz auf das Erreichte zurück. "Nach der Wende wurde immer wieder von blühenden Landschaften gesprochen. Ich denke, in unserer Gemeinde haben wir recht viel davon umgesetzt."

Die Wahl des neuen Leutersdorfer Bürgermeisters ist für den 1. September angedacht - parallel zur Landtagswahl in Sachsen. Der Gemeinderat soll das am nächsten Montag beschließen. Scholze selbst stellt sich in diesem Jahr ebenfalls noch einmal zur Wahl - am 9. Juni wird sein Name auf dem Stimmzettel stehen, wenn es um den neuen Gemeinderat geht. "Plötzlich komplett aufhören - das kann ich nicht. Wenn die Menschen hier wollen, würde ich meine Erfahrungen gern weiter zur Verfügung stellen." Die Arbeit für Leutersdorf sei in all den Jahren nicht nur ein Job, sondern Berufung und sogar liebgewonnenes Hobby gewesen. "Ich hatte ja kaum Zeit, andere Interessen aufzubauen. Deshalb würde mir die Arbeit als Gemeinderat unheimlich Spaß machen." Gleichzeitig hätte Scholze dann die Chance, die Zukunft seiner geliebten Gemeinde weiter - dann an anderer Stelle - mitzugestalten.