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Lange stand die Wittgendorfer Schule leer - nun wird sie von den Einwohnern belebt

Die alte Schule wird zum Dorfgemeinschaftshaus. Jung und Alt verbringen hier viel Zeit miteinander. Und es gibt Angebote, an denen auch die Umlandgemeinden regen Anteil nehmen.

Von Frank-Uwe Michel
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Jan Kaboth (rechts) und Steffen Gärtner haben die Büchertauschbörse eingerichtet. Im Wittgendorfer Dorfgemeinschaftshaus gibt es aber noch viel mehr.
Jan Kaboth (rechts) und Steffen Gärtner haben die Büchertauschbörse eingerichtet. Im Wittgendorfer Dorfgemeinschaftshaus gibt es aber noch viel mehr. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Kinder lernen hier schon lange nicht mehr, Ende der 1990er-Jahre war diese Ära in der alten Wittgendorfer Schule beendet. Nach einem kurzen Intermezzo als Kita stand das Gebäude viele Jahre leer. Später sollte es verkauft werden. Die Idee, hier ein Pflegeheim einzurichten, zerschlug sich ebenso wie alle anderen Anläufe, es zu verwenden. Immer noch gehört es der Stadt Zittau. Die Situation aber hat sich gewandelt, denn: Allmählich kehrt das Leben zurück.

Wie an diesem Nachmittag. Im Obergeschoss fragen zwei Frauen nach, ob sie Gardinen nähen können. Ein paar Meter weiter werden Kisten mit Büchern an ihren Platz geschoben. Im Parterre bringen Jugendliche Farbe an die Wand und kümmern sich um das Licht an einer selbst gebauten Bar. "Die ganzen Leute haben wir nicht extra herbestellt", sagt Jan Kaboth lachend. "Das ist fast jeden Tag so. Die Wittgendorfer rücken zusammen. Sie haben die alte Schule als ihr Dorfgemeinschaftshaus entdeckt und wollen nun auch etwas damit anfangen", erzählt der Mann, der hier den Hut aufhat.

Begonnen habe das Interesse vor zwei Jahren, erinnert sich Karsten Eckart. Damals feierte der Ort sein 700-jähriges Bestehen. "Das brachte die Menschen zusammen, wir haben uns ganz neu kennengelernt." Danach habe man die alte Schule ins Visier genommen, um einen Treffpunkt zu schaffen. Anfang 2024 ging es richtig los: entrümpeln, den Räumen eine Verwendung zuordnen, Fußböden und Wände in Ordnung bringen und - ganz wichtig - den Menschen eine passende Nutzung anbieten.

Zudem ist in den ersten beiden Monaten des Jahres ein Programm entstanden, das sich sehen lassen kann. Büchertauschbörse immer montags und freitags, Theaterwerkstatt jeden ersten und dritten Mittwoch. Dazu Tanztee am Sonntag, Tanzkurs jeden ersten Freitag und Tanztheater in den beiden Folgewochen. Am vierten Freitag findet ein Spieleabend statt. Hinzu kommen Kurse für den richtigen Handy-Gebrauch sowie in den Nachbarsprachen Polnisch und Tschechisch. Dies alles wird vom Fest- und Heimatverein organisiert. Die Resonanz sei groß, freut sich Jan Kaboth. Nicht nur aus Wittgendorf. Interessenten kämen auch aus den Gemeinden rundherum.

Die alte Schule in Wittgendorf ist inzwischen Dorfgemeinschaftshaus.
Die alte Schule in Wittgendorf ist inzwischen Dorfgemeinschaftshaus. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Stolz ist er auch über die Gesprächsabende, an denen die unterschiedlichsten Themen besprochen werden. Erst vor ein paar Tagen ging es um die Frage: "Hat die deutsche Landwirtschaft noch Zukunft?" In der Vergangenheit hatte Zittaus Museumsdirektor Peter Knüvener schon zu den "Ratskirchen in Zittau" referiert. Auch bei einem Indien-Vortrag waren die Plätze im Saal fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Ende März geht es um "Farbglas aus der Oberlausitz für die ganze Welt" und Ende April hat man Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) eingeladen. Er spricht über den Finanzkreislauf in Richtung Europa und wieder in die Regionen zurück.

"In unserer heute sehr hitzigen Zeit ist es doch wichtig, dass die Menschen miteinander reden", findet Kaboth. "Im Dorfgemeinschaftshaus hören wir uns gegenseitig zu. Das ist eine Art neutraler Boden. Die Leute setzen sich zueinander, verkriechen sich nicht in ihrer Stube." Dies könne der Beginn weiterer Projekte sein, findet der Organisator vom Fest- und Heimatverein. Die Bereitschaft in der Gemeinde sei groß. Auch unter der Jugend.

Die hat sich im Erdgeschoss des früheren Schulgebäudes eingerichtet. 30 Mitstreiter gibt es inzwischen, sie kommen bis aus Oderwitz. Zu den Veranstaltungen am Wochenende treffen sich meist über 100 Gäste. "Unser Club ist richtig angesagt", freut sich Marc Seibt, der Vize-Chef. Vor allem gefällt ihm, dass sich junge und ältere Leute im Dorfgemeinschaftshaus so gut ergänzen. "Es ist wie der Name schon sagt: eine Gemeinschaft. Die wächst hier immer mehr zusammen."