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Wetterkapriolen erschweren den Bau der neuen B178

Hitze und Regen beeinflussen Betonarbeiten und Erdaushub. Insgesamt aber liegt das Projekt gut im Plan. Wegen einer bestimmten Technologie muss aber immer wieder gewartet werden. Das SZ-Bautagebuch, Teil 13.

Von Frank-Uwe Michel
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Die erste Brücke auf der B178-Neubaustrecke hinter Zittau ist am weitesten gediehen. Im November soll der Verkehr von der S132 aus und in Richtung Zittau darüber rollen.
Die erste Brücke auf der B178-Neubaustrecke hinter Zittau ist am weitesten gediehen. Im November soll der Verkehr von der S132 aus und in Richtung Zittau darüber rollen. © Matthias Weber

Die Hitze der vergangenen Wochen hat nicht nur den Menschen in der Oberlausitz zu schaffen gemacht. Ebenso wie die immer wieder kehrenden Regenfälle der letzten Tage zwar gut für die Natur, sonst aber zuweilen unangenehm waren. Zu heiße und zu feuchte Wetterausschläge behindern auch den Fortgang der Bauarbeiten an der neuen B178. Das bestätigt Bernd Just vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv).

Erdbewegungen sind aufgrund der Feuchtigkeit im Boden derzeit kaum möglich. Allerdings müssen in den nächsten Wochen noch viele tausende Kubikmeter ausgehoben werden.
Erdbewegungen sind aufgrund der Feuchtigkeit im Boden derzeit kaum möglich. Allerdings müssen in den nächsten Wochen noch viele tausende Kubikmeter ausgehoben werden. © Matthias Weber

Vor allem in dem von der Strabag betreuten Abschnitt vom jetzigen Ausbauende bis Oberseifersdorf hat sich das Wasser zu kleinen Seen gesammelt, die mal mehr, mal weniger stark aus den Himmelsschleusen mit Wassernachschub versorgt werden. "Da laufen die Erdarbeiten momentan natürlich nur auf Sparflamme", erklärt der für sämtliche Brückenbauwerke an der Neubaustrecke zuständige Projektleiter. Gerade hier aber müssen noch erhebliche Mengen Erdreich bewegt werden, um auf die erforderliche Tiefe der neuen B178 zu kommen.

Insgesamt werden auf dem gesamten im Bau befindlichen Stück 300.000 Kubikmeter Erdreich abgetragen. 270.000 davon werden an anderer Stelle wieder gebraucht - zum Beispiel beim Auffüllen der Dämme auf beiden Seiten der sechs Brücken. Darüber hinaus fallen 120.000 Kubikmeter Mutterboden an, wovon nur 30.000 weiter verwendet werden. Der Rest wird den Landwirten zur Verfügung gestellt.

Hier lässt sich die für die neue B178 charakteristische Brückenform bereits gut erkennen. Die runde Gestaltung mit den drei imitierten Balken wurde den Umgebindehäusern der Oberlausitz nachempfunden.
Hier lässt sich die für die neue B178 charakteristische Brückenform bereits gut erkennen. Die runde Gestaltung mit den drei imitierten Balken wurde den Umgebindehäusern der Oberlausitz nachempfunden. © Matthias Weber

Die Hitze dieses Sommers war an manchen Tagen für Einpressmörtel und Beton zu viel. "Die Baufirmen mussten das Wetter genau beobachten und manchmal ein paar Tage warten. Denn die Gefahr besteht, dass sich bei zu hohen Temperaturen Risse bilden", erklärt Just. Zuweilen seien die Betonarbeiten auch in die Nachtstunden verlegt worden. Insgesamt müsse ein Temperaturfenster von -10 bis +35 Grad Celsius eingehalten werden, in dem man sich ohne Hilfsmittel oder Zuschlagsstoffe bewegen könne. "Sonst würde die Bemessung der Bauteile nicht mehr funktionieren", schätzt der Experte ein.

Trotz aller mit den Wetterkapriolen verbundenen Schwierigkeiten liegt der Fortgang der Arbeiten an der neuen B178 bei Zittau voll im Plan. So ist das Regenrückhaltebecken nahe der provisorischen Ampelanlage bis auf die Wiederherstellung eines Radweges und noch zu verlegendem Pflaster fertig. Im Winter war die Anlage schon voll gelaufen und konnte später für Bewässerungszwecke genutzt werden. "Wir werden das Becken noch einmal leer pumpen und säubern, damit es anschließend seinen ihm zugedachten Zweck erfüllen kann", so Bernd Just. Denn hauptsächlich soll die darin installierte Tauchwand Schadstoffe und Öle zurückhalten, die von der Straße ins Becken gespült werden.

Für den Neubau der Brücke Ü4, über die die Straße zwischen Oberseifersdorf und Mittelherwigsdorf führen soll, werden 650 Kubikmeter Stahlbeton verwendet, außerdem 175 Tonnen Betonstahl.
Für den Neubau der Brücke Ü4, über die die Straße zwischen Oberseifersdorf und Mittelherwigsdorf führen soll, werden 650 Kubikmeter Stahlbeton verwendet, außerdem 175 Tonnen Betonstahl. © Matthias Weber

Die erste Brücke hinter Zittau - das sogenannte Bauwerk Ü6 - bekommt derzeit Begrenzungen betoniert. Danach beginnt die Abdichtung des Brückenüberbaus. Im September ist der Bau der Stahlbetonkappen (Ränder) vorgesehen, außerdem wird Bitumen aufgebracht. Ab Oktober wird die Brücke mit Treppen, Schutzplanken, Geländer und einer Naturverblendung aus Granit komplettiert. Im November soll der Verkehr von der S132 aus und in Richtung Zittau darüber rollen. Mit der veränderten Verkehrsführung wird Baufreiheit geschaffen auf den Flächen, auf denen jetzt noch die Autos rollen.

Ähnlich weit gediehen ist "Ü5", die nächste Brücke. Auch dort wird aktuell abgedichtet, werden Kappen und Begrenzungen hergestellt. In etwa einem Jahr sollen alle jetzt vom französischen Auftragnehmer Eiffage gebauten Einzelprojekte fertig sein. Das umfasst sowohl die Brücken Ü5 und Ü6, als auch den Verkehrsknoten kurz vor Zittau sowie die Straße bis Brücke Ü5, das Regenrückhaltebecken und einen Durchlass.

Zum Bild der Bauarbeiten an der neuen B178 gehören auch jede Menge Findlinge. Die aus dem Boden geborgenen Riesensteine werden teilweise verarbeitet oder auch als Geröllhaufen Tieren als Unterschlupf zur Verfügung gestellt.
Zum Bild der Bauarbeiten an der neuen B178 gehören auch jede Menge Findlinge. Die aus dem Boden geborgenen Riesensteine werden teilweise verarbeitet oder auch als Geröllhaufen Tieren als Unterschlupf zur Verfügung gestellt. © Matthias Weber

Die Strabag ist auf dem sich anschließenden Abschnitt bis zum jetzigen Ausbauende noch nicht soweit. Ihre vier Brücken befinden sich in einem frühen Stadium. Am weitesten gediehen ist "Ü4", über die künftig die Ortsverbindung von Oberseifersdorf nach Mittelherwigsdorf führen soll. Noch in dieser Woche kommen in den Überbau die eisernen Spannglieder, ab 14. August werden dann 650 Kubikmeter Stahlbeton verbaut. Dafür sind etwa 81 Lkw-Fahrten notwendig, um die Fracht aus den Mischanlagen hierher zu bringen. Noch in diesem Jahr wird die Brücke laut Bernd Just baulich fertiggestellt. Im Frühjahr 2024 sind Komplettierungsarbeiten geplant, ehe im April und Mai mit der Umverlegung der Kreisstraße K8617 auf die neue Trasse begonnen wird.

Von diesem Baufortschritt ist die auch als "Fledermausbrücke" bekannte "Ü3" noch weit entfernt. Gerade wird ein Kran aufgebaut, in den nächsten Tagen legen die Brückenbauer los. Dass hier nicht schon mehr passiert ist, liegt am Untergrund. "Wir mussten ihn mit 234 Betonsäulen - 40 Zentimeter stark und elf Meter lang - stabilisieren", erklärt der Fachmann vom Landesamt. Bei Brücke Nr. 1, gleich hinter dem Ausbauende, wird der Kran dagegen schon wieder demontiert. Dort sind die Widerlager bereits fertig betoniert. Nun gilt es, die Dämme aufzufüllen. Dann heißt es: warten. Denn drei bis sechs Monate wird es dauern, bis sich der Baugrund soweit stabilisiert hat, dass es mit den Arbeiten weitergehen kann. Der Überbau, so Bernd Just, werde deshalb wahrscheinlich erst ab März 2024 entstehen.

Die ersten Teile der Brücke Nr. 1 nach dem Ende der aktuellen Ausbaustrecke sind fertig. Nun müssen hier die Dämme angeschüttet werden, die sich dann bis zu einem halben Jahr lang senken müssen.
Die ersten Teile der Brücke Nr. 1 nach dem Ende der aktuellen Ausbaustrecke sind fertig. Nun müssen hier die Dämme angeschüttet werden, die sich dann bis zu einem halben Jahr lang senken müssen. © Matthias Weber

Der Gigant unter den sechs Brückenbauwerken ist jedoch "Ü2" - eine Grünbrücke mit Wirtschaftsweg. Allein für die Tierpassage ist eine Breite von 50 Metern vorgesehen. Wegen dieser schieren Größe wird in drei Segmenten gebaut. Erst wenn alle Fundamente fertig, die Baugruben verfüllt und die Dämme angeschüttet sind, zählt die Zeit auch hier - dann muss sich der Untergrund setzen. Das Ziel: Im September oder Oktober 2024 soll der gewaltige Überbau fertig sein. Die Dimensionen übertreffen die ihrer "Schwestern" teils um ein Mehrfaches: Allein 4.200 Kubikmeter Stahlbeton werden benötigt, dazu 2.300 Kubikmeter Spannbeton. Außerdem 850 Tonnen Beton- und 60 Tonnen Spannstahl. Zum Vergleich: Bei der vom Materialeinsatz her am niedrigsten dimensionierten Brücke "Ü5" für den darüber führenden Wirtschaftsweg werden nur 570 Kubikmeter Stahlbeton, 220 Kubikmeter Spannbeton, dazu 120 Tonnen Betonstahl und 10 Tonnen Spannstahl verbraucht.