SZ + Zittau
Merken

Was das Kloster zum geplanten Verkauf der Kunstschätze sagt

Der Marienthaler Psalter und andere Handschriften der Abtei St. Marienthal sollen veräußert werden. Daran gibt es scharfe Kritik - und nun eine Reaktion der Schwestern.

Von Jan Lange
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das Kloster St. Marienthal ist mit dem geplanten Verkauf von Kunstschätzen in die Schlagzeilen geraten.
Das Kloster St. Marienthal ist mit dem geplanten Verkauf von Kunstschätzen in die Schlagzeilen geraten. © Matthias Weber/photoweber.de

Die Empörung in der Öffentlichkeit und der Kunstwelt war groß, als vor einigen Tagen der geplante Verkauf des Marienthaler Psalter bekannt wurde. Nun hat das Kloster St. Marienthal, in dessen Eigentum sich der wertvolle Kunstschatz seit Jahrhunderten befindet, Stellung zu dem Vorhaben bezogen.

"Bei der konkreten Umsetzung unseres Vorhabens, die Bücher zu verkaufen, kam es zu Schwierigkeiten, die wir nicht vorausgesehen haben. Uns lag vor allem daran, den Wert der Bücher für einen potenziellen Verkauf zu ermitteln. Wir gewannen den Eindruck, dass nicht immer im abgesprochenen Sinn gehandelt worden ist", erklärt Äbtissin Elisabeth Vaterodt in einer Pressemitteilung. Und die Klostervorsteherin teilt weiter mit: "Es ist eine Dynamik entstanden, die wir nicht gewollt und deren Größe wir unterschätzt haben."

Die Schwestern zeigen sich reumütig: "Wir haben Fehler gemacht, für die wir die Verantwortung übernehmen. Entsprechende Korrekturen haben wir eingeleitet. Im direkten Gespräch werden wir auf die Betroffenen zugehen, um mit ihnen gemeinsam eine Lösung zu suchen."

Die im 13. Jahrhundert entstandene Handschrift kam nach heutigen Erkenntnissen in der Reformationszeit nach Marienthal und wurde seither als besonderer Schatz sorgsam gehütet. Die Handschrift mit ihren prachtvollen Illuminationen ragt aus dem etwa 4.000 Bände umfassenden Bibliotheksbestand der Marienthaler Abtei heraus.

Marius Winzeler, Direktor des Grünen Gewölbes Dresden und früher Leiter des Zittauer Museums zählt den Marienthaler Psalter zu den Grundlagen der monastischen Kultur und des europäischen Kulturerbes. Er habe in seinen Augen eine überragende nationale Bedeutung.

Der Schweizer Handschriftenhändler Jörn Günther hat den Psalter zusammen mit anderen uralten Dokumenten zum Verkauf angeboten - wohl für vier Millionen Euro.

Dass ein Verkauf der Kunstschätze in Erwägung gezogen wurde, begründen die Schwestern aus Marienthal mit ihrer nicht einfachen wirtschaftlichen Lage. So mussten sie nach der Flut 2010 einen hohen Eigenanteil bei der Sanierung der Klostergebäude beisteuern. Bei der Gesamtsumme von weit über 20 Millionen Euro sei der Eigenanteil beträchtlich gewesen, lässt die Äbtissin wissen.

Nur eineinhalb Jahre nach Abschluss der Restaurierung setzte die Corona-Pandemie den Klosterbetrieben stark zu. Die Klosterschenke musste wie alle anderen Gaststätten monatelang schließen.

"Wir sind für alle finanzielle Unterstützung, die wir empfangen haben und auch weiterhin empfangen, sehr dankbar. Leider reichten und reichen die Mittel aus den Förderungen, aus den Spenden und aus unseren eigenen Anstrengungen nicht aus", so die Äbtissin. Es wurde nach einer anderen Möglichkeit gesucht, die wirtschaftliche Situation zu stabilisieren. Letztlich sei dem Kloster nichts anderes übriggeblieben, als über den Verkauf wertvoller Bücher nachzudenken, sagt die Mutter Oberin.

Die zuständigen Stellen des Vatikans und des Ordens stimmten dem Verkauf einiger Bücher zu. Auch den Verkauf des Klosterwaldes 2010 hatten sie abgenickt. Der Orden musste danach "böse Anfeindungen" über sich ergehen lassen.

Bevor es diesmal zum Verkauf der Handschriften kam, gab es scharfe Kritik an dem Vorhaben und die Forderung, dass der Freistaat alles tun solle, die einzigartigen Schätze in Sachsen zu halten. Das Land verhandelt seit Längerem mit dem Kloster über die Kunstschätze. Nach Kenntnis des CDU-Landtagsabgeordneten Stephan Meyer gibt es nun erneute Gespräche.

"Wie wir als Zisterzienserinnen von St. Marienthal gerne weiter hier im Kloster leben möchten, so ist es auch unser Wunsch, dass nach Möglichkeit die Bücher, die wir seit Jahrhunderten hüten, weiter an diesem Ort verbleiben. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass das möglich ist", so die Äbtissin.