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Jetzt steigt in Sachsen auch die Langzeitarbeitslosigkeit

Wer schon lange keine Stelle hatte, wird durch Corona erneut ausgebremst. Sachsens Arbeitsagenturen weisen trotzdem auf Chancen hin.

Von Georg Moeritz
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Winterflaute und Corona zugleich: Die Arbeitslosigkeit in Sachsen steigt, doch die Unternehmen melden weiterhin auch neue freie Stellen.
Winterflaute und Corona zugleich: Die Arbeitslosigkeit in Sachsen steigt, doch die Unternehmen melden weiterhin auch neue freie Stellen. © Ralf Hirschberger/dpa

Dresden. Jahrelang ist die Langzeitarbeitslosigkeit in Sachsen zurückgegangen, doch nun steigt sie wieder: Um ein Drittel gewachsen ist seit vorigem Januar die Zahl der Sachsen, die länger als ein Jahr keine Stelle hatten. Vorher war Aufschwung, und außerdem kamen viele Langzeitarbeitslose ins Rentenalter. Doch nun sind fast 50.000 Sachsen langzeitarbeitslos gemeldet. So steht es im Monatsbericht, den die Arbeitsagenturen am Freitag in Chemnitz veröffentlichten.

Markus Schlimbach, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Sachsen, sprach am Freitag in Dresden von einem „dramatischen“ Anstieg und forderte, dass die Arbeitsagentur gegensteuert.

Doch für Februar ist keine Besserung auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten. Klaus-Peter Hansen, Chef der sächsischen Arbeitsagenturen, rechnet für die nächsten Wochen mit weiter steigender Erwerbslosigkeit. Doch das sei nur die „kurzfristige“ Aussicht. Für das Frühjahr zeigt er sich optimistisch: Wenn die medizinische Bekämpfung der Corona-Pandemie gelinge, werde die Arbeitslosigkeit wieder „kontinuierlich sinken“, wie im Frühjahr üblich.

Weiterbildung in Corona-Zeiten online angeboten

Wer schon länger ohne Arbeit ist, hat allerdings jetzt „ungünstigere Bedingungen, wieder in einem Job zu starten“, sagte Gerlinde Hillebrand, Chefin der Arbeitsagentur in Pirna. Seit Beginn der Pandemie nehme die Zahl der Langzeitarbeitslosen stetig zu. Hillebrand empfiehlt „Weiterbildung und Umschulung“.

Zwar werden derzeit auch die Schulungsprogramme durch den Lockdown gebremst, doch die Agenturchefin weist auf digitale Angebote hin: Viele Bildungsträger hätten sich auf die neuen Bedingungen eingestellt und unterrichteten beispielsweise für kaufmännische Berufe oder CAD-Anwendungen, also computergesteuerte Maschinen.

Zusätzliche Kurzarbeit in Handel und Gastronomie

In Sachsen sind jetzt 138.935 Menschen arbeitslos gemeldet. Allein im Januar stieg die Zahl um fast 11.000, davon 7.000 Männer. Hansen führt das vorwiegend auf die Winterpause in manchen Berufen zurück. Es sei sogar „der niedrigste Anstieg seit zehn Jahren“ in einem Januar.

Zu dieser Zeit steigt die Arbeitslosigkeit üblicherweise, weil viele befristete Stellen zum Jahreswechsel ausgelaufen sind und weil manche Bau- und Logistikfirmen weniger zu tun haben. Allein aus sächsischen Baubetrieben trafen im Januar 1.233 Arbeitslosmeldungen ein, 879 aus Verkaufsberufen.

Ohne das Kurzarbeitergeld aus der Arbeitslosenversicherung wäre die Erwerbslosigkeit deutlich höher, sagte Hansen. Im zweiten Lockdown seit November haben 17.300 sächsischen Unternehmen für gut 150.000 Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Allein im Januar meldeten sich beispielsweise rund 1.300 Einzelhändler und 400 Gastronomen. Viel größer war die Kurzarbeit allerdings bei den Schließungen im vorigen März und April, als der Staat für 545.000 Sachsen Lohn bezahlte.

DGB-Sachsen-Chef Schlimbach forderte, nun das Kurzarbeitergeld in Niedriglohnbranchen aufzustocken: Gastronomie, Handel, Friseurbetriebe. Dort sei die Lage „prekär“.

Sächsische Arbeitgeber melden Tausende freie Stellen

Für Berufsanfänger macht Corona die Lage ebenfalls komplizierter: Laut Hansen sind mehr als 11.000 Jugendliche unter 25 arbeitslos gemeldet, ein Fünftel mehr als vor einem Jahr. Schlimbach appellierte an die Unternehmen, Jugendliche frühzeitig zu betreuen und verstärkt auszubilden.

Freie Stellen gibt es weiterhin: Allein im Januar meldeten sächsische Betriebe rund 5.300 Angebote. Das waren allerdings so wenige neue Jobs wie seit 2009 nicht mehr. In den Computern der Arbeitsagenturen und Jobcenter stehen dennoch insgesamt mehr als 34.000 freie Arbeitsplätze.